Sogar Waschmittel sind ökologisch korrekt

16.2.2012, 08:58 Uhr
Sogar Waschmittel sind ökologisch korrekt

© Gabi Pfeiffer

Andere machen eine Weltreise, zahlen ein Häuschen an oder lassen es sich einfach gut gehen. Anja Herrmann hat ihre Ersparnisse und eine kleine Erbschaft in einen Laden gesteckt: „Davon habe ich immer geträumt.“ Im September vergangenen Jahres hat VollKern 36 seine Türen geöffnet — der erste Bioladen im westlichen Gostenhof.

Alles ist öko, aber mit schafswollenem Müsli-Charme hat die Chefin wenig am Hut. Durch die großen Fenster fällt viel Licht in den Laden an der Ecke Kern- und Vollprechtstraße, hölzerne Möbel und funktionale Regale vermitteln solide Bodenständigkeit. Natürlich gibt es Korn und Geschrotetes, Gemüse vom Biobauern aus dem Knoblauchsland und Vollkornbrot. Aber daneben auch Limonade, eine schöne Weinauswahl und in absehbarer Zukunft auch Tiefkühlkost.

„Ich bin schon bio“, sagt Anja Herrmann. Ewig schon. Die 47-Jährige ist ausgebildete Zahnarzthelferin, hat ein Fernstudium zur Gesundheitsberaterin gemacht und ist vor knapp zwei Jahren aus Oberfranken nach Nürnberg gezogen. „Ich wohne nicht weit entfernt“, sagt sie. Die Nähe zum Laden gehörte zu den Auswahlkriterien, ebenso dass die Miete angemessen und die Lage zentral ist und es keinen Biosupermarkt in Gostenhof gibt. Bei der Sortimentsauswahl hat der Großhändler beraten und es gibt praktisch alles. Von Biotrockenhefe und Backmischungen über ökologisch korrektes Waschmittel bis hin zum Schulheft aus Recyclingpapier und gefilzten Schälchen. Kosmetik wird noch kommen, verspricht Anja Herrmann.

Freunde halfen mit

Alles ist im Werden — dabei kann die Chefin schon auf ein Jahr zurückblicken. Die Existenzgründerin hat ein Dreivierteljahr Vorbereitung in ihren Laden gesteckt, angefangen beim Businessplan über die Ladensuche bis zum Anstreichen der gebraucht erstandenen Regale. Freunde und Verwandte halfen tatkräftig mit, aber „vier Tage vor Eröffnung war die Hölle“. So hat es Kristina Koch empfunden, die als Angestellte VollKern 36 mitaufgebaut hat und für die Küche zuständig ist.

Snacks, Kaffee und Kuchen sind fester Bestandteil im Bioladen. Morgens backt die 30-Jährige Biorahmfladen, streicht selbst gerührte Aufstriche in Semmeln und belegt Hörnchen mit Käse, Tomate und Gurke. Auch einen veganen Sesamburger hat sie kreiert. Desserts — heute Haselnusscreme mit karamellisierten Mandelsplittern — stehen im Pfandglas gleich daneben. Und zum Kuchen, den die zwei Öko-Bäckereien mit dem Brot liefern, soll sich bald hausgemachter Kuchen gesellen. „Ich backe gern und koche noch lieber“, sagt Kristina Koch. Allerdings darf die Gastronomie maximal ein Drittel der Ladenfläche füllen und weil VollKern dem alteingesessenen Lotos in der Hessestraße keine Konkurrenz machen will, bleibt die Küche kalt.

Die unternehmerische Entscheidung — „Lebensmittel-Einzelhandel allein ist relativ schwer“, sagt Anja Herrmann — trägt schon Früchte. Regelmäßig kommt ein Lehrergrüppchen und hält im Nebenraum ein Pläuschchen, der Wirt der Planungskneipe schaut auf einen Kaffee vorbei und die wildgelockte Inhaberin des TattooShops ist schon Stammgast.

Für ihre Kunden haben die Bioverkäuferinnen nur Lob. „Viele junge motivierte Menschen, die offen und freundlich sind“, sagt Kristina Koch. Die gelernte Restaurantfachfrau und Fotografin ist nach zehn Jahren in München wieder nach Nürnberg zurückgekehrt und freut sich, dass sich Gostenhof zum „neuen In-Viertel“ entwickelt und die Atmosphäre so familiär ist. Der Laden lief von Anfang an. „Ihr habt hier gefehlt“ hätten viele gesagt, die den Kopf zum ersten Mal in die Tür steckten.

Inzwischen kennt Anja Herrmann viele ihrer Kunden gut. „Du willst eine schnelle Milch?“, fragt sie einen Schwarzgekleideten und schlüpft hinter die Kasse. Soja-Milch zählt zu den Rennern im Laden, genauso wie das vegane Sortiment. Das sind Tofu- und Sojaprodukte, die Käse, Wurst und Fleisch ersetzen können: Vom „Aufschnitt vom Rauch“ über Sojawurst bis zur Frühlingsrolle.

Wenn sich Anja Herrmann ihren eigenen Laden anschaut, spricht stiller Stolz aus ihrem Blick. Dabei wirkt sie nicht selbstzufrieden, sondern denkt über die nächsten Veränderungen nach. Was fehlt noch im Sortiment? Muss sie Preise anpassen? Wann kann sie einen Gefrierschrank anschaffen? Überstürzen wird sie nichts. Auch ein Laden muss langsam wachsen.

Mehr Informationen über das Vollkern 36 in unserer Rubrik Essen und Trinken!
 

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