Gefährliches Virus

Wegen Schweinepest: Nürnberger Tiergarten und Forst sind in Sorge

Hartmut Voigt

Lokalredaktion Nürnberg

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9.2.2022, 12:36 Uhr
Dieser Hirscheber kam 2021 in den Nürnberger Tiergarten.

© Tiergarten Nürnberg / Tom Burger Dieser Hirscheber kam 2021 in den Nürnberger Tiergarten.

Die Afrikanische Schweinepest (ASP) ist eine Viruserkrankung, die für den Menschen ungefährlich, für Schweine jedoch tödlich ist. Sie tauchte ursprünglich bei afrikanischen wildlebenden Schweinearten auf und hat sich in den vergangenen Jahren über Georgien, Russland und die Ukraine ausgebreitet. In Brandenburg wurde der erste Fall bei einem Wildschwein 2020 nachgewiesen, inzwischen ist die Seuche auch in Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern angekommen.

"Es ist eine Verbreitungsfront, die von Osten nach Westen wandert. Ich habe aber keine Panik, wir sind präventiv unterwegs", stellt Johannes Wurm, Leiter des Forstamts Nürnberg, fest. Präventiv heißt konkret: eine erhöhte Abschussquote von Schwarzwild, um den Bestand zu verringern.

So wurden 2021 im Sebalder und Lorenzer Reichswald 735 Wildschweine erlegt, im Jahr zuvor waren es 614 Tiere und 2019 exakt 926. Damit soll sich, so Wurm, die Gefahr eine Virusansteckung verringern. Nach seiner Kenntnis ist aber ohnehin im Bereich des Forstamts Nürnbergs mit seinen 24.000 Hektar Wald noch kein Wildschwein mit ASP-Virus aufgetaucht.

Der Forstamtsleiter befürchtet jedoch, dass sich die für Tiere tödliche Krankheit unter anderem auch über Wurstreste in der Nähe von Autobahn-Raststätten verbreiten könnte. Fernfahrer aus Osteuropa haben oft Proviant mit Rohwurst dabei, die infiziert sein könnte, so Wurm. Gelegentlich würden dann Fleischreste im Gebüsch landen - ein gefundenes Fressen für das Schwarzwild. Daher gibt es an den Raststätten Hinweise in verschiedenen Sprachen, die für das Problem sensibilisieren sollen.

Keine akute Gefahr

Auch wenn für die beiden Hirscheber des Nürnberger Tiergartens keine akute Gefahr besteht, so ist der Zoo am Schmausenbuck trotzdem sehr aufmerksam. Die doppelten Zäune - der Außenzaun des Tiergartens sowie der Gehegezaun - sorgen für Sicherheit, dass kein Wildschwein aus dem Reichswald eindringt, meint der stellvertretende Tiergarten-Direktor Jörg Beckmann. "Falls Fälle in Bayern nachgewiesen werden, können wir unsere Hirscheber zum Schutz auch im Stall lassen. Auf keinen Fall sollten die Besucher die Tiere füttern - das ist schließlich ohnehin verboten."

Die Vorsicht der Tiergarten-Leitung hat ihren Grund: Hirscheber zählen zu den besonders gefährdeten Arten. Neun europäische Zoos halten insgesamt 42 dieser Schweine, zwei davon leben in Nürnberg. Erstmals ist die Wildpopulation im afrikanischen Sulawesi und die Zoopopulation gleichzeitig gefährdet. Der Nürnberger Tiergarten musste 2020 eine bittere Erfahrung machen: Damals starb sein Hirscheber-Pärchen zwar nicht an der Schweinepest, aber an einer bakteriellen Infektion.

Virus kann wochenlang überleben

Übertragen wird das ASP-Virus durch direkten Kontakt mit einem infizierten Tier oder über Blut. Der Erreger kann auch mehrere Wochen auf einem Tierkadaver überleben oder über Werkzeuge, Fahrzeugreifen, Schuhe und andere Kleidungsstücke zu einem neuen Wirt gelangen. So besteht die Gefahr, dass auch Schweine in menschlicher Obhut mit dem Virus in Kontakt kommen.

Entsprechend streng sind die Vorgaben der zuständigen Behörden, wenn es in einem Betrieb zu einem Ausbruch kommt. In der Regel müssen dann Hunderte bis Tausende Tiere getötet werden.
Von Hunderten oder Tausenden Tieren ist in den Zoos natürlich keine Rede. Doch jeder Verlust eines Hirschebers durch ASP würde wegen ihrer Seltenheit schwer wiegen. Auch die kleinen Hausschweine des Nürnberger Kinderzoos wären gefährdet. Bei Ausbruch der Schweinepest in der Nähe eines Zoos müssen die dort gehaltenen Hirscheber aber nicht zwangsläufig getötet werden, betont der Tiergarten: Der Gesetzgeber sehe eine Ausnahmeregelung vor, wenn es um den Erhalt einer seltenen Art geht.

Forschung an Impfstoff gegen ASP

Derzeit arbeiten an Wissenschaftler an einem Impfstoff gegen die Afrikanische Schweinepest. Ziel ist, die Seuche über eine Schluckimpfung für wildlebende Schweine einzudämmen. Diese Strategie sei beim Ausbruch der Gewöhnlichen Schweinepest 2009 erfolgreich gewesen. Für den Hirscheber, das Visayas-Pustelschwein und andere gefährdete Schweinearten könnte die Impfung ein wesentlicher Baustein sein, um deren Aussterben in Zoos wie in der Natur zu verhindern.

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