Trotz Corona: Immobilien boomen in Nürnberg - Bauplätze knapp

20.10.2020, 06:00 Uhr
Trotz Corona: Immobilien boomen in Nürnberg - Bauplätze knapp

Mieten und Immobilienpreise steigen – das hat mittlerweile wohl jeder Nürnberger oder Nürnberg-Interessent mitbekommen. Nur: Wie genau muss die Stadt handeln, um weiterhin ausreichend bezahlbaren und hochwertigen Wohnraum für alle Gesellschaftsschichten anbieten zu können? Wie kann es gelingen, dass Familien künftig in der Stadt bleiben, statt als Reaktion auf die steigenden Preise mehr und mehr aufs Land zu ziehen?

"Wir brauchen eine genaue Faktenbasis", sagt Wirtschaftsreferent Michael Fraas. Eine, die nicht nur die ganze Stadt, sondern auch alle Quartiere und Zielgruppen analysiert. Und genau die hat die Stadt mit ihrer Broschüre "Wohnungsmarktbeobachtung 2019" nun vorgelegt – es ist die dritte Auflage der Broschüre, mittlerweile sind einige Trends abzulesen.

Geringe Chancen für Geringverdiener

Eine Erkenntnis daraus: Die Preise steigen weiter – und zwar egal, ob es sich um eine Wohnung, ein Doppel-, Reihen- oder Einfamilienhaus handelt. Besonders hoch sind die Preissteigerungen aber bei den Eigentumswohnungen, insbesondere bei Neubauten. Die kosteten im vergangenen Jahr im Schnitt 4900 Euro pro Quadratmeter – das sind 40 Prozent mehr als noch drei Jahre zuvor. Bestandswohnungen kosteten mit 2500 Euro pro Quadratmeter etwa die Hälfte. An dem Trend ändert übrigens auch Corona nichts. Anders als etwa in Hamburg hat er sich nicht abgeflacht. "Das Geld ist da", sagt Fraas, "es muss investiert werden."

Auch die Mieten sind gestiegen – allerdings nicht in dem Ausmaß wie die Preise für den Immobilienerwerb. Bestandsimmobilien wurden je nach Wohnlage für 9,14 bis 10,04 Euro pro Quadratmeter angeboten. In Neubauten wurden im Schnitt 12,25 Euro (2016: 11,76 Euro) für den Quadratmeter fällig.

Stadt setzt auf Großprojekte

Kein Wunder, dass sich gerade Haushalte, auf dem Wohnungsmarkt schwer tun, die weniger Geld zur Verfügung haben. Die Broschüre macht einen eindeutigen Verlierer aus: Haushalte mit einem geringen Einkommen, die keinen Anspruch auf Transferleistungen haben. Die müssen mittlerweile deutlich mehr als die als angemessen geltenden 30 Prozent ihres Einkommens für Wohnkosten aufwenden.

Die Folge: Immer mehr Familien mit Kindern kehren der Stadt den Rücken. Abgelesen wird das am Fortzug der jeweiligen Altersgruppen aus der Stadt. Und der ist bei den unter Sechsjährigen höher als bei den anderen Altersgruppen. Mittlerweile verliert die Stadt jährlich etwa 15.000 Haushalte mit kleinen Kindern ans Umland – eine Entwicklung, die die Stadt nicht zulassen möchte. Im Sommer 2018 befragte sie deshalb 200 Familien über ihre Wohnwünsche. Kaum überraschend: Am wichtigsten ist den Betroffenen bezahlbarer Wohnraum.

Nur: Woher soll der kommen? Nürnberg hat beim Verkauf städtischer Grundstücke bereits einige Weichen gestellt: So werden diese etwa nicht mehr an denjenigen verkauft, der das meiste Geld dafür bezahlt, sondern an denjenigen, der das beste familienfreundliche Konzept hat. Ebenfalls wichtig: Die Schaffung von neuem Wohnraum. Die Stadt wächst nämlich rasant. Geht man von einer mittleren Prognose aus, dann leben im Jahr 2035 nicht mehr wie jetzt 535.000, sondern 559.000 Menschen in Nürnberg. Und die brauchen Platz.

Statt der bislang vorhandenen 297.000 Wohnungen sind dann 313.000 nötig. Und weil bis dahin auch einige Wohnungen aus dem Bestand fallen (etwa, weil sich die Sanierung nicht mehr lohnt), müssen in den kommenden Jahren 27.000 Wohnungen gebaut werden. Allein bis 2025 müssen 2000 neue Wohnungen bereit stehen – pro Jahr. Mit ein paar kleinen Häusern ist das nicht zu bewerkstelligen. "Einen wesentlichen Beitrag zur Deckung des Bedarfs werden die Großprojekte leisten, welche die Stadt Nürnberg in den vergangenen Jahren auf den Weg gebracht hat wie die Entwicklungen in Wetzendorf, Tiefes Feld, ehemaliges Quelle-Areal und rund um die Brunecker Straße", sagt Fraas.

Das Problem nur: Es fehlen weitere Flächen. Das macht sich mittlerweile auch bei der Einschätzung von Bauträgern und anderen Akteuren auf dem Wohnungsmarkt bemerkbar. Haben die in der Vergangenheit noch angegeben, dass das Hauptproblem die hohen Baulandpreise sind, gibt es laut der Wohnungsmarktbeobachtung mittlerweile ein ganz anderes Hauptproblem: Es gibt nicht genug Bauland.

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