Schwimmkurse

Unterricht darf wieder stattfinden: Schwimmschule ertrinkt in Arbeit

12.6.2021, 10:35 Uhr
Schwimmkurse für Kinder sind wichtig, können sogar Leben retten.

© Stefan Hippel Schwimmkurse für Kinder sind wichtig, können sogar Leben retten.

In den Pfingstferien, als die Reiselust der Deutschen sich wieder Bahn brechen konnte, gab es reichlich Bilder auf WhatsApp und Instagram. Unser Urlaubsort, unser Ferienhaus und: unser Pool. Gerade Letztgenanntes ist für Eltern und Kinder ein gern gesehenes Extra, bietet aber eine häufig unterschätzte Gefahr. "Es genügen wenige Sekunden der Unaufmerksamkeit, die verheerende Folgen haben", sagt DLRG-Sprecher. 2020 ertranken 23 Kinder im Alter zwischen 0 und 10 Jahren.

Da aber auch die professionellen Lebensretter wissen, dass Warnungen oft mit einen gleichgültigen "Ja, ja" zur Kenntnis genommen werden, greifen auch sie mittlerweile zu drastischen Methoden. Zum aktuellen Start der Badesaison gibt es ein Video der Gesellschaft, das sich gerade über die Netzwerke verbreitet. Zu sehen ist eine Mutter, die mit dem Handy am Strand Aufnahmen macht, während im Hintergrund das Kind Muscheln sammelt. Sie filmt es kurz, widmet sich dann aber anderen Motiven. Nach einem Schnitt sieht man die weinende Mutter allein am Strand sitzen. Immer wieder sieht sie sich das Video an, das letzte, auf dem ihr Kind zu sehen ist. "Bleib bei deinem Kind - bevor es zu spät ist", wird eingeblendet.

Der gefährliche Pool im Hotel Die spielenden Kinder im Auge zu behalten - ob am Hotelpool, am See oder am Meer und selbst im Planschbecken -, das ist die eine Säule, mit der die DLRG und weitere Wasserwachten versuchen, die Zahl der Ertrinkungsunfälle zu reduzieren. Zusätzlich zu den eigenen Aufsichten, die die Organisationen überwiegend mit Ehrenamtlichen selbst stemmen. Ein weiterer wichtiger Punkt aber sei es, dass die Kinder lernen, sicher zu schwimmen. Und hier ist schon seit einigen Jahren die Frage, wie das funktionieren soll. Seitens der Schulen heißt es immer wieder: Wir können das Defizit allein nicht auffangen.

Ins Wasser geworfen

Doch auch die Eltern sind hier nicht immer die besten Lehrer. "Ich erinnere mich heute noch mit Schrecken daran, dass mein Vater mich einfach in den See geworfen hat, damit ich schwimmen lerne", berichtet Eva L. Die 37-Jährige hat vor drei Jahren einen Erwachsenenschwimmkurs in Nürnberg gemacht und dabei erst nach und nach die Angst reduzieren können. "Mein Vater hat damals gesagt, das habe sein Vater mit ihm auch so gemacht", sagt sie.

Den Kleinen macht der Schwimmunterricht oft auch Spaß - im Erwachsenenalter wird es schwieriger, aber nicht unmöglich.  

Den Kleinen macht der Schwimmunterricht oft auch Spaß - im Erwachsenenalter wird es schwieriger, aber nicht unmöglich.   © André De Geare

Manchmal sind es aber auch die Eltern, die ihrerseits Angst vor Wasser haben und diese bewusst oder unbewusst an den Nachwuchs weitergeben. Wer selbst Panik bekommt, sobald ihm das Wasser sprichwörtlich bis zum Hals steht, kann schwerlich Sicherheit vermitteln. Die Schwimmschulen haben also eine bedeutende Aufgabe - der sie allerdings in den vergangenen 14 Monaten nicht nachkommen konnten, weswegen sie nun nahezu überrannt werden.

Kursbäder fehlen

"Auf meinem Drucker liegen 200 ausgedruckte Mails", sagt Hans Bär, Leiter der gleichnamigen Schwimmschule, die normalerweise Kurse in Nürnberg, Fürth, Erlangen, Adelsdorf und Umgebung anbietet. Am Montag kann es endlich wieder losgehen. In Nürnberg im Ritterbad. "Zunächst mal sind natürlich die an der Reihe, die sich schon im vergangenen Jahr angemeldet haben", sagt Bär. Neuanmeldungen kommen dazu, aber geeignete Kursbäder fehlen. Dennoch rät Bär Eltern zur Anmeldung, denn irgendwie müsse man das Defizit wieder reinholen.

Unter Aufsicht in kleinen Gruppen fühlen sich die Kinder sicher. 

Unter Aufsicht in kleinen Gruppen fühlen sich die Kinder sicher.  © Jens Büttner, NN

Mit Blick auf den bevorstehenden Sommer sieht sich Bär in der Pflicht: "Die Menschen werden nach der Zeit zu Hause ein großes Bedürfnis haben, an die Badeseen zu gehen – gerade dort ist es erforderlich, sicher schwimmen zu können." 30 Grad sind nötig Ein Freibad sei ungeeignet für Schwimmunterricht, findet Hans Bär, dessen Schwimmschule als Familienunternehmen geführt wird. Das Wasser zu kalt, die Tiefe nicht kontinuierlich, zu viel Action drumherum. "Man braucht mindestens 30 Grad, eine ruhige Atmosphäre und kleine Gruppen von sechs bis sieben Kindern pro Schwimmlehrer." Etwa 100.000 Kindern, so schätzt Bär, habe seine Schwimmschule in den vergangenen 15 Jahren das Schwimmen gelehrt. Sie werden jetzt im Sommer das Wasser gefahrlos genießen können.

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