Gutachterverfahren eingeleitet

Standort der Ausweichspielstätte: Am 20. Juli muss der Nürnberger Stadtrat entscheiden

Marco Puschner

Lokalredaktion Nürnberg

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22.6.2022, 10:00 Uhr
Wo genau im Umfeld der Kongresshalle die Ausweichspielstätte entstehen soll, ist unklar. 

© imago images/imagebroker, NNZ Wo genau im Umfeld der Kongresshalle die Ausweichspielstätte entstehen soll, ist unklar. 

Die Kongresshalle auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände wird Standort für eine Interimsspielstätte des Nürnberger Staatstheaters. Hierfür soll ein ergänzender Aufführungsraum auf dem Areal der Kongresshalle verortet werden. Die Stadt Nürnberg hat hierzu am 3. Mai 2022 ein Gutachterverfahren etabliert, zu dem acht nationale und internationale Architekturbüros eingeladen wurden.

Am 30. Juni tagt ein Fachgremium, das aus hochrangigen Persönlichkeiten aus Architektur, Geschichtswissenschaft, Kultur, Politik und Gesellschaft zusammengesetzt ist, und dessen Aufgabe es ist, auf Basis der eingegangenen Ideen eine Empfehlung für den Standort des Ergänzungsbaus zu formulieren.

Standort unklar

Der Rat der Stadt Nürnberg votierte am 15. Dezember 2021 mit großer Mehrheit für die Kongresshalle auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände als Standort einer Ausweichspielstätte für die Musik- und Tanztheatersparten des Staatstheaters Nürnberg. Betriebs- und Produktionsräume sollen im Bestand des Bauwerks Platz finden; in Anbindung an die Kongresshalle soll zudem ein Ergänzungsbau mit Bühne, Orchestergraben und Zuschauerraum errichtet werden.

Notwendig wurde der Beschluss einer Ausweichspielstätte, da im Jahr 2025 die Betriebserlaubnis für das Opernhaus am Richard-Wagner-Platz ausläuft und hier dringend notwendige Sanierungsarbeiten beginnen sollen.

Offen gelassen wurde im Beschluss des Stadtrats die Frage nach einem geeigneten Standort für den Bau eines ergänzenden Aufführungsraums auf dem Areal der Kongresshalle. Aspekte der Nachhaltigkeit, Zugänglichkeit und Barrierefreiheit, der Wirtschaftlichkeit, des Umwelt- und Naturschutzes, des Naherholungscharakters des gesamten Geländes sowie insbesondere der Erinnerungskultur und der Etablierung von Ermöglichungsräumen für Kunst und Kultur sollen hierbei berücksichtigt werden.

Zur Beantwortung dieser komplexen Frage hat die Stadt Nürnberg besagtes Gutachterverfahren ins Leben gerufen. Betreut wird das Verfahren vom renommierten Büro C4C competence for competitions aus Berlin.

Die Jury

Die Jury besteht aus Prof. Dr. Norbert Frei, Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Friedrich-Schiller-Universität Jena; Prof. Nadja Letzel, Architektin und Professorin für Entwerfen und Bauen im Bestand an der Technischen Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm; Dr. Birgit Meyer, Intendantin Oper Köln; Prof. Dip.-Ing. Architekt Mathias Pfeil, Generalkonservator, Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege; Birgit Rapp, Architektin, Amsterdam, Mitglied der Stadtgestaltungskommission der Stadt München; Dr. Rachel Salamander, Literaturwissenschaftlerin und Publizistin; Dr. Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland; Prof. Dr. Jörg Skriebeleit, Leiter KZ-Gedenkstätte Flossenbürg; Honorarprofessor an der Universität Regensburg; Prof. Dr. Stephan Trüby, Leiter des Instituts für Grundlagen moderner Architektur und Entwerfen an der Universität Stuttgart.

OB nimmt beratend teil

In beratender Funktion nehmen weitere Expertinnen und Experten, Fachleute und Vertreterinnen und Vertreter der Stadtspitze an der Jurysitzung teil, etwa der Nürnberger Oberbürgermeister Marcus König, Kulturbürgermeisterin Julia Lehner, Baureferent Daniel Ulrich und der ehemalige Bundesbauminister Oscar Schneider. In beobachtender Funktion sind zudem Vertreterinnen und Vertreter der Stadtratsfraktionen und Ausschussgemeinschaften im Stadtrat zur Jurysitzung anwesend.

Der weitere Prozess wird durch zwei Termine markiert: Am Freitag, 8. Juli 2022, berät die Opernhauskommission des Stadtrats die Empfehlung des Fachgremiums. Final obliegt es dem Stadtrat mit Sitzung vom Mittwoch, 20. Juli 2022, über den exakten Standort des Ergänzungsbaus zu befinden.

Die eingeladenen Büros besitzen fundierte Expertise bei der Errichtung von großen, emblematischen und repräsentativen Kulturbauten. Sie sind seit dem 3. Mai 2022 aufgefordert, Ideen zur Standortfrage eines für ein Operninterim notwendigen Ergänzungsbaus auf dem Areal um die Kongresshalle zu entwickeln und zu hinterlegen. Die Kongresshalle auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände ist eine der bundesweit größten noch existierenden baulichen Hinterlassenschaften der NS-Diktatur.

Diverse Nutzungsgeschichte

Der 1935 begonnene Bau wurde nie vollendet und nie im ursprünglichen Sinne als Ort der Parteikongresse der NSDAP genutzt. Die Nutzungsgeschichte seit 1945 ist divers und reicht von profanem Gebrauch als Lager eines Großversands oder Kfz-Sammelstelle bis hin zu kultureller Nutzung – seit 1962 spielen vor Ort die Nürnberger Symphoniker, seit 2001 befindet sich hier das Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände.

Die Frage nach einer erweiterten kulturellen Nutzung des Bauwerks schließt nicht nur die Interimsspielstätte für das Nürnberger Staatstheater ein, sondern weiterhin auch die zusätzliche Etablierung von kulturellem Ermöglichungsraum für Kunstschaffende und kulturelle Institutionen.

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