«Unser Supermarkt muss erhalten bleiben“

11.1.2006, 00:00 Uhr
«Unser Supermarkt muss erhalten bleiben“

«Nah und gut“: der Name des Edeka-Ladens in der Bauernfeindstraße 20 ist für Inhaber Karl Krufczyk Programm. Seit vier Jahren versorgt er die rund 4000 Bewohner der Eisenbahner-Siedlung mit allem, was der Mensch zum täglichen Leben so braucht: Obst und Gemüse, Frischfleisch und Wurst, Getränke, Tiefkühlkost, Konserven und Drogerieartikel zählen zum Sortiment.

Noch vor Weihnachten hing die Nahversorgung am Rangierbahnhof am seidenen Faden: Der Hauptpächter Edeka will die 1985 eröffnete Filiale nicht mehr weiter betreiben. Grund: Stetig sinkende Umsätze. Mit rund 500 Quadratmetern Fläche inklusive Lager sei das Geschäft einfach zu klein, um mit den überall aus dem Boden schießenden Discountern zu konkurrieren. Zudem wohnten in der Siedlung vorwiegend ältere Leute. «Die brauchen nicht viel, da fehlt die Kaufkraft. Und von Restkäufen wie Milch und Butter kann ich nicht überleben“, erklärt Krufczyk. Schließlich sind die monatlichen Fixkosten hoch: Allein für Strom gibt der Händler nach eigenen Angaben jeden Monat 1800 Euro aus. Mindestens vier Beschäftigte seien nötig, um 51 Stunden Wochen-Öffnungszeit abzudecken, rechnet er vor. Klar, dass die Preise etwas höher sind, als bei den Discountern im nahen Langwasser. Und die U-Bahn ist nicht weit.

Selbst schuld

Für manchen gehbehinderten Rentner schon. «Unser Supermarkt muss erhalten bleiben, schon wegen der vielen alten Leute hier“, meint Kundin Ingrid Hartung (64), selbst noch gut zu Fuß. Auch sie deckt freilich nur einen Teil ihres Bedarfs hier, kauft den Rest bei Aldi, Lidl und Co. «Die Leute sind selbst schuld, wenn der letzte Supermarkt im Viertel zumacht“, zuckt SPD-Stadtrat Lorenz Gradl mit den Schultern. Diese Entwicklung wollte der Grundeigentümer, die Baugenossenschaft des Eisenbahnpersonals, nicht tatenlos hinnehmen. Sie verhandelte mit Krufczyk über einen Folgevertrag — mit Erfolg, allerdings auf dessen Wunsch nur probeweise für ein weiteres Jahr. «Wir gehen mit der Pacht deutlich runter“, verrät Franz Haubner, Geschäftsführer der Genossenschaft.

Andere ernst zu nehmende Interessenten gebe es nämlich nicht: «Wir haben uns intensiv um einen Nachpächter bemüht, doch es gibt sonst niemanden, der sich das traut.“ Kopfzerbrechen bereiten Krufczyk die Entsorgungskosten für die Ladeneinrichtung, rund 10 000 Euro, die an ihm hängen bleiben, wenn er in einem Jahr dann doch endgültig zusperren müsste. Zumal auch sein zweiter, etwas größerer Supermarkt in der Imbuschstraße in Langwasser nicht mehr so gut läuft, seit das Kaufland im Langwasser-Center eröffnet hat.

Mit Nachdruck

Franz Haubner und Lorenz Gradl appellieren deshalb mit Nachdruck an die Genossenschafts-Mieter und Stadtteilbewohner, den mutigen Einzelhändler mit größeren und regelmäßigen Einkäufen zu unterstützen.