Tageseltern müssen jetzt 300 Stunden lang büffeln

28.1.2018, 14:19 Uhr
Tageseltern müssen jetzt 300 Stunden lang büffeln

© Michael Matejka

Für etliche Eltern sind sie eine willkommene Alternative zur Krippe: In einem Umfeld, das dem eigenen Zuhause gleicht, betreuen Tageseltern Kinder unter drei Jahren. Anders als in einer Kita, wo das Personal durch Schichtpläne und Urlaube wechselt, haben die Kleinen hier eine feste Bezugsperson, auch Schlafenszeiten, Speisepläne und Betreuungszeiten lassen sich bei Tageseltern oft individuell regeln. Und künftig sind diejenigen, die diesen Service anbieten, auch noch besser vorbereitet als bisher: Mit rund 300 Unterrichtsstunden hat sich die Ausbildungszeit fast verdoppelt.

"Damit sind wir auch im bundesweiten Vergleich gut aufgestellt", sagt Petra Kuch, Geschäftsführerin des fmf Familienbüros, das sich im Auftrag der Stadt um die Qualifizierung kümmert. Oft seien die Anforderungen deutlich niedriger, so auch in etlichen Kommunen in Bayern, die nur 100 Stunden Ausbildung verlangten.

Konzept kommt an

In Nürnberg dagegen folgt auf den vierwöchigen Grundkurs, der den angehenden Tageseltern unter anderem pädagogisches Grundwissen vermittelt und Themen wie gesunde Ernährung behandelt, noch ein zweiwöchiges Praktikum. Im Anschluss daran wird das Erlernte noch einmal vertieft. Nur wer an der Schulung teilgenommen hat, bekommt die Pflegeerlaubnis des Nürnberger Jugendamts. Damit orientiert sich die Stadt an den Vorgaben des neuen Qualifizierungshandbuchs (QHB).

Das neue Konzept kommt an: Sie habe vor allem von der Theorie profitiert, sagt Doris Rietzel, eine der Teilnehmerinnen des ersten Kurses. "Ich beobachte die Kinder viel genauer und kann den Eltern mehr Sicherheit vermitteln."

Vincenzo Lodeserto empfindet es ähnlich. Trotz seiner Erfahrungen als Vater und Großvater habe er viel gelernt, sagt der gebürtige Italiener, einer der wenigen Männer in dem Metier. Der 57-Jährige will gemeinsam mit seiner Frau Kinder betreuen, laut Andrea Linke vom Familienbüro "ein absolutes Erfolgsmodell" im von Frauen dominierten Bereich der Kinderbetreuung.

Auch das Praktikum hat Lodeserto und Rietzel begeistert, weil sie das Gelernte gleich ein Stück weit anwenden konnten. "Und die erfahrenen Tagesmütter, bei denen wir hospitieren durften, sind natürlich ein Vorbild für uns", so Rietzel.

Was den Tageseltern weniger behagt, ist ihre finanzielle Situation (wir berichteten). Mit den rund vier Euro, die das Jugendamt pro Kind und Stunde überweist, ist das Familienbüro zwar zufrieden. Doch muss das Budget auch für Windeln und Essen reichen — hier fordern die Betroffenen einen separaten Etat.

Für Ärger sorgt auch, dass die Tagesmütter kein Geld bekommen, wenn eine Familie kurzfristig abspringt. Zum Problem wird das vor allem bei Kindern, deren Betreuungskosten komplett vom Jugendamt übernommen werden. "Hier bekommen die Frauen von einem Tag auf den anderen kein Geld mehr, wenn etwa eine Flüchtlingsfamilie wegzieht", kritisiert Kuch. Das sei auch mit Blick auf den hohen Aufwand bei der Integration nicht vertretbar.

Ohnehin haben die Tageseltern manchmal das Gefühl, die Lückenbüßer in der Kinderbetreuung zu sein. So kommen manchmal Anfragen für eine Ferienbetreuung oder Familien wollen die zwei, drei Monate überbrücken, bis der Kita-Platz frei ist. Davon aber könnten die Betroffenen, die selbstständig arbeiten, nicht leben, so das Familienbüro.

Anfang Februar startet ein neuer Kurs für angehende Tageseltern, einige Plätze sind noch frei. Mehr Informationen im Internet unter www.fmf-familienbuero.de

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