Wie Sör Nürnberg vor dem Verkehrsinfarkt bewahrt

20.8.2019, 06:00 Uhr
Wie Sör Nürnberg vor dem Verkehrsinfarkt bewahrt

© Foto: Eduard Weigert

Nicht nur Tausende von Pendlern haben aufgeatmet, als am Montagmorgen die Kreuzung an der Stadtgrenze nach einwöchiger Totalsperre wieder für den Verkehr geöffnet wurde. Auch Wolfgang Leeb vom Servicebetrieb Öffentlicher Raum (Sör) dürfte seither besser schlafen. Denn anders als es seine Jobbezeichnung "Leiter der Abteilung Straßen- und Verkehrsrecht" suggeriert, sind Leeb und seine Mitarbeiter vor allem mit einem befasst: den Verkehr auf Nürnbergs Straßen am Laufen zu halten, trotz der aktuell schier allgegenwärtigen Baustellen.

Kein einfacher Job, bei insgesamt bis zu 13.500 Baustellen, die im Stadtgebiet jährlich anfallen. Aktuell sind es sogar jeden Tag bis zu 1500 Maßnahmen, berichtet Leeb. Vom Beschnitt eines Straßenbaums, wegen dem für ein bis zwei Stunden ein Gehweg gesperrt oder eine Fahrbahn verengt wird, bis zu Megabaustellen wie an der Fürther Straße.

Wie Sör Nürnberg vor dem Verkehrsinfarkt bewahrt

© Foto: Eduard Weigert

"Dort wurden neben der Fahrbahnsanierung in einem Zug auch Versorgungsleitungen verlegt, die Ampeln erneuert und ein Radweg sowie eine Bushaltestelle erstellt", berichtet Leeb und scherzt: "Das war unser Jahres-Highlight."

Dass er dem Riesenprojekt, das ohne größeres Verkehrschaos über die Bühne ging, gelassen entgegensehen konnte, liegt nicht nur an Leebs zuversichtlicher Art. Er kann auch gelassen bleiben, weil seine Abteilung für die Vorbereitung und Planung des Projekts verantwortlich zeichnet. "Hinter einer Baustelle wie an der Fürther Straße stecken bis zu drei Jahre Vorbereitung", sagt Leeb.

Um alle nötigen Baumaßnahmen zu bündeln und deren Abläufe zeitsparend aufeinander abzustimmen, muss Sör eine Vielzahl von Akteuren an einen Tisch bringen: vom städtischen Abwasserbetrieb über die VAG und die N-Ergie bis hin zu Telefon- und Kabelnetzbetreibern. Auch mit der Feuerwehr sowie Rettungsdiensten werden größere Vorhaben vorab abgesprochen. "An der Stadtgrenze hatten wir zusätzlich noch die Stadt Fürth sowie die Infra mit im Boot", berichtet Leeb.

Eine Herkules-Aufgabe

Selbst das weitere Umfeld einer Baustelle ist im Auge zu behalten: Eine kleine Maßnahme, bei der etwa nur die Fahrbahn verengt wird, kann fatale Auswirkungen haben, wenn es sich um eine Umleitungsroute für eine Großbaustelle handelt. Wo möglich, werden Arbeiten auch zeitlich und räumlich entzerrt, im Extremfall wie bei den Hafenbrücken, bei denen es 2021 ernst wird. Die vorbereitenden Maßnahmen dafür sind schon im vergangenen Jahr angelaufen.

Alles in allem ist das Baustellenmanagement also eine Herkulesaufgabe, für die Leeb seit Ende 2016 mit Tobias Dotzer sogar einen eigenen Baustellenkoordinator unter seinen sechs Mitarbeitern hat, der im Jahresschnitt 3000 größere Baustellen im Blick behält. Und davor? "Da blieb diese Aufgabe meist an dem Beteiligten hängen, der als Erstes Bedarf angemeldet hat und an einer Stelle bauen wollte. Der hatte dann quasi auch die Mütze auf", verrät er.

Mindestens so wichtig für einen reibungslosen Ablauf einer Maßnahme wie die Koordination unter den Beteiligten ist die frühzeitige Information der Verkehrsteilnehmer. Neben der Homepage, auf der eine Übersicht der wichtigsten Baustellen sowie umfassende Infos zu Großprojekten zu finden sind, setzt Sör auch auf Echtzeit-Verkehrsinfos mit LED-Tafeln. Vier der Systeme, deren Anzeige sich binnen 15 Minuten aktualisieren lässt, hat die Stadt nach dem großen Erfolg beim Umbau am Hauptbahnhof vor zwei Jahren angeschafft.

Ebenfalls bewährt hat sich laut Leeb übrigens auch die neue Vorgehensweise von Sör, wie zuletzt an der Stadtgrenze oder zuvor am Westring: Statt die Kreuzungen abschnittsweise zu sanieren und den Verkehr wochenlang zu beeinträchtigen, entschied man sich hier für eine mehrtägige Vollsperrung. Dadurch, so Leeb, sei die Baustelle nicht nur schneller wieder weg, sondern das Ergebnis halte auch länger, denn: Fugen zwischen den Fahrbahndeckenabschnitten wirken wie Sollbruchstellen und nutzen sich deutlich schneller ab.

Schließlich will man bei aller Eile nichts bauen, was nach wenigen Jahren oder Jahrzehnten wieder saniert werden muss. Auf jeden Fall, so Leeb, soll alles, was heute entsteht, länger halten als die Infrastruktur aus den 60er und 70er Jahren. Die muss heute dringend saniert werden und ist laut Leeb neben der guten Konjunktur einer der Hauptgründe für die rekordträchtige Bautätigkeit in der Stadt, die nach seiner persönlichen Einschätzung noch mindestens zwei bis drei Jahre anhalten dürfte.

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