Virtuelle Chorprobe gegen den Lagerkoller

26.3.2020, 13:19 Uhr
Chorsingen via Laptop - fühlt sich etwas seltsam an, bringt aber viel Spaß.

© pexels Chorsingen via Laptop - fühlt sich etwas seltsam an, bringt aber viel Spaß.

Hoppla, da habe ich den Ton aber gerade eben nicht sonderlich gut getroffen! Leicht besorgt schaue ich in die Gesichter auf dem Bildschirm vis-à-vis, bevor mir einfällt, dass mein Patzer überhaupt keine Rolle spielt. Ich singe zwar gerade gemeinsam mit vielen anderen, nur: Hören kann ich nur mich selbst - und natürlich die Chorleiterin, die in ihrem Studio in der Königstraße dafür sorgt, dass wir alle trotzdem irgendwie ein bisschen gemeinsam musizieren.


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"Wohnzimmerchor" heißt das ungewöhnliche Projekt, das die Nürnbergerin Antje Langnickel ins Leben gerufen hat, um der allgemeinen Vereinsamung in der Corona-Krise etwas entgegen zu setzen. "Gerade in Zeiten wie diesen ist Singen wichtig", sagt die 43-jährige Stimmtrainerin. "Es gibt Halt und hebt die Stimmung." Und das kann in diesen Tagen nun wirklich nicht schaden.

Deshalb reihe ich mich gerne ein in den virtuellen Chor, auch wenn ich anfangs ein bisschen skeptisch bin: Gemeinsam mit anderen singen und dabei aber alleine im eigenen Wohnzimmer stehen, ob das wirklich funktioniert? Kurz vor Beginn der Veranstaltung wähle ich mich via Tablet-Computer in das Netzwerk ein. Technisch gesehen ist das zum Glück kein großes Problem, Langnickel hat allen Teilnehmern einen Link geschickt, mit Hilfe einer speziellen Plattform können wir uns alle zu einem virtuellen Meeting treffen.

Endlich andere Gesichter

Rund 40 Menschen aus Nürnberg und Umgebung sind dabei. Und das Schöne ist: Alle, die dem System den Zugriff auf die Kamera erlauben, sind auch zu sehen. Während ich mich derzeit sonst nur im Kreise meiner Familie bewege, sind da plötzlich andere Gesichter! Im Nu entsteht so etwas wie ein Gemeinschaftsgefühl. Und das setzt sich fort, als wir uns mit ein paar Lockerungsübungen aufwärmen und dann das erste Lied anstimmen.


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"Come and sing a Song with me" ("Komm und sing ein Lied mit mir"). Gemeinsam mit ihrer Schülerin Franziska Rothe gibt Langnickel den Ton vor, mit Gitarre und Klavier sorgen die beiden außerdem für die passende Begleitmusik. Die Liedtexte blendet die Chorleiterin über die Bildschirme ein, Textsicherheit ist also nicht vonnöten.

Wenn wir nur auf den Text starren, fühlt sich der gemeinsame Chorgesang allerdings etwas seltsam an, zumal wir die anderen nicht hören können: Das, sagt Langnickel, sei technisch nicht möglich. "Wenn ich in meinem Studio gleichzeitig die Mikrofone aller Teilnehmer auf laut stelle, kommt da nur ein Geschepper an." Zwischendurch aber gibt sie den Ton trotzdem frei. So können wir, wenn wir einzeln sprechen, in den Pausen Fragen stellen und Grüße an die anderen schicken. Und immer wieder erlaubt uns die jeweilige Kamera den Blick in die Wohnzimmer unserer Mitstreiter.

Wir sehen ihre lachenden Gesichter, als wir gemeinsam "We are the world" anstimmen und später zum jiddischen "Haida" das Tanzbein schwingen. Für einen Moment geraten die derzeit allgegenwärtigen Sorgen in Vergessenheit, auch wenn das musikalische Ergebnis mit einer echten Chorprobe nicht mithalten kann. Aber das stört in diesem Moment niemanden. "Wir haben Spaß gehabt", sagt Langnickel später. Und dem ist nichts hinzuzufügen. Mit der virtuellen Chorprpbe haben wir dem Lagerkoller auf jeden Fall erfolgreich vorgebeugt.

InfoDas Projekt "Wohnzimmerchor" geht am Montag, 30. März, um 19 Uhr weiter. Infos und Anmeldung hier.

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