Tod in der Südstadt: Stach der Angeklagte aus Notwehr zu?

23.10.2013, 08:37 Uhr
Im Januar endete eine Auseinandersetzung zwischen zwei Männern in der Südstadt mit dem Tod eines der beiden.

© News5 / Ott Im Januar endete eine Auseinandersetzung zwischen zwei Männern in der Südstadt mit dem Tod eines der beiden.

Die Anklage findet drastische Worte: „Für mich hat das den Geschmack einer fast symbolischen Vernichtung“, konstatiert Oberstaatsanwalt Thomas Strohmeier im historischen Sitzungssaal 600. Mit 44 Messerstichen soll der geständige Angeklagte Anfang Januar in der Südstadt den neuen Freund seiner Exfrau getötet haben. Zweimal brachten Passanten den Angreifer kurz von seinem Opfer ab; doch dieser kehrte beide Male zurück und stach weiter auf den am Boden liegenden 27-Jährigen ein.

Obwohl es kurz vor der Attacke eine verbale Auseinandersetzung mit einer Rangelei gegeben habe, habe der Getötete nicht damit rechnen können, dass ihn sein Kontrahent mit einem Messer angreifen würde - zumal der Angeklagte die Waffe versteckt hatte. Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers seien gegeben und damit die Heimtücke des Angreifers, die eben einen Mord und keinen Totschlag begründe.

Ähnlich argumentierte die Nebenklage, die den Vater und Bruder des Getöteten vertritt. Die tödlichen Stichverletzungen zeigten, mit welcher Brutalität der Angeklagte gehandelt habe, analysierte Rechtsanwalt Jahn-Rüdiger Albert, ehe er sich an den meist zu Boden blickenden Angeklagten wandte: „Es wurde kein Wort gesprochen. Weil Sie ganz bewusst einen Menschen auslöschen wollten.“

Anders als die Staatsanwaltschaft sieht die Nebenklage nicht verschmähte Liebe als Motiv, sondern den Wunsch nach Macht und verquere Überzeugungen. Der Arbeitslose habe es nicht ertragen können, dass seine Exfrau nach der Trennung einen neuen Partner gefunden habe, diesen heiraten und mit ihm das Kind aus erster Ehe großziehen wollte.

Die furchtbare Tat täusche darüber hinweg, dass sich die Situation auch ganz anders abgespielt haben könnte, sagte indes Verteidiger Lars Kittel. Sein Mandant habe mit dem eilig gekauften Küchenmesser nur drohen wollen, habe sich im Streit seinem Kontrahenten unterlegen gefühlt und in Notwehr zugestochen. Deshalb forderte der Anwalt einen Freispruch.

Arbeit und Wohnung verloren

Ob diese eher ungewöhnliche Verteidigungsstrategie aufgeht, wird sich am Dienstag zeigen, wenn die fünfte Strafkammer ihr Urteil fällt. Ein psychiatrischer Sachverständiger hatte dem wegen Leistungserschleichung, vorsätzlicher Körperverletzung, Beleidigung, Sachbeschädigung und unerlaubten Entfernens vom Unfallort vorbestraften Angeklagten Gesundheit und damit volle Schuldfähigkeit attestiert.

Allerdings sei der 37-Jährige mit der Trennung von seiner Frau nicht zurechtgekommen, habe Arbeit und Wohnung verloren und sei ins Glücksspiel abgerutscht.

Eine einzelne Kränkung, die eine Affekttat ausgelöst haben könnte, habe er nicht ausmachen können, so der Gutachter. Der Angeklagte brachte mit seinem letzten Wort einen Freund der Opferfamilie zum lautstarken Widerspruch, weshalb ihn der Richter des Saales verwies. Der Messerstecher entschuldigte sich bei seiner Exfrau, seinem Kind und der Familie des Opfers, beharrte aber darauf, von dem 27-Jährigen provoziert worden zu sein.

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