Trump erhält mehr Stimmen als bei Wahl vor vier Jahren

11.11.2020, 22:13 Uhr
Ein verärgerter Anhänger von US-Präsident Trump gestikuliert in einer Menge feiernder Demonstranten nach den Präsidentschaftswahlen.

© John Minchillo, dpa Ein verärgerter Anhänger von US-Präsident Trump gestikuliert in einer Menge feiernder Demonstranten nach den Präsidentschaftswahlen.

In den letzten Tagen wurde ich mehrmals von Freunden in Deutschland gefragt, wie 70 Millionen Amerikaner Donald Trump wählen konnten. Wie kann es sein, dass sie nach vier Jahren diesen Präsidenten im Amt bestätigen wollten? Die Antwort ist eigentlich ganz einfach, Trump lieferte das, was sie haben und hören wollten.

So viele Stimmen wie kein amtierender Präsident zuvor

Donald Trump ist durchaus erfolgreich aus dieser Wahl hervorgegangen. Nicht nur, dass er seine Wählerbasis von 2016 halten konnte, er schaffte es auch neue Wählergruppen anzusprechen, darunter traditionelle demokratische Unterstützer. Aus diesem Grund gab es nicht diese erwartete und von vielen erhoffte “blue wave”, die blaue Welle des demokratischen Flächensieges. Trump erhielt so viele Stimmen wie zuvor kein Präsident im Amt. Das ist historisch.


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Seine Wählerinnen und Wähler sahen in ihm einen erfolgreichen Präsidenten, der seine Wahlversprechen von 2016 einlöste, “promises made, promises kept” war einer der Wahlkampfslogans in diesem Jahr. Trump schaffte es damit und mit dem wirtschaftlichen Erfolg der USA bei Afro-Amerikanern, Latinos und selbst in der LGBTQ Community zu punkten. Die Arbeitslosigkeit vor dem Ausbruch der Pandemie war so niedrig, wie noch nie zuvor. Und ganz ehrlich, ohne Corona wäre Donald Trump problemlos wiedergewählt worden.

Trump lieferte, der Mauerbau an der Südgrenze wurde voran getrieben, die Steuern wurden gesenkt, die Gesundheitsreform, “Obamacare”, wurde fast vollständig abgeschafft, Umwelt- und Arbeitsschutzregularien wurden ausgesetzt, die religiöse Rechte im Land gestärkt, restriktive Waffengesetze bekämpft. Trump regierte für seine Basis, die weiterhin zu ihm stand.

Nationalismus und Polarisierung

Hinzu kam, dass der Präsident nie aufhörte Wahlkampf zu führen. Durch seine Massenveranstaltungen hielt er seine Leute bei der Stange, ließ sich und ließ sie feiern. Er gab ihnen den Glauben an die auserwählte Nation wieder, spielte ganz offen mit Nationalismus und das mit einem rassistischen Unterton. Die Polarisierung Amerikas wurde somit nur verstärkt.

Der Ruf “America First” kam an im “Heartland” der USA. Das machte sich auch in den Produkten bemerkbar. “Made in USA” tauchte immer mehr auf, damit wurde richtiggehend Werbung gemacht. Es schuf Arbeitsplätze, doch die Produkte, die nun hier hergestellt werden, können sich viele der Trump Wähler gar nicht leisten. Ein in den USA genähtes T-Shirt kostet 20 Dollar aufwärts. Kein Vergleich zum Dreierpack bei WalMart für 9.99 $, importiert aus Südostasien.

Die Einkommensschere ging auch unter Donald Trump weiter auseinander. Viele seiner Wählerinnen und Wähler glaubten die Mär, dass sie Teil der amerikanischen Mittelschicht seien und füchteten höhere Steuern unter einem Präsidenten Joe Biden. Dieser betonte zwar, niemand unter einem Jahreseinkommen von 400.000 Dollar, das sind monatlich mehr als 33.000 Dollar, würde stärker belastet werden, doch was Trumps Basis hörte war – Steuererhöhung. Sie glaubten Trump, dass Biden sie belasten werde.

Schreckgespenst Sozialismus

Und dann war da auch noch das Schreckgespenst vom Sozialismus in den USA. Florida ging an Donald Trump, weil dort die Exil-Kubaner und Einwanderer aus Venezuela und Kolumbien wahrhaftig Trumps Message glaubten, dass Joe Biden und seine Demokraten die Vereinigten Staaten von Amerika auf Fidel Castro Kurs bringen wollten.


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Genau das hämmerte Trump und seine Unterstützer immer und immer wieder auf das Wahlvolk ein. In etlichen Gesprächen mit Wählerinnen und Wählern hier in Kalifornien und Arizona konnte ich das hören, Donald Trump, der Kämpfer gegen den Sozialismus. Und ja, auch dass er von Gott gesandt wurde, um die Vereinigten Staaten in dieser Sinnkrise, in diesem Kampf der Kulturen zu retten.

Manchmal wirkte all das durchaus sektenmäßig. Der starke Mann, dem die Massen zujubeln, ihm blind folgen, selbst seinen offensichtlichen Lügen und verdrehten Wahrheiten glauben, sie verteidigen, sie weitergeben. Sie folgen ihm auch nach der verlorenen Wahl. Und genau das wird zu einem großen Problem für die USA werden. Der Wahlausgang wird angezweifelt, gerade weil Donald Trump diese Niederlage nicht eingestehen kann, will und wird. Auf dieses Land kommen nun sehr schwierige Zeiten zu. Trump ist weg, doch der Trumpismus lebt weiter.

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