Söder zur Kommunalwahl: "Wir sind in den Städten zurück"

3.4.2020, 05:55 Uhr
"Es ist wichtig, nach dem Sieg auf dem Boden zu bleiben. Denn Nürnberg ist keine Stadt, die eine geborene CSU-Mehrheit hat", sagt Ministerpräsident Markus Söder im NN-Interview.

© Eduard Weigert "Es ist wichtig, nach dem Sieg auf dem Boden zu bleiben. Denn Nürnberg ist keine Stadt, die eine geborene CSU-Mehrheit hat", sagt Ministerpräsident Markus Söder im NN-Interview.

Herr Söder, Ihr persönliches Ansehen schießt im Moment in allen Umfragen nach oben, das Ihrer Partei, wie die Kommunalwahl jetzt gezeigt hat, eher nicht. Bayernweit hat die CSU rund fünf Prozentpunkte ihrer Stimmen verloren. Muss Sie das als Parteichef gerade in dieser Zeit nicht alarmieren?

Markus Söder: Im Moment bewegen mich solche Fragen weniger als zu anderen Zeiten. Fakt ist aber, dass wir in etwa die gleiche Zahl an Landräten, Oberbürgermeistern und Bürgermeistern stellen wie 2014. Das ist sehr beachtlich, denn wir sind von einem viel niedrigeren Niveau gekommen als bei der letzten Wahl. Damit können wir sehr zufrieden sein. Insbesondere hat sich der grüne Hype nicht so fortgesetzt. Die CSU hat jede Stichwahl gegen grüne Vertreter gewonnen. Aber natürlich haben wir bei den Stadt- und Gemeinderäten auch Verluste gehabt. Trotzdem, besonders wichtig ist, dass wir zurück sind in den Großstädten. Die Erfolge in Augsburg und vor allem in Nürnberg sind erfreulich.

In Erlangen, Schwabach und Forchheim, in Regensburg, in Ingolstadt und München hat Ihre CSU die Stichwahlen jeweils verloren. Das sind allesamt wichtige Rathäuser.

Söder: Dafür haben wir Ansbach und Bayreuth gewonnen. In Augsburg haben wir ein sensationelles Ergebnis erzielt, dort führt jetzt erstmals eine CSU-Frau das Rathaus. Nürnberg ist natürlich auch für mich persönlich ein Highlight. Wer hätte gedacht, dass wir den Oberbürgermeister und die stärkste Fraktion im Rat stellen? Aber Sie haben recht, es gab auch Enttäuschungen, wie zum Beispiel in Hof; andere Städte wie Kulmbach oder Ingolstadt standen unter schwierigen Vorzeichen. Aber unter dem Strich bin ich zufrieden. Und ganz ehrlich: Wenn ich mich entscheiden müsste, ob wir lieber Schwabach oder Nürnberg gewonnen hätten, dann liegt Nürnberg ein kleines bisschen vorne. (lacht).

Dass die SPD andere Rathäuser erobert hat, schmerzt Sie nicht?

Söder: Natürlich schmerzt mich das. Aber es ist für unsere Demokratie auch kein schlechtes Zeichen, dass die SPD noch eine solide Basis hat. In diesen Zeiten braucht es stabile Volksparteien.

Was ziehen Sie aus dem Nürnberger Ergebnis Ihrer Partei für sich – Freude, Genugtuung?

Söder: Ich freue mich einfach sehr für Marcus König. Er hat wirklich alles getan, was er konnte. Hart gekämpft und mit vielen guten Ideen die Nürnberger überzeugt. Daneben freue ich mich, dass unsere gemeinsamen strategischen Überlegungen aufgegangen sind. Das Motto "Jünger und weiblicher" hat funktioniert, auch wenn das manche kritisiert haben. Auch Sie waren da skeptisch. In Nürnberg haben wir die Stadtratsliste paritätisch mit Männern und Frauen besetzt. Das findet sich jetzt nahezu auch in der Stadtratsfraktion wieder. Wichtig ist, dass die CSU mit diesem Erfolg verantwortungsvoll umgeht. Es braucht stabile Mehrheiten im Nürnberger Stadtrat.

Unsere Kritik an der Frauenquote bezog sich nicht auf Ihre Position, sondern auf die Haltung in Ihrer Partei dazu. Die hat Sie damit im vergangenen Jahr schon hart auflaufen lassen.

Söder: Zumindest war es am Parteitag kein großer Erfolg. Aber manchmal muss man sich mit einem Schritt begnügen, bevor man den zweiten oder dritten Schritt gehen kann. So habe ich die Parität im Kabinett für die CSU umgesetzt. Erstmals gibt es dort in der Geschichte der CSU die gleiche Anzahl von Frauen und Männern. Wenn ich von etwas überzeugt bin, setze ich das auch um.


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Was erwarten Sie von Marcus König: Gefolgschaft? Oder darf er eigene Akzente setzen?

Söder: Was für eine Frage. Natürlich entscheidet der Nürnberger Oberbürgermeister völlig unabhängig. Ich bin gut damit gefahren, erfolgreiche Kommunalpolitiker zu respektieren und mit ihnen auf Augenhöhe zu arbeiten. So habe ich zum Beispiel mit dem sehr erfolgreichen Oberbürgermeister Ulrich Maly oder Thomas Jung aus Fürth immer ein hervorragendes Arbeitsverhältnis gehabt. Das gilt gerade auch für die Zusammenarbeit in der Corona-Krise mit Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter.

Was Nürnberg betrifft: Oberbürgermeister und Stadt entwickeln ihre Ideen und Vorschläge. Und jeder kann sicher sein, Nürnberg liegt diesem Ministerpräsidenten auch weiterhin sehr am Herzen. Marcus König wird es gut machen.


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Ulrich Maly muss nun ganz anders abtreten, als er sich das vorgestellt hat, begleitet von heftiger Kritik seiner Genossen. Was geben Sie ihm mit auf den Weg?

Söder: Ich bin überzeugt, dass er einer der großen Oberbürgermeister unserer Stadt ist. Wir haben in den letzten Jahren zusammen unglaublich viel auf den Weg gebracht. Vieles für Nürnberg hätte ich nicht umsetzen können ohne seine Unterstützung und seinen Rat. Ich schätze ihn wirklich sehr. Dass die SPD dieses Ergebnis jetzt erst einmal verdauen muss, ist klar. Aber ich finde, sie sollte dabei Uli Maly persönlich mehr Respekt zollen. Denn ohne ihn hätte die SPD nicht 18 Jahre den Oberbürgermeister gestellt. Die Wähler haben einfach anders entschieden, als mancher Parteistratege hoffte. Es gibt halt in der Politik keine Erbhöfe mehr.


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Trotzdem, auch wenn Marcus König ganz unabhängig arbeiten wird: Haben Sie einen kleinen Tipp für Ihre Partei in Nürnberg?

Söder: Es ist wichtig, nach dem Sieg auf dem Boden zu bleiben. Denn Nürnberg ist keine Stadt, die eine geborene CSU-Mehrheit hat. Marcus König will viele Kräfte einbinden – und da hat er recht. Ich hoffe sehr, dass die SPD konstruktiv und handlungsfähig bleibt. Dafür hat Uli Maly immer gesorgt. Ich habe vor einem Jahr gesagt, es tut mir leid, dass er aufhört. Aber jetzt freue ich mich schon sehr über seinen Nachfolger. Die SPD sollte Ulrich Maly persönlich mehr Respekt zollen.

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