Ideensammlung im Burggraben

"Urbane Gartenschau" in Nürnberg: Skepsis und viele Fragen

2.10.2021, 11:59 Uhr
Nürnbergs Oberbürgermeister Marcus König (3.v.li.) im Gespräch mit Bürgern auf dem Weg durch den Stadtgraben unterhalb der Kaiserburg.

© Günter Distler, NNZ Nürnbergs Oberbürgermeister Marcus König (3.v.li.) im Gespräch mit Bürgern auf dem Weg durch den Stadtgraben unterhalb der Kaiserburg.

Alte Bäume, stoppelige Gras- und Sandflächen, ein Asphaltweg, lauschige Schrebergärten, gewaltige Mauern und natürlich imposante Blicke nach oben - das prägt bisher den Stadtgraben unterhalb der Burg. Hier sind Spaziergänger und Jogger unterwegs, viele Hundebesitzer, Touristen dagegen eher selten. Und nur von Zeit zu Zeit locken mal Ritterspiele, ein Bierfest oder zuletzt die Kunstschau "Lost and found" deutlich mehr Publikum in diese grüne Achse, die buchstäblich weithin im Schatten liegt.

Das könnte sich ändern - wenn sich die Stadt als Ausrichterin für eine Landesgartenschau bewerben würde und den Zuschlag für 2030 bekäme. Seit ein paar Monaten wird darüber diskutiert, den Anstoß hatte der Verein Grünclusiv in Verbindung mit der GalaBau gegeben - auch um verschiedenen Bemühungen um mehr Grün auch in der Altstadt zusätzlichen Schwung zu verleihen. Wie das ankommt und was Bürgerinnen und Bürger bewegt, wollte Oberbürgermeister Marcus König bei einem Spaziergang durch den Burggraben in Erfahrung bringen. Gut 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren der Einladung gefolgt.

Der gesamte Stadtgraben mit seinen gut 13 Hektar soll, so der bisherige Ansatz, als Kernstück zukunftsträchtig aufgewertet werden. Dazu gesellen sich inselartig Neugestaltungen zahlreicher Areale in der Altstadt, etwa am Webers- und am Egidienplatz, aber auch darüber hinaus, etwa des Aufseßplatzes. Auf einem Stadtplan nehmen sich die markierten Zonen aus wie "Smarties".

Historisches Umfeld

Gerade zum 50-Jahr-Jubiläum der Landesgartenschau 2030 halten auch die Organisatoren, berichtet König, Ausschau nach einem etwas anderen Ansatz: "Das könnte unsere urbane Gartenschau sein. Denn es geht einmal nicht darum, irgendeine Brache zu erschließen oder ganze Viertel aufzuwerten, sondern zu zeigen, was auch in einem stark historisch geprägten Umfeld möglich ist."

Mit Anregungen und Vorschlägen hielten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer nicht hinter den Berg: "Auf jeden Fall Sitzgelegenheit und eine gute und stimmungsvolle Beleuchtung, damit sich Menschen auch abends sicher fühlen können", forderte eine Bürgerin. Und die Stadt, so ein anderer, solle bei Fassaden- und Dachbegrünungen mit gutem Beispiel vorangehen. Genau das, so König, sei beim Scharrer-Gymnasium wie beim modernen Anbau des Dürerhauses vorgesehen.

Scharf ins Gericht mit einer - aus ihrer Sicht trägen und unkreativen - Verwaltung ging die Künstlerin Isi Kunath, etwa mit der Kritik an, wie sie meinte, nicht nachvollziehbaren Baumfällungen. Und holte weiter aus: "Ein bloßes Aufhübschen ist angesichts des Klimawandels der falsche Ansatz", sagte sie und forderte die Umwandlung der früheren Feuerwache 1 in Gostenhof in eine "Klimawache" als Leuchtturmprojekt.

"Juwel mit Potenzial"

Als kategorische Gegnerin der Pläne äußerte sich eine Bürgerin, die um die Oasen-Atmosphäre für die heutigen Nutzer fürchtet. Die Finanzmittel, so ihr Votum, sollten lieber in wirksame Klimaschutzprojekte gesteckt werden. Aber, konterte König, "unser Burggraben ist ein Juwel, er hat noch viel Potenzial". Nachhaltigkeit sei entscheidend, ihm schweben beispielsweise ungewöhnliche Spielzonen, auch zur Naturerfahrung, vor oder auch eine Kletter- und Boulder-Zone. Ob das freilich an den historischen Gemäuern zulässig ist, gilt es mit den Denkmalschützern auszuhandeln. Und: "Blümchen", also die Showeffekte einer Gartenschau, werde es auch geben, aber die stünden nicht im Vordergrund.

Eine Vision über den Tag hinaus verlangte indes der Performance-Künstler Wolfgang Karl May, der vor allem mit Baumhaus-Projekten bekannt geworden ist. Man müsse bei der Platzgestaltung verstärkt auch mal über die eingesetzten Materialien diskutieren, um eine angenehmere Atmosphäre zu schaffen. Und es gehe letztlich auch um Vorstellungen und Visionen von Gesellschaft und Zusammenleben, die sich dann auch in der Gestaltung von Gärten zeige.

"Wir machen es für uns"

Das Stadtoberhaupt warb vor allem mit zwei Argumenten: "Wenn wir es machen, dann für uns - und zwar nachhaltig für lange Zeit. Aber wir wollen es 2030 auch möglichst vielen anderen präsentieren". Und natürlich spekuliert die Stadt auf die winkenden Zuschüsse und Zusatzeinnahmen, die sonst nicht finanzierbare Extras möglich machen sollen.

Das zweite Pfund, das er in die Waagschale wirft: "Wir fangen schon jetzt an und warten nicht bis 2028 oder 2029, um etwas für die Gartenschau anzulegen. Vieles haben wir uns schon vorgenommen und fest beschlossen; die Burggrabensanierung steht ohnehin an, ebenso packen wir die überfällige Neugestaltung des Obstmarkts an." Im Blick auf eine mögliche Gartenschau sollen dabei Anregungen aus der Bürgerschaft mit den Plänen aus der eigenen Verwaltung und externen Vorschlägen von Fachbüros zusammengeführt werden. Bürgerbeteiligung ist dabei auch online möglich: Ab Mitte Oktober werden Wünsche, Vorschläge und Kommentare auf der Internetseite buergerbeteiligung.nuernberg.de gesammelt.

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