Stadtansichten: Der Weinstadel - wo einst Leprakranke lebten

13.11.2020, 09:04 Uhr
Stadtansichten: Der Weinstadel - wo einst Leprakranke lebten

© Foto: Stadtarchiv Nürnberg/Hochbaumat

Der Weinstadel wurde von 1446 bis 1448 errichtet und in der Karwoche drei Tage lang für die Unterbringung und Speisung von Leprakranken genutzt. Im Zweiten Weltkrieg entging das Gebäude, in dem in früheren Kriegen Klosterfrauen aus Pillenreuth Zuflucht fanden, nur knapp der vollständigen Zerstörung. Seit seinem erfolgreichen Wiederaufbau beherbergt das Baudenkmal, dessen Name sich von einem ehemaligen reichsstädtischen Weinlager im Erdgeschoss des Hauptgebäudes ableitet, Nürnberger Studenten.

Einen äußerst jämmerlichen Anblick bot nach dem Krieg das Heilig-Geist-Spital: Das vom Patrizier Konrad Groß gestiftete und von 1332 bis 1339 errichtete Bauwerk war 1945 bei Bombenangriffen bis auf die Erdgeschossmauern zerstört worden, vom Brückentrakt standen nur noch die Bogenkonstruktionen über der Pegnitz und Reste der Außenmauern. In den Jahren 1951 bis 1953 musste das Heilig-Geist-Spital – wie viele historische Gebäude in der Altstadt – daher von Grund auf wiedererrichtet werden und erstrahlt seitdem wieder in neuer, alter Pracht.

In der Katharinengasse, wo sich einst schmucke Häuschen dicht aneinanderreihten, befinden sich aktuell der derzeit geschlossene Katharinensaal und die Räume des Theaters MusicalCOM. Ein Ersatz für den verlorenen Flair der Gasse können sie ebenso wenig sein, wie die mehrstöckigen Wohnhäuser oder das in dieser Kameraeinstellung nicht sichtbare Parkhaus, die die gegenüberliegende Straßenseite flankieren.

An den wechselnden Namen der Geschäfte lässt sich der Wandel gut ablesen: Im Vergleich zum Jahr 1969 (Bild re.) ist etwa aus dem Zölls-Laden eine Apotheke geworden; Geschichte ist neben Photo- und Uhren- auch der Optiker-Laden, dessen Domizil von einem Neubau ersetzt worden ist. Immerhin residiert im Gebäude ganz links weiter eine Gaststätte. Die Straßenbahngleise sind derweil als Folge der U-Bahnlinie U 2 verschwunden – und die Haltestelle Leopoldstraße wird von Bussen angesteuert.

Ab 1966 wurde die Breite Gasse in der Innenstadt umgebaut. Bis 1969 dauerten die Arbeiten, Da meist dünne Gehwegplatten auf der ehemaligen Fahrbahn verlegt wurden, gab es im Laufe der Zeit viele Unebenheiten, ausgelöst durch schwere Lieferfahrzeuge. Ab 1993 wurde der Belag schrittweise saniert. Einen Wandel gab es auch bei den Läden: Heute dominieren Filialen von großen Ketten.

Wer heute in aller Ruhe durch die Fußgängerzone läuft, kann sich schwer vorstellen, dass hier einst dicht an dicht die Autos standen und Pkw und Lieferwagen sich durch die Innenstadt drängten. Doch die Gegenüberstellung des aktuellen Bildes aus der Königstraße mit der historischen Aufnahme aus der Zeit des Wiederaufbaus macht dies deutlich.

Schwer angezählt, aber zum Glück noch auf den Beinen: So präsentierte sich der Weinstadl vor 75 Jahren. Nach schweren Sprengbombentreffern hatte das 1446 bis 1448 errichtete Fachwerk-Juwel nur noch ein weitgehend abgedecktes Dach. Aber das Bauwerk, in dem jeweils in der Karwoche Leprakranke (Sondersiechen) mit Speisen versorgt wurden oder Klosterfrauen in Kriegszeiten Zuflucht fanden, ließ sich schnell wieder restaurieren und konnte bereits 1950 als Studentenheim eröffnet werden.

Ein wüster Trümmerhaufen prägte im Dezember 1952 noch den Egidienplatz in der Sebalder Altstadt. Mit Hilfe eines Architektenwettbewerbs wollte die Stadt neue Ideen vor allem für die nordwestliche Ecke rund um das Pellerhaus bekommen. Ein Bibliotheks-Neubau und eine neue Wohnanlage sollten dem Areal rund um die Egidienkirche ein neues Gesicht geben.

Während vor 75 Jahren noch das Schild "Nürnberg Vorort Reichelsdorf" den grauen Betonmast zierte – damals lag zum Zeitpunkt der Aufnahme viel Schnee, mehrere Bäume säumten noch die Straße –, schaut es hier heute im Wandel der Zeit ganz anders aus. Zu sehen sind jetzt ein Parkschild und ein Hinweis auf das Altenheim.

1926 wurde der "Schocken" am Aufseßplatz eröffnet. 1939 wurde er in "Merkur" unbenannt und nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg 1951/52 wieder aufgebaut. Das Kaufhaus war lange der Magnet in der Südstadt. Später wurde die Fassade wabenartig umgestaltet – der Horten residierte bis 2004 im "Schocken", wie Alteingesessene bis heute sagen, dann zog Galeria Kaufhof ein. Seit Mitte 2012 steht der Komplex, abgesehen von temporären Zwischennutzungen, leer. Seit langem warten alle darauf, dass sich etwas tut – bisher vergeblich. Ein Trauerspiel.

Am Hauptmarkt hatten die Gemüsehändler in den Trümmerjahren nach dem Zweiten Weltkrieg schon wieder ihre Stände aufgebaut. Währenddessen lagen die Frauenkirche und die benachbarten Gebäude noch weitgehend Ruinen waren oder in Schutt und Asche. Auf dem ersten Bild fehlen die Marktstände, weil am Hauptmarkt noch der Abbau der Christkindlesmarkt-Buden lief.

Im Umfeld fügen sich die Nachkriegsbuden mit ihren steilen Satteldächern weitgehend in das gewöhnte Altstadtbild. Und die Frauenkirche zieren längst wieder auch Uhr und das Männleinlaufen.

Am Eckhaus Füll 15 ist die Hausmadonna des Bildhauers Veit Stoß (1447–1533) zu sehen. Das linke Bild entstand etwa um 1946/1947, als an dieser Stelle in der Sebalder Altstadt der Schutt zum Teil schon weggeräumt war und erstes Grün aus der Erde spitzte.

Die Treppe ist im Laufe der Jahre wieder deutlich verbreitert worden, während viele Sandsteinfassaden aufpoliert wurden. Und auch wenn man nicht alle Originalgebäude retten konnte: Das mittelalterliche Flair des Burgviertels ist bis heute erhalten geblieben.

Das linke Foto zeigt den Komplex nach dem Zweiten Weltkrieg, wo 1946 mit den US-Streitkräften der "Americana Club" in den zum Teil zerstörten Komplex eingezogen war. Von 1973 bis 1997 residierte dort mit dem Komm ein selbstverwaltetes Kommunikationszentrum, das durch die spektakuläre "Massenverhaftung" vom 5. März 1981 überregional bekanntwurde. Bis 2002 entstand im Zuge des ersten Sanierungsabschnitts auf der Südkante mit einem modernen, gläsernen Kopfbau ein neuer Eingangsbereich.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs lag das Burgviertel weitgehend in Trümmern. Neben vielen Wohn- und Geschäftshäusern war auch die Sebalduskirche schwer zerstört. Die Szenerie hat sich seit dem Wiederaufbau komplett gewandelt: Der Blick vom Ölberg unterhalb der Burg auf die Altstadt ist wieder eine Augenweide – man sieht die Landschaft aus steilen Satteldächern, die Kirchtürme und rechts am Horizont auch den Fernsehturm. Und ein paar Stufen nach unten lockt gleich die Gaststätte "Zum Waffenschmied".

Was auch mit den geparkten Autos zu tun hat: Während Anfang der 60er Jahren noch der VW-Käfer dominierte (Bild links), parkt heute ein Audi am Straßenrand. Eine große Veränderung in der Marienstraße erfolgte im Herbst 1949 mit der Ansiedlung des Verlags Nürnberger Presse im früheren Gauleiterhaus auf der rechten Straßenseite. Direkt nebenan entstanden ab 1976 die neuen Redaktionsgebäude von NN und NZ. Und gegenüber wurde 1993 der Marienplatz in Willy-Brandt-Platz umbenannt.

Ende 1964 wurde die Eichendorffstraße neu ausgebaut; die Bahnüberführung in Erlenstegen behinderte den Autoverkehr. Der Zebrastreifen ist inzwischen einer Ampel gewichen.

Seinen Namen hat der Laufer Schlagturm der Schlaguhr zu verdanken, die in seinem inneren schlägt. Er ist einer der wenigen erhaltenen Türme in Nürnberg. Und so beherrschte er um 1870 den Blick auf die Äußere Laufer Gasse, ebenso wie heute. Vielen Nürnbergern ist die Gasse von einem Besuch des Einwohnermeldeamtes bekannt. Dabei hat sie auch sonst einiges zu bieten: Cafés, Imbisse, Bäcker, Fotostudios und ein Schuhgeschäft.

Im Bombenhagel des Zweiten Weltkriegs wurde das historische Pellerhaus, von 1602 bis 1605 errichtet, weitgehend zerstört. Der Blick in den Pellerhof war 1945 ein sehr trauriger (Bild links). Ungeachtet der vielgelobten 50er-Jahre-Architektur des neuen Pellerhauses ist der Pellerhof seit 2006 auf Initiative der Altstadtfreunde rekonstruiert worden (Bild rechts). Das sorgt für besondere Einblicke.

Auch die Ecke Luitpold-/Könistraße hat sich stark verändert: Das Café Corso befand sich einst im Erdgeschoss des Jugendstilgebäudes in der Königstraße 70, das im Zweiten Weltkrieg durch Bomben stark beschädigt wurde (Bild li.).

Wie die umliegenden Häuser, wurde es nach 1945 renoviert – und bis heute ist im Eckgebäude eine Gastronomie ansässig. Nach langen Jahren mit einer Beck-Filiale residiert dort seit Oktober 2017 Starkoch Alexander Herrmann mit den Lokalen "Fränk'ness" und "Imperial".

Verwandte Themen


7 Kommentare