Wahlkampf-Stimmung in Nürnberg

Stärkung von E-Autos, Attacken gegen Söder: Grüne Direktkandidaten erklären ihren Standpunkt

25.7.2021, 15:13 Uhr
 In Wahlkampf-Laune: Tessa Ganserer und Sascha Müller gehen mit Blick auf die Bundestagswahl für Bündnis 90/Die Grünen als Nürnberger Direktkandidaten ins Rennen.

© Alexander Brock NN  In Wahlkampf-Laune: Tessa Ganserer und Sascha Müller gehen mit Blick auf die Bundestagswahl für Bündnis 90/Die Grünen als Nürnberger Direktkandidaten ins Rennen.

Es ist die Jahreshauptversammlung der Grünen. Endlich wieder mal eine Präsenz-Veranstaltung, heben an diesem Samstagnachmittag im Kulturladen Schloss Almoshof Teilnehmer oft hervor. Sich am selben Ort sehen, Gespräche unter vier Augen oder in kleinen Gruppen führen, das haben viele vermisst. Es ist aber auch eine ganz besondere Jahreshauptversammlung, steht sie doch im Zeichen des Wahlkampfes, schließlich sind die Bürger in acht Wochen aufgerufen, für die Bundestagswahl an die Urnen zu gehen.

Kein Wunder, dass die Direktkandidatin und der Direktkandidat der Grünen Nürnberg schon in Wahlkampfstimmung sind: Tessa Ganserer (Wahlkreis-Nord) und Sascha Müller (Wahlkreis-Süd). Wofür sie stehen, was sie monieren und welche Ziele sie verfolgen, haben sie den rund 70 Teilnehmerinnen und Teilnehmer (im Biergarten und andernorts, da die Versammlung auch online übertragen wurde) dargelegt. Ihre Themen sind abgesteckt und damit auch die künftigen Schwerpunkte im Bundestag - falls sie die Direktmandate holen sollten. Beide greifen die Hochwasserkatastrophen in Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, aber auch die jüngsten Überschwemmungen in der Region wie etwa im Landkreis Neustadt/Aisch in ihren Reden auf.

Ein geschlossenes Klimakonzept

Die 44-jährige Ganserer erinnert an das Juni-Hochwasser 2013 in Deggendorf, als sie selbst betroffenen Freunden beim Aufräumen geholfen hatte. "Die Bilder haben sich mir eingeprägt. Mit den aktuellen Überschwemmungen sind sie wieder sehr lebendig geworden", sagt die Landtagsabgeordnete. "Es heißt immer 'Jahrhundertflut'. Das sind aber keine Jahrhundertfluten mehr. Sie kommen in viel kürzeren Abständen. Die dringendste Aufgabe ist daher der Klimaschutz." Die Grünen hätten als einzige Partei "ein in sich geschlossenes Klimakonzept vorgelegt", ergänzt Sascha Müller. Ein Kernpunkt der Partei ist vor diesem Hintergrund die Elektromobilität. "Wir müssen ein konkretes Ausstiegsdatum für Verbrennungsmotoren festlegen", sagt die 44-Jährige.

Doch um das Klima in der Umwelt alleine geht es den beiden Grünen-Politikern nicht. Das gesellschaftliche Klima bereite ihr Sorge, so Ganserer: "Der gesellschaftliche Zusammenhalt ist regelrecht vergiftet." Rassismus und Hasskriminalität gegen Schwule, Lesben, Bisexuelle und transgeschlechtliche Menschen nehme zu und müsse bekämpft werden. "Diese Auswüchse sind ein Angriff auf die freiheitlich, demokratische Grundordnung", sagt Tessa Ganserer. Das trifft sie auch persönlich. Denn 2018 hat sie sich selbst als transgeschlechtlicher Mensch geoutet und lebt seit dem als die Frau, die Sie eigentlich schon immer war. Dass Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) während des EM-Spiels Deutschland gegen Ungarn in der Münchner Allianz-Arena eine Maske mit Regenbogenfarben trug, die für Schwule, Lesben, Bisexuelle und transgeschlechtliche Menschen (LGBT) stehen, findet die gebürtige Zwieselerin "verlogen".

Schwulen- und transgenderfeindliche Politik

Jahrelang habe die CSU dem umstrittenen, rechten Regierungschef Ungarns, Viktor Orbán, "den roten Teppich ausgerollt". Die Arena hätte an diesem Spiel-Abend in Regenbogenfarben erstrahlen sollen. Die UEFA ließ das aber nicht zu. Offiziell hieß es, die Politik aus dem Sport heraushalten zu wollen. Verstanden wurde es aber so, dass Orbán nicht düpiert werden soll, der heute für eine schwulen- und transgenderfeindliche Politik steht. Sie kaufe Söder die LGBT-Solidarität nicht ab, so die 44-Jährige.

Auch der 51-jährige Sascha Müller knöpft sich die CSU vor. Der Redakteur beim Sportmagazin kicker findet, dass der CSU das "Abo" auf das Verkehrsministerium entzogen werden müsse. Aus seiner Sicht gehört Lobbyismus zwar "ein Stück weit in eine pluralistische Politik. Menschen mit Expertisen sollen sich einbringen können". Ein Problem werde es aber dann, wenn auf die einen mehr gehört wird, als auf die anderen. Am Beispiel CSU zeige sich, wie es nicht laufen sollte: Nach einer parlamentarischen Anfrage im Bundestag habe sich herausgestellt, dass Verkehrsminister Andreas Scheuer in seiner bisherigen Amtszeit (seit März 2018) 80 Lobbykontakte mit Automobilkonzernen hatte, aber nur einen mit einem Umweltverband. Wie man das ändern kann? Müller: "Es muss für die Öffentlichkeit transparent gemacht werden, mit welchen Lobbygruppen sich ein Minister während eines Gesetzgebungsverfahrens trifft und austauscht."

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