Streit um Nürnberger S-Bahn: Auch BEG legt Beschwerde ein

29.4.2015, 18:12 Uhr
Die Karten bei der Vergabe der Nürnberger S-Bahn werden neu gemischt - die Briten von National Express sind zumindest vorerst aber raus.

© dpa Die Karten bei der Vergabe der Nürnberger S-Bahn werden neu gemischt - die Briten von National Express sind zumindest vorerst aber raus.

Jetzt beschäftigt die Vergabe der Nürnberger S-Bahn also auch noch das Oberlandgericht in München: Die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG) legt Beschwerde gegen den Beschluss der Vergabekammer Südbayern ein, der die Übernahme durch National Express (EX) untersagt. Bereits am Dienstag kündigte der Konzern selbst rechtliche Schritte an.

Die Vergabekammer habe weder den Angebotspreis noch die Qualität des Angebots oder die Auswahl des britischen Unternehmens als wirtschaftlichsten Anbieter beanstandet, teilte die BEG am Mittwoch mit. Nach Ansicht der Vergabekammer habe das Unternehmen lediglich seine finanzielle Leistungsfähigkeit formal nicht korrekt nachgewiesen.

"Diese Lesart ist aus unserer Sicht unzutreffend"

"Diese Lesart ist aus unserer Sicht rechtlich unzutreffend und hat uns daher überrascht", sagte BEG-Geschäftsführer Johann Niggl. "Nicht zuletzt um die im Beschluss enthaltenen rechtlichen Grundsatzfragen für künftige Wettbewerbsverfahren zu klären, gehen wir daher in die zweite Instanz."

Derweil ist die Erleichterung bei der DB Regio groß. "Die ganze Belegschaft atmet durch", sagte der Betriebsrat Manfred Leuthel, in Nürnberg. Die Chancen für die im Ausschreibungsverfahren zweitplatzierte DB, das S-Bahn-Netz ab 2018 weiter zu betreiben, stehen relativ gut.

"Wichtig, dass die Vergabe sachgerecht abläuft"

Martin Burkert (SPD), Vorsitzender des Bundestags-Verkehrsausschusses und Vorstand bei der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), begrüßte die Entscheidung der Vergabekammer. Sie habe gezeigt, dass Nachprüfverfahren funktionieren und nötig für ein sauberes Wettbewerbsverfahren im Schienennahverkehr seien.

Tobias Richter als Geschäftsführer von NX in Deutschland zeigte sich enttäuscht. Die Entscheidung der Vergabekammer sei nicht nachzuvollziehen. Aktuell würden die Juristen die 45-seitige Entscheidung prüfen. Richter kündigte gestern bereits an, Beschwerde gegen den Beschluss beim Oberlandesgericht einzulegen.

Nürnbergs Oberbürgermeister Ulrich Maly und Wirtschaftsreferent Michael Fraas sehen sich indes bestätigt, dass ihre Bedenken wohl nicht ganz von der Hand zu weisen sind, die sie bei der Vergabeentscheidung der BEG zugunsten von National Express im Februar 2015 geäußert hatten.

"Unabhängig von einer rechtlichen Bewertung der aktuellen Vorgänge ist es jetzt besonders wichtig, dass die Vergabe des S-Bahnbetriebs sachgerecht abläuft", betont Maly. "Ein reibungsloser S-Bahnbetrieb ist für Stadt und Metropolregion Nürnberg sowie die zahlreichen Pendlerinnen und Pendler unabdingbar."

"In vielerlei Hinsicht hinterfragenswert"

DB Regio hatte am 9. Februar Einspruch gegen die geplante Vergabe des Netzes an NX eingelegt. Man betrachte das Angebot von NX "in vielerlei Hinsicht als hinterfragenswert", hieß es damals. Die Vergabe durch die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG), die im Freistaat den Nahverkehr ausschreibt und bestellt, hatte auch in der Lokalpolitik heftige Kritik hervorgerufen. Die SPD-Oberbürgermeister von Nürnberg und Fürth, Ulrich Maly und Thomas Jung, fürchteten, dass das britische Unternehmen ohne jede Erfahrung im Schienennahverkehr in Deutschland das komplexe S-Bahn-Netz im Ballungsraum nicht oder erst nach langen Anfangsschwierigkeiten in den Griff bekommen könnten.

Zudem bangten sie um die Arbeitsplätze der 500 Bahn-Mitarbeiter bei DB Regio Franken. Für die BEG und ihren Geschäftsführer Johann Niggl dürfte die Entscheidung der Vergabekammer gegen NX ein herber Schlag sein. Die DB habe mit ihrer Klage gegen die Vergabe nur geringe Erfolgschancen, sagten noch vor wenigen Wochen die Vertreter des bayerischen Verkehrsministeriums und der BEG bei einer Anhörung vor dem Landtag.

Alle Vorgaben seien erfüllt worden, drei externe Gutachter hätten die Vergabe geprüft und für ordnungsgemäß befunden, betonte damals Niggl. Die Entscheidung der Vergabekammer ist noch nicht endgültig. Sie kann durch NX vor dem Oberlandesgericht angefochten werden.

Dieser Artikel wurde zuletzt am 29. April 2015 um 18.08 Uhr aktualisiert.

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