Spitzel-Vorwurf gegen Türkisch-Islamischen Verband Ditib

30.1.2017, 05:58 Uhr
Imame des türkisch-islamischen Verbandes Ditib sollen in Deutschland türkische Oppositionelle bespitzelt und verraten haben. (Symbolbild)

© dpa Imame des türkisch-islamischen Verbandes Ditib sollen in Deutschland türkische Oppositionelle bespitzelt und verraten haben. (Symbolbild)

Einige Bundesländer haben die Gespräche mit Ditib schon auf Eis gelegt. Zuletzt setzte Nordrhein-Westfalen die Zusammenarbeit mit dem Verband aus, welcher der türkischen Religionsbehörde Diyanet untersteht.

Ditib-Imame, die vom türkischen Staat entsandt werden, sollen Gemeindemitglieder und deutsche Lehrer bespitzelt und dabei Namen angeblicher Anhänger des islamischen Predigers Fetullah Gülen nach Ankara gemeldet haben. Angeblich geraten auch Menschen ins Visier solcher Aktivitäten, die den Dialog etwa mit Christen pflegen. Die Bundesanwaltschaft ermittelt. Gülen wird von Ankara für den gescheiterten Putsch im vergangenen Sommer verantwortlich gemacht und gilt heute als Erzfeind von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan.

Im bayerischen Innenministerium hieß es zu den Ditib-Moscheevereinen auf Anfrage der Nürnberger Nachrichten zurückhaltend, man verfolge "die politische Ausrichtung im Hinblick auf den türkischen Staat" aufmerksam. Der Ministeriumssprecher gab ausdrücklich den Hinweis, dass es bisher nicht um eine Beobachtung wegen religiös extremistischer Bestrebungen gehe.

Modellversuch in staatlicher Verantwortung

Einen intensiveren Kontakt zu Ditib pflegt das Kultusministerium. Im Haus von Minister Ludwig Spaenle (CSU) liegt seit gut zwei Jahren ein Antrag des Verbandes auf Anerkennung als Religionsgemeinschaft. Einen solchen Partner braucht der Staat laut Verfassung, um einen bekenntnisorientierten islamischen Religionsunterricht vergleichbar dem der christlichen Kirchen an staatlichen Schulen anzubieten.

Bisher gibt es in Bayern den Islamischen Unterricht — auf das Wort Religion wird bewusst verzichtet — als Modellversuch in staatlicher Verantwortung. Ditib hatte diese Variante im vergangenen Jahr allerdings als verfassungsrechtliches Feigenblatt attackiert, weil das deutsche Grundgesetz verlangt, dass Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der jeweiligen Religionsgemeinschaft erteilt werden muss.

Kultusminister Spaenle hat bisher immer betont, man sei noch nicht so weit, eine islamische Organisation im Sinne einer Religionsgemeinschaft anzuerkennen. Der Weg dorthin sei aber offen. Unter dem Eindruck der jüngsten Ereignisse ist er offenbar wieder ziemlich versperrt.

Ludwig Unger, Sprecher des Kultusministeriums, sagte, man sehe sich in der Haltung bestätigt, zu Ditib als Organisation ein "professionell distanziertes" Verhältnis zu pflegen. Einzelne Vertreter von Ditib würden, so Unger, bei Bedarf schon wieder zu Gesprächen eingeladen. In näherer Zukunft sind solche Treffen jedoch nicht in Sicht.

Und von konkreteren Schritten in Richtung eines bekenntnisorientierten islamischen Religionsunterrichts in Bayern ist nicht mehr im Ansatz die Rede. Beobachter der Debatte gehen eher davon aus, dass der seit gut zehn Jahren bestehende Modellversuch eine Dauereinrichtung wird.

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