Wegen Ruhestörung: Am Tiergärtnertorplatz rumort es

3.9.2019, 05:25 Uhr
Der Tiergärtnertorplatz ist ein besonderer Treffpunkt in der Altstadt - vor allem, wenn es dunkel wird.

© Roland Fengler Der Tiergärtnertorplatz ist ein besonderer Treffpunkt in der Altstadt - vor allem, wenn es dunkel wird.

Auf den ersten Blick scheint die Welt am Tiergärtnertorplatz noch in Ordnung zu sein. An warmen Abenden sitzen meist über 200 bis 300 Menschen quer durch alle Altersklassen auf dem Kopfsteinpflaster. Sie plaudern, trinken Bier, Schorle oder Wein, lachen auch mal aufreizend, was insgesamt für einen permanenten Geräuschpegel sorgt.

 

 

So mancher Vierziger fühlt sich hier wieder wie 17. Und viele Einheimische und Touristen finden, dass der leicht abschüssige Platz im mittelalterlichen Ambiente zu den schönsten Treffpunkten in Nürnberg gehört.

Angebot gehört zum Großstadtleben

Aus diesem Grund lässt die Stadt das Versammeln und Trinken unter freiem Himmel am Tiergärtnertorplatz seit vielen Jahren bis Mitternacht zu. "So ein Angebot gehört zum Großstadtleben" – so lautet das allgemeine Credo, das Bürgermeister Christian Vogel ebenso unterschreiben würde wie Karl-Heinz Enderle, der Chef der Altstadtfreunde. Doch beide sind momentan in Sorge, weil es am Tiergärtnertorplatz rumort. Hinter den Kulissen und auch am Platz sorgen neue Anwohner, die seit Mai ein vom Altstadtfreunde-Verein verwaltetes Stadthaus gemietet haben, für Zündstoff. Und Angst vor einem Hickhack wie in der Fürther Gustavstraße.

Ein Lied davon singen können die Gastronomen Christoph Zielke vom "Wanderer" (Café-Bar und "Bieramt") sowie Birgit Endres und Katja Hagenhofer vom Café im Atelier in der Töpferei am Dürer-Haus. Nach Beschwerden beim Ordnungsamt und Anrufen bei der Polizei hat es Anhörungen gegeben. "Wir müssen jeder Beschwerde nachgehen", erklärt Katrin Kurr, Leiterin des Ordnungsamtes. Als Konsequenz sei man zum Prüfen vor Ort gewesen.

Anwohner wollen Wirte in die Pflicht nehmen

Klar sei, dass bis auf die Ausnahmen Bardentreffen und Blaue Nacht keine Live-Musik am Tiergärtnertorplatz erlaubt ist. Und mit den Wirten sei abgesprochen, dass um 23.30 Uhr die letzten Getränke bestellt werden und um 24 Uhr nicht nur das Licht ausgeht, sondern auch Feierabend für die vielen Gruppen und Cliquen ist. Wobei erste Auflösungserscheinen in der Regel schon nach 22.30 Uhr einsetzen.


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"Wir achten darauf, dass es keine Auswüchse gibt, und möchten mit Augenmaß einen guten Mittelweg finden", beschreibt Kurr die Strategie der Stadt am Tiergärtnertorplatz, die in den letzten Jahren aufgegangen ist, da es "nur vereinzelt Beschwerden gab", so Kurr. "Es funktioniert dort oben", lautet auch das Fazit der Polizei, "der Tiergärtnertorplatz ist weiterhin kein Brennpunkt für Straftaten." Das sagt Pressesprecher Bert Rauenbusch mit Blick auf einen Vorfall in der ersten August-Woche, der die Atmosphäre vor Ort zusätzlich belastet: Alle vier Reifen des Autos der neuen Anwohner sind nachts von Unbekannten zerstochen worden – die Anwohner, die auch wegen des Vorfalls anonym bleiben wollen, wollten die Wirte am Tiergärtnertorplatz dafür verantwortlich machen, was bei jenen alles andere als gut ankam.

"Das wäre für uns Wirte doch total kontraproduktiv gewesen", sagt Christoph Zielke, der inzwischen selbst Briefe an die Politiker in Nürnberg und München geschrieben hat. In der Hoffnung, dass dort ein erhöhtes Bewusstsein für die angespannte Lage der Kneipenbetreiber an exponiertem Ort entsteht.

Keine Ersatzwohnung in petto

Ihm gegenüber hätten die Neu-Anwohner angekündigt, "ein Ende um 22 Uhr erreichen zu wollen", sagt Zielke. Dies dementiert jedoch Franz K. (Name geändert) im Gespräch mit der Lokalredaktion. Ihm gehe es "in erster Linie um die Zeit nach Mitternacht" und Schritte gegen Störer. Zu Streitigkeiten mit Gastwirten und Absprachen mit der Stadt will er sich nicht äußern, er wünscht sich "ein vernünftiges Zusammenleben".

Wie das erreicht werden kann, ist derzeit offen. Nachdem es Kritik an der Platzbeleuchtung gegeben hatte, dimmt der Servicebetrieb Öffentlicher Raum seit Anfang August die Strahler ab 23 Uhr runter. Die Altstadtfreunde lassen derweil prüfen, ob beim Haus Schalldämmung möglich ist. "Die Mieter haben gewusst, auf was sie sich einlassen", sagt Karl-Heinz Enderle, der das Problem nicht auf die leichte Schulter nehmen will. Schließlich gehe es auch ums Geld – und klar sei: Eine Ersatzwohnung hat der Verein aktuell nicht in petto.

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