Tierversuche in Nürnberg: Klinikum weitet Tests aus

27.8.2019, 18:04 Uhr
Immer wieder werden Tiere - besonders Ratten - bei medizinischen Studien eingesetzt. (Symbolbild)

© Friso Gentsch/dpa Immer wieder werden Tiere - besonders Ratten - bei medizinischen Studien eingesetzt. (Symbolbild)

Das teilte die Regierung von Unterfranken auf Nachfrage der Aktionsgruppe Tierrechte Bayern mit. Die Tierschutzinitiative kritisiert diesen Schritt stark. "Schlimm genug, dass seit Monaten an Dutzenden Ratten geforscht werden darf. Die nun beabsichtigte Ausweitung der Versuche ist ein Schritt in die vollkommen falsche Richtung. Wir befürchte, dass nun noch mehr Mäuse und Ratten in sinnlosen Versuchen leiden und sterben müssen", erklärt Simon Fischer, Mitbegründer und Sprecher der Aktionsgruppe.

Die Tierschutzinitiative fordert das Nordklinikum und die Verantwortlichen der Privatuniversität auf, Transparenz zu schaffen. "Völlig unbekannt ist derzeit, welche Versuche bereits seit Frühjahr hinter verschlossenen Türen stattfinden, wie viele Tiere dafür bereits ihr Leben lassen mussten, welche Ergebnisse die erste Versuchsreihe bereits geliefert hat, ob die zweite Versuchsreihe die erste Versuchsreihe ablöst, oder parallel dazu läuft, ob Studierende an den Tieren forschen dürfen, welches Ziel die neue Versuchsreihe hat und ob die Universität die Beantragung weiterer Versuchsreihen plant“, zählt Fischer auf.

Regierung von Unterfranken prüft

Das Klinikum Nürnberg erklärt auf Nachfrage der Redaktion, dass es bei der zweiten Reihe um die ursprünglich geplante Versuchsreihe zum Thema "Bänderrekonstruktion mittels Tissue-Engineering" geht. Beim Tissue-Engineering entwickeln Forscher Verfahren, wie "in vitro" – also außerhalb eines lebenden Organismus – neues Gewebe, in diesem Fall Bändergewebe, hergestellt werden kann.

 

Der Antrag, so Sprecher Bernd Siegler weiter, werde nun von der Regierung von Unterfranken geprüft und, wenn alle Voraussetzungen dafür gegeben sind, genehmigt. Wann dies der Fall sein wird, sei jetzt noch nicht abzusehen.

Genehmigung nur, wenn es keine Alternativen gibt

"Der Gesetzgeber erlaubt Tierversuche nur unter Einhaltung strengster Vorgaben und falls die Gewinnung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse auf anderem Wege nicht zu erzielen ist", so Siegler. Der Nachweis der Alternativlosigkeit sei gegenüber der Regierung von Unterfranken bei jedem einzelnen Genehmigungsverfahren für jedes Versuchsvorhaben darzulegen. "Eine Genehmigung für die Forschung am Tiermodell wird nur dann erteilt, wenn es keine geeigneten alternativen Testverfahren gibt."

Tierversuchsanträge und Details geplanter Forschungsvorhaben werden üblicherweise sowohl durch Forschende, Tierschutzbeauftragte wie auch Behörden vertraulich behandelt und nicht öffentlich diskutiert, erläutert der Sprecher weiter. Die Ergebnisse von Studien, Versuchsreihen und die Beschreibung verwendeter Tiermodelle würden nach deren Abschluss in einschlägigen wissenschaftlichen Medien publiziert und somit der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt.

Erste Versuchsreihe zu Diabetisforschung

Im Rahmen des Medizinstudiums an der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität, so Siegler weiter, erfolgen keine Forschungsvorhaben am Tiermodell, im Curriculum sei eine Mitarbeit daran auch nicht vorgesehen.

Die erste Versuchsreihe läuft - wie bereits mehrfach berichtet - im Bereich Diabetesforschung. "Diabetes mellitus ist einer der wichtigsten Risikofaktoren für Blutgefäßveränderungen und damit für die Entwicklung von schweren Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die eine der häufigsten Todesursachen darstellen", heißt es in einer Stellungnahme des Klinikums dazu. Eine häufige Gefäßveränderung ist die sogenannte Neointimale Hyperplasie. Dabei kommt es zu einer Verdickung und später zu einer Verkalkung der Gefäßwand. In der Versuchsreihe soll ermittelt werden, ob Vitamin K 2 vor dieser Gefäßveränderung schützen kann.

Die jetzt neu beantragte Versuchsreihe zur Bänderrekonstruktion war Anfang 2019 zunächst einmal wieder aufgekündigt worden. "Dieses Versuchsverfahren ist weiterhin in Planung, ein Zeithorizont ist derzeit aber noch nicht anvisiert“, schrieb das Klinikum damals dazu.