Großer Nachholbedarf

Stadt Nürnberg muss weiter dringend Wohnraum schaffen

5.11.2021, 05:40 Uhr
An der Laufamholzstraße ist 2020/21 ein Neubau mit geförderten Wohnungen entstanden. 

© Roland Fengler, NNZ An der Laufamholzstraße ist 2020/21 ein Neubau mit geförderten Wohnungen entstanden. 

Der Bedarf an neuen Wohnungen in Nürnberg bleibt enorm: Bis zum Jahr 2035 müssen insgesamt 27.100 Einheiten entstehen, bis 2025 immerhin 13.700. Das sagte Wirtschaftsreferent Michael Fraas (CSU) bei der Vorstellung des städtischen Wohnungsberichts 2020.

Zwischen 2019 und 2020 ging die Zahl der Menschen, die in Nürnberg leben, zwar erstmals seit Jahren wieder leicht zurück, daraus lasse sich aber "keine Trendwende" auf dem Wohnungsmarkt ableiten, betonte Fraas. Es müsse weiter gebaut werden. "Selbst wenn der Rückgang anhalten sollte, haben wir Nachholbedarf", erklärte der berufsmäßige Stadtrat, in dessen Zuständigkeit das Thema Wohnen fällt.

Allerdings rechnet Fraas angesichts des erheblichen Zuwachses zwischen 2008 (damals lag die Einwohnerzahl bei 495.459) und 2019 (535.886) nicht damit, dass Nürnbergs Bevölkerungszahl schrumpft oder stagniert. Fraas und Britta Walther vom Stab Wohnen im Wirtschaftsreferat gehen eher wieder von einem Wachstum der Bevölkerung – Ende 2020 lag die Einwohnerzahl bei 532.331 Personen – und der Haushalte aus.

Pro-Kopf-Bedarf steigt

Der Druck, neu zu bauen, habe auch eine Ursache darin, so Baudirektorin Walther, dass der Pro-Kopf-Bedarf an Wohnfläche steige. Deswegen kalkuliert das Wirtschaftsreferat mit einem Zusatzbedarf von 830 Wohneinheiten jährlich bis 2025. Doch dies ist nicht der einzige Faktor, der die Anstrengungen nötig macht. Hinzu kommt ein Nachholbedarf, weil in den zurückliegenden Jahren laut Fraas zu wenig gebaut worden ist, und ein Ersatzbedarf, wenn Häuser abgerissen oder Wohnungen zusammengelegt worden sind.

2000 Wohnungen pro Jahr

Als Ziel geben Fraas und Walther daher aus, 2000 neue Wohnungen pro Jahr zu schaffen. 2020 und 2019 lag man mit 1502 sowie 961 fertig gestellten Einheiten unter dieser Marke. Besser sieht es jedoch bei den Baugenehmigungen aus: 2020 wurden 2579 Anträge positiv beschieden, im Jahr davor immerhin 2343.

Bindung läuft aus

Zudem konnte sich der Stab Wohnen im Wirtschaftsreferat im vergangenen Jahr über eine Rekordsumme an staatlichen und städtischen Fördergeldern freuen. 84,3 Millionen Euro sind bewilligt worden, deutlich mehr als 2019 (51,4). Mit den über 84 Millionen können 467 geförderte Wohnungen entstehen. "Der Bedarf ist groß, weil die Bindung in vielen Fällen ausläuft", sagt Fraas. Zwischen 2021 und 2030 werden demnach 2735 Wohneinheiten aus der Belegungsbindung herausfallen. Von 2010 bis 2020 ging der Bestand an Sozialwohnungen von 18.933 auf 17.921 zurück.

Fraas betont, dass es sich auch bei gefördertem Wohnungsbau um "hochwertige Bauten" handle; zudem sei der Adressatenkreis größer als man gemeinhin annimmt, er reiche bis weit in die Mittelschicht hinein. "Zwei Drittel der Bevölkerung sind berechtigt, eine geförderte Wohnung zu bekommen", erläuterte der Wirtschaftsreferent.


Auf die Herausforderungen des Wohnungsmarkts reagiert die Stadt unter anderem mit der Entwicklung neuer Baugebiete (Tiefes Feld, Wetzendorf, Bielefelder Straße). Zudem hat die Stadt das "Sonderprogramm Wohnen" aufgelegt – dahinter verbergen sich zwölf Bauprojekte auf städtischen und staatlichen Flächen, mit denen möglichst rasch bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden soll. 1620 Wohneinheiten (davon 847 geförderte) sind geplant, 157 (davon 122 geförderte) wurden bereits fertig gestellt. Angesichts der im Bau befindlichen Maßnahmen im Stadtgebiet stellt der Referent erfreut fest, dass sich auch Firmen im Wohnungsbau betätigen, die man damit nicht unbedingt verbindet - die "langfristig sichere Rendite" sei attraktiv.

Satzung soll Wohnungen retten

Im Herbst 2019 hat der Stadtrat zudem die Zweckentfremdungsverbotssatzung erlassen, die Fraas für wichtig hält, "um Wohnungen für den Wohnungsmarkt zu retten". Es ist seither zum Beispiel nicht mehr erlaubt, seine Räume für mehr als acht Wochen im Jahr für Fremdenbeherbergung oder sie zu mehr als 50 Prozent für gewerbliche Zwecke zu nutzen.

Langer Atem ist nötig

Bis 31. Dezember 2020 hat die Stadt 828 Verdachtsfälle erfasst und 144 zweckfremde Nutzungen nachgewiesen. "Man braucht einen langen Atem dafür", sagt Fraas angesichts der ersten Jahresbilanz der neuen Satzung. Aber immerhin habe die Stadt dadurch 8543 Quadratmeter Wohnfläche zurückgewonnen. "Die Herstellungskosten für den Neubau von Wohnraum in vergleichbarer Größe liegen bei knapp 39 Millionen Euro", rechnet der Referent vor.