Streit um Rotbier: Kleine Brauerei legt sich mit Tucher an

18.12.2019, 05:47 Uhr
Tucher gehört zu den größten Brauereien in der Region.

Tucher gehört zu den größten Brauereien in der Region.

Die Werbung zeigt es uns deutlich: Fast alles ist irgendwie hausgemacht. Da drückt eine nette blonde Dame die Haselnüsse des Schokoriegels liebevoll von Hand in die warme Kakaomasse und der Whisky-Hersteller vertreibt sich die Zeit beim Schachspiel, während sein Produkt in aller Ruhe vor sich hin reift. Auch aus dem Hause Tucher kommt jetzt ein Bier, das laut Werbespot viel, viel Zeit in Eichenholzfässern verbringt – es ist ein Nürnberger Original. Oder doch nicht? Darüber gibt es aktuell einen Rechtsstreit.

"Original Nürnberger Rotbier“ steht auf dem nostalgisch anmuten- den Etikett jenes Tucher-Biers, das in diesem Jahr auf den Markt gekommen ist. Diese Bezeichnung sowie ein 45-sekündiger Kinospot und weitere Aussagen der Tucher-Brauerei zu ihrem Produkt brachten bei Braumeister Reinhard Engel das Fass zum Überlaufen.

Reinhard Engel von der Hausbrauerei Altstadthof ärgert sich über die Werbe-Sprüche seines Mitbewerbers Tucher–Bräu.

Reinhard Engel von der Hausbrauerei Altstadthof ärgert sich über die Werbe-Sprüche seines Mitbewerbers Tucher–Bräu.

Derzeit klagt er beim Landgericht Nürnberg/Fürth gegen Tucher-Bräu. Hintergrund des Streits: Mittlerweile 20 Jahre ist es her, dass Engel sein erstes Rotbier in der Hausbrauerei hergestellt hat – "in Anlehnung an die traditionelle Herstellungsweise“, wie er sagt. Zeitgleich startete auch die bis heute erfolgreiche Führung "Rotes Bier in tiefen Kellern“.

Zunächst ein Geheimtipp

Damals galt das wiederentdeckte rötliche Untergärige aus der Altstadt zunächst als Geheimtipp unter Kennern, doch das änderte sich schnell. Seither hat die bis dato fast vergessene Biervariation eine furiose Renaissance erlebt. "Inzwischen bestreiten wir damit zwei Drittel unseres Absatzes“, sagt Engel.

Einige Brauereien zogen nach und brachten in Nürnberg oder im Umland ebenfalls ein Rotbier auf den Markt. Mit der Konkurrenz muss Engel leben, die gehörte schon immer zum Geschäft. Schließlich soll es schon Ende des 16. Jahrhunderts in Nürnberg 35 Rotbierbrauereien gegeben haben.

Warum er sich nun gerade am Mitbewerber Tucher stört, begründet er folgendermaßen: "Die Bezeichnung 'Original’ impliziert doch den Anspruch, das Einzige und das Echte zu sein, was aus bekannten Gründen nicht der Fall sein kann", sagt er.

Hier sei dringend Fingerspitzengefühl vonnöten, findet der Altstadt-Brauer. Allein schon deshalb, weil das Rotbier gerade auf dem besten Weg sei, neben Bratwurst und Lebkuchen eine weitere regionale Spezialität zu werden. Damit verdiene es laut Engel auch besonderen Schutz. Weiteres Ärgernis für den Braumeister, der die Hausbrauerei im Alt- stadthof 1996 übernommen hat, ist folgende Aussage des großen Mitbewerbers: „Original Reifung in getoasten Holzfässern“. Engel: „Nach unserer Auffassung hat diese Art der Reifung mit der traditionellen Herstellungsweise von Rotbier aber rein gar nichts zu tun.“

"Klärung im Sinne des Verbrauchers"

Und schließlich verweist Tucher, das seit 2004 zur Dr.-Oetker-Gruppe gehört, mit seinem Flaschenetikett auf den Standort Altes Sudhaus am Schillerplatz. Dort wurde auch mit schönen Bildern der Werbespot gedreht, der von einer Medienfirma mit Sitz in München, Berlin und Köln produziert wurde und sich aktuell auf YouTube mit den Stichworten "Tucher“ und "Rotbier" finden lässt. "Hauptsächlich wird in Fürth gebraut“, ist sich Engel sicher, der das Ganze als Verbrauchertäuschung einstuft. 80 Prozent des rötlichen "Nürnberger Originals“, dies habe Tucher eingeräumt, stammen aus der Braustelle in Fürth.

Im Vorfeld habe es ein Gespräch mit der Geschäftsleitung der Tucher-Bräu gegeben – einigen konnte man sich nicht. Engel hat im Juli am Landgericht Nürnberg/Fürth Klage eingereicht. "Wir hoffen, auf diesem Weg den Sachverhalt im Sinne der Verbraucher zu klären", sagt Engel. Die Tucher-Bräu selbst hat eine Stellungnahme auf Anfrage unserer Zeitung abgelehnt. Zum laufenden Verfahren wolle man sich nicht äußern.

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