Vom Heim in Nürnberger Testzentren: Freiwillige packen mit an

30.3.2021, 05:52 Uhr
Die ehrenamtlichen Corona-Notdienst-Helfer (v.l.n.re.) Meike Weiß, Madlen Firlle und Torsten Urban im  großen Rotkreuz-Saal des BRK Nürnberg.

Die ehrenamtlichen Corona-Notdienst-Helfer (v.l.n.re.) Meike Weiß, Madlen Firlle und Torsten Urban im  großen Rotkreuz-Saal des BRK Nürnberg.

Fast 300 Interessenten hatten sich allein in Nürnberg gemeldet, als zum Jahreswechsel bayernweit Freiwillige gesucht wurden. Die größte Not herrschte in Pflegeheimen; das Impfen hatte noch kaum begonnen, die regulären Teams waren in vielen Häusern ausgedünnt und hoffnungslos überlastet. "Wir waren von der Resonanz auf den Aufruf überwältigt. Die meisten, auch Jüngere, hatten ihn über die Zeitung mitbekommen. Eine Woche lang standen bei uns die Telefone nicht mehr still", berichten Raimund Petschler und Marco d’Aschillo vom Roten Kreuz in Nürnberg.

Dienst mit Risiken

Bei ihnen liefen die Fäden zur Koordination im Rahmen des Pflegepools Bayern zusammen. Aber nicht alle kamen zum Zuge: Der eine oder andere machte einen Rückzieher, weil sich ein Infektionsrisiko nicht ausschließen ließ. Und genau deshalb mussten auch Angehörige von Risikogruppen verzichten, so mutig und motiviert sie auch sein mochten. So konnten unterm Strich knapp 200 Frauen und Männer tatsächlich in mehreren Altenheimen verschiedener Träger mit anpacken.

"Die Pflegekräfte, die noch da waren, hatten praktisch keine Zeit, sich über das Allernötigste hinaus um die Bewohner zu kümmern", erzählt Meike Weiß. "Ich habe mich dann vor allem mit den Leuten unterhalten oder ihnen etwas vorgelesen." Da sie nach ihrem Abi noch nicht mit dem Studium begonnen hat, habe sie "nicht nur rumsitzen" wollen, aber natürlich keine Vorkenntnisse mitbringen können. "Aber es ist mir alles sehr nahe und auch nachgegangen, deshalb war es ziemlich anstrengend." Und nicht nur einmal musste sie als Pflegehelferin auch bei der unmittelbaren Versorgung eingreifen - weil sonst niemand da war.

Bedrückende Erfahrungen

"Ich wollte unter Leute kommen und mich nützlich machen", beschreibt Torsten Urban seine Motivation. "Und ich habe dann ganz andere Erfahrungen gemacht als erwartet und bin mit einer Realität konfrontiert worden, die ich so nicht kannte. Und ich war schon teilweise schockiert zu sehen, wie es zugeht", gibt der Nürnberger zu, der bisher als Technischer Leiter tätig war. Und auch ihm blieb die Erfahrung nicht erspart, plötzlich mit Hilfsbedürftigen auf sich allein gestellt zu sein.

Weil in "ihrem" Café in Oberasbach, wo sie sonst mit Herzblut arbeitet, seit Monaten nichts läuft, hat sich Madlen Firrle gemeldet. Sie brachte schon Erfahrung mit, den Pflegeberuf hatte sie erlernt, ehe sie in die Gastronomie wechselte. "Aber ich empfand es quasi als meine Pflicht, jetzt auszuhelfen", sagt sie – obwohl sie allein schon durch die Betreuung ihrer Kinder mehr als ausreichend eingespannt wäre.

Klar, dass sie als Frau vom Fach in dem städtischen Heim, in das sie geschickt wurde, besonders willkommen war. Den Pflegeberuf habe einst aber nicht etwa aus Überdruss oder Überlastung aufgegeben. "Ich war schon immer ein Kind der Gastronomie", meint sie, "und hart sind beide Jobs".

Hoher Aufwand

Inzwischen sind alle Heimeinsätze abgeschlossen, die drei Helfer aber weiter aktiv – und mit ihnen etwa 50 andere. Wichtigstes Einsatzgebiet sind jetzt die Schnelltest-Zentren, vor allem im großen Rot-Kreuz-Saal an der Nunnenbeckstraße, dazu in der Industrie- und Handelskammer und im Bauhof. Denn der Personalaufwand ist enorm, vom Empfang über die Aufnahme und die eigentliche Testung bis zum Wartebereich.

Um im BRK-Saal jeweils mindestens 16 Leute aufzubieten, sind neben fest Angestellten eben auch Freiwillige aus allen Hilfsorganisationen im Einsatz. Selbstverständlich werden alle täglich selbst getestet. "Die Atmosphäre ist gar nicht steif, die Kontakte untereinander sind einfach nett und es ist etwas wirklich Sinnvolles", sagt Madlen Firlle – und bleibt schon mal über das Schichtende hinaus. Auch Torsten Urban streift weiter regelmäßig das BRK-Shirt über, während er parallel Bewerbungen schreibt. Die vielfältigen Erfahrungen will er jedenfalls nicht missen.

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