Terminator im Kindergarten

12.10.2010, 22:57 Uhr
Terminator im Kindergarten

© privat

Terminator im Kindergarten

Als er drei Jahre alt war, schaute Davide Gisolia seinen ersten Horrorfilm. Er lief gerade im Fernsehen, und seine Eltern hatten es sich auf dem Sofa gemütlich gemacht. Der kleine Davide sollte schon längst schlafen. Stattdessen schlich er sich von hinten an, blieb mucksmäuschenstill und starrte wie gebannt auf die Szenen von „Freitag, der 13., Teil 8“. Angst hatte er nicht. Er bekam auch keine Albträume von dem blutigen Gemetzel. Aber er war fasziniert. „Wie funktioniert das denn, wenn das alles nicht echt ist?“, fragte er seinen Vater.

Robocop mit Pappbrille

Einige Wochen darauf stand sein Entschluss fest: „Mama, ich mach’ jetzt einen Film.“ Während sein Vater das Stativ für die Kamera aufbaute, verwandelte Davide sich in Robocop — samt selbst gebastelter Pappbrille und Umhang — und belehrte seine Mutter, wann sie „Action“ sagen müsse. Wenn er heute das Video anschaut, schlägt er die Hände über dem Kopf zusammen. „Mein Gott, war ich bescheuert!“, prustet er. Und seine Mutter kommentiert: „Tja, wenn Davide etwas will, dann macht er das auch.“

In der 3. Klasse schrieb er, er wolle „Reschesör“ werden. Woraufhin seine Lehrerin beim Elternabend besorgt anmerkte, er solle doch lieber über einen echten Beruf nachdenken. Doch von Filmen hielten ihn seine Eltern, die aus dem italienischen Calabrien stammen, nie fern. Davides Vater arbeitet in einer Pizzeria, seine Mutter ist Fußpflegerin. Andere hätten ihre Spösslinge beim Anblick von „Terminator“ wohl schleunigst ins Bett geschickt. Die Grisolias nicht.

„Diese Filme haben mich geprägt“, meint Davide heute. Eines seiner ersten Spielzeuge war eine Terminator-Figur, der er den Arm rot anmalte, wie Blut. Seine Kindergarten-Freunde fanden das befremdlich, für ihn war es schlicht kreativ.

Heute, mit 17, hat Davide schon etliche eigene Werke im Schrank aufgereiht. Mit „L.B. — Deadly Determination of Cards“ (Tödliche Bestimmung der Karten) gewann er im März den Publikumspreis des Mittelfränkischen Jugendfilmfestivals. „Da stand mir das Herz zehn Sekunden lang still“, sagt er. „Es war ein cooles Gefühl, meinen eigenen Film im Kino zu sehen.“ Besonders, weil dieser kein typischer Preis-Anwärter ist: Eine halbe Stunde lang dreht sich alles um einen ehemaligen Polizisten, der einen Mörder jagt. Es wird geprügelt, es fließt Blut, es gibt Tote. Darauf, dass das Publikum Szenenapplaus spendete, ist der junge Regisseur heute noch stolz.

Immer einen Plan B, C und D

„Dass ich mal so was schaffen würde, hätte früher niemand geglaubt“, sagt er. In der 1. Klasse wäre er fast auf die Sonderschule gekommen, weil er so schlecht Deutsch sprach. Zu Hause redet Familie Grisolia bis heute nur Italienisch. Doch Davide boxte sich durch, bestand die mittlere Reife und paukt jetzt fürs Fachabitur. Sein eigenes Label hat er auch schon entworfen: Davide Grisolia Films (DGF).



Vielleicht will er irgendwann auf die Filmhochschule, vielleicht auch in die USA. Er lässt das auf sich zukommen — ganz anders als beim Filmemachen. „Da habe ich nicht nur einen Plan B, sondern immer auch einen Plan C, D, E und F“, erklärt er.

Davide ist ehrgeizig, das sagt auch sein Kameramann und Kumpel Stefan Holzer (18): Bevor eine Szene nicht perfekt sei, gebe er sich nicht zufrieden. Zu Hause in Roßtal, an seinem Computer, verbringt Davide viele Nachmittage. Mittlerweile hat er gelernt, wie er Effekte und Animationen einbauen und selbst Filmmusik am PC komponieren kann.

Endlich berühmt sein

In einer Ecke seines Zimmers steht ein großer Plasma-Fernseher, in einem Regal neben dem Bett sind drei Plastik-Oscars aufgereiht, die ihm Freunde geschenkt haben. Im Schrank hängt ein weißer Anzug — gekauft für die nächste Preisverleihung. Sein Allerheiligstes aber, seine DVD-Sammlung, befindet sich in einem hohen, verschließbaren Schrank — gesichert durch einen fiependen Alarm.

Unordnung kann Davide nicht ausstehen. Und auch seine Ziele hat er klar vor Augen: Gleich mehrere Filme will er diesmal beim Mittelfränkischen Jugendfilmfestival einreichen. Nach einigen Horror- und Science-Fiction-Streifen soll nun in den kommenden Herbstferien sein erstes Drama entstehen. So etwas, meint er, komme bei den Juroren immer besser an.

In eine Richtung drängen lassen will Davide sich aber nicht: Lieber träumt er von einem unabhängigen Low-Budget-Film als von Hollywood. Und sein Vorbild ist nicht Steven Spielberg, sondern der italienische Regisseur Roberto Begnini. „Ich will eben auf eigene Faust berühmt werden“, sagt er. Für ihn ist das beschlossene Sache.

Wenn ihr jetzt auch Blut geleckt oder selbst schon längst einen eigenen Film gedreht habt: Beiträge für das 23. Mittelfränkische Jugendfilmfestival könnt ihr noch bis zum 1. Dezember einreichen. Mitmachen dürfen alle Jugendlichen aus Mittelfranken von 12 bis 26 Jahren. Die Filme sollten nicht länger als 30 Minuten sein und müssen dieses oder vergangenes Jahr gedreht worden sein. Mehr Infos sowie den Anmeldebogen gibt‘s unter www.jugendfilmfestival.de