Meinung und Hintergrund

Unter Druck: Gesundheitsreferentin Walthelm muss umgehend liefern

18.5.2021, 17:54 Uhr
Gesundheits- und Umweltreferentin Britta Walthelm (2.v.re.) mit Nürnbergs OB Marcus König und Helfern Ende März bei der Vorstellung der neuen Impfstation im Nürnberger City-Point. 

© Michael Matejka Gesundheits- und Umweltreferentin Britta Walthelm (2.v.re.) mit Nürnbergs OB Marcus König und Helfern Ende März bei der Vorstellung der neuen Impfstation im Nürnberger City-Point. 

Als vor gut einer Woche die offizielle Sieben-Tage-Inzidenz in Nürnberg beinahe sprunghaft auf rund 222 gestiegen war, schrillten im Rathaus die Alarmglocken. Das war mit den großstadttypisch höheren Belastungen nicht zu erklären. Tatsächlich hatten, so stellte sich heraus, fehlerhafte Doppelmeldungen zu dem Anstieg geführt, nicht etwa mehr neue Infektionen. Die Bereinigung der Statistik sorgte tatsächlich alsbald für einen Abwärtstrend - inzwischen ist sogar die wichtige Marke 100 in greifbare Nähe gerückt.

Die Panne war umso ärgerlicher, als alles weiterhin allein von den Inzidenzwerten abhängig gemacht wird und die Einschränkungen immer schwerer zu ertragen sind. Dass es die bereinigten Zahlen tatsächlich eher erlaubt hätten, auch nur ein Geschäft mehr zu öffnen oder Kinder früher in die Schule zu schicken, ist indes - auch wenn manche das glauben - nicht zu belegen.

Neben der Frage nach der Ursache stellte sich alsbald die nach der Verantwortung: Kann die Referentin wirklich nichts dafür? Hat sie ihren Geschäftsbereich womöglich nicht "im Griff"? Ist sie einfach überfordert? Klar ist: Walthelms Schwerpunkt liegt eher im Umweltbereich. Den Gesundheitssektor hat sie mitgeerbt - was (ihr) da blüht, war bei ihrer Wahl nicht abzusehen.

Gut gesichert

Als kommunale Wahlbeamtin könnte sie allerdings, solange ihr keine ernsthaften Dienstvergehen nachzuweisen sind, nicht einfach aus dem Amt gekegelt werden. Und das ist gut so: Sachliche Kontinuität fällt stärker ins Gewicht als eventuelle Stimmungsschwankungen im Stadtrat oder beim Stadtoberhaupt. Mit ihr tauschen mag in der aktuellen Situation dennoch vermutlich auch niemand - oder ihr auch "nur" das derzeit undankbare Gesundheitsressort abnehmen.

Als Walthelm dann vor einem Jahr das Ruder übernahm, war die Pandemie längst das alles bestimmende Thema - und das Gesundheitsamt wuchs um das Drei- bis Vierfache seiner früheren Größe. Dabei sind unter den aktuell rund 430 Mitarbeitern viele, die aus anderen Behörden und Ämter hier aushelfen sollen oder müssen, andere wurden von außen neu eingestellt, auch aus der freien Wirtschaft. Und die Fluktuation ist hoch. Immer wieder müssen Leute neu eingearbeitet werden. Dazu kamen Wechsel bei Computersystem und - am laufenden Band - von Vorgaben aus den Ministerien. Hier für Verlässlichkeit zu sorgen, bleibt eine Herausforderung.

In einem anderen Punkt hatte sich Walthelm allerdings selbst ins Abseits manövriert: In der Diskussion um die Veröffentlichung der Inzidenzwerte in den einzelnen Stadtteilen wollte sie am liebsten gar keine Daten publik machen. Dabei reden sich die Menschen darüber längst die Köpfe heiß - mehr Transparenz könnte und sollte hier einfach zu einer Versachlichung beitragen.

Hausaufgabe mit "Eilt"-Vermerk

Genau dafür hat sich Oberbürgermeister Marcus König Ende vergangener Woche entschieden: Ab diesem Mittwoch sollen auch Detaildaten öffentlich zugänglich sein. Zugleich muss die Gesundheitsreferentin kurzfristig - und nicht erst nach womöglich langem Hin und Her - eine schlüssige Vorlage zur Problemlösung präsentieren. Im Kern sind wohl einschneidende Strukturveränderungen im Gesundheitsamt zu erwarten; die Amtsleitung dürfte nicht ungeschoren davon kommen. Wenn sie die Stadträte damit überzeugt, hätte Walthelm den Kopf aus der Schlinge gezogen.

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