Wo Nürnberger am Sonntag günstig einkaufen können

16.12.2019, 05:06 Uhr
Wo Nürnberger am Sonntag günstig einkaufen können

© Foto: Stefan Hippel

Butter, Mehl, Backpulver — alle Zutaten für den Plätzchenteig stehen bereit. Fast. Nur die Packung Zucker, weit hinten im Schrank, ist beinahe leer. Und nun? Sonntag hat alles zu. Fast alles. Seit 2015 ein Lidl-Markt im Hauptbahnhof eröffnet hat, wird dort sonntags fleißig eingekauft. Seit Ende November gibt es auch den ersten Rewe To Go an einem deutschen Flughafen — in Nürnberg. Hier kann ich am Sonntag Bier, Chips, Zucker, Milch, Klopapier oder Blumen kaufen. Aber was kostet das? Und gibt es Alternativen?

Wo Nürnberger am Sonntag günstig einkaufen können

© Foto: Stefan Hippel

Schon lange Anlaufstelle für Notkäufe sind Tankstellen. Bei Önder Sahin tanken Nürnberger nicht nur Benzin, sondern auch Milch. "Die fehlt am Sonntag oft, wenn Freunde zum Kaffeetrinken kommen", sagt der Betreiber der Tankstelle in der Grolandstraße. Die Vollmilch im Regal droht hier nie schlecht zu werden, Zucker ist sogar ausverkauft.

"Beim Bier muss ich mich nicht verstecken"

Dass seine Freie Tankstelle mitten in einem Wohngebiet liegt, spielt eine Rolle, sagt Sahin. Auch Klopapier gibt es, Chips sowieso. "Für manche sind wir der Nahversorger." Während er spricht, gehen die Schiebetüren öfter auf und zu, als Autos draußen an den Zapfsäulen halten. Viele kommen mit Stoffbeutel, sie tanken: Bier. 120 Sorten hat Sahin im Angebot, die meisten sind von kleinen fränkischen Brauereien. "Das Bier der Hausbrauerei Altstadthof gibt es bei uns quasi exklusiv", sagt Sahin stolz. "Beim Preis für Bier muss ich mich nicht verstecken." Die Kästen der kleinen Brauereien, meist 14 bis 17 Euro, kosten bei ihm nicht mehr.

"Weil die kleinen Brauereien so viel ja nicht produzieren", erklärt er. Wer keine Tasche hat, kann hier Holz-Tragerl von der Behindertenwerkstatt der Diakonie Bayreuth kaufen, um Bier zu transportieren. Die Tüte Chips, weiß Önder Sahin, ist mit 3,29 Euro teuer, auch Milch für 1,99 Euro ist nicht billig. Das liegt an der Menge, die er einkauft. "Ich verdiene daran nicht mehr als der Supermarkt."

Im Lidl im Hauptbahnhof Nürnberg geht es Sonntagvormittag zu, als gebe es überhaupt keinen Sonntag: Die Menschen stehen dicht an dicht, füllen ihre Einkaufswagen und -körbe oder klemmen Flaschen, Klopapier oder Brötchen einfach unter den Arm. Für die Tüte Chips (Chipsfrisch) muss man hier 1,39 Euro hinlegen, für einen Liter H-Milch 65 Cent. Und die Papiertasche? 15 Cent. "Dafür gibt‘s aber ein Lächeln umsonst", sagt die Frau an der Kasse und zeigt ihre weißen Zähne.

"Nürnberg ist doch eine Großstadt"

Eine Frau in der Schlange erzählt, dass sie eigentlich bloß einen Würfel Hefe brauchte. "Ich will doch heute noch einen Stollen backen", sagt sie. Doch der Würfel ist in ihrem Einkaufswagen nicht zu sehen. Er liegt ganz unten, verschüttet unter der Ware, die dann noch dazu kam: Unter anderem Lachs, Backpapier, Milch, Papiertaschentücher. "Ich finde das gut, dass der Laden am Sonntag offen hat. Nürnberg ist doch eine Großstadt." Hier gibt es fast alles. Blumen aber nicht. Florale Grüße kann man hier erst am heutigen Montag wieder erwerben.

Alle zehn Kassen sind geöffnet, davor stehen die Menschen in langen Schlangen. Geduld ist gefragt. Die Scannerkassen piepsen im Sekundentakt. Jetzt zählt die Geschwindigkeit. "Es kommt sonntags auch vor, dass wir wegen Überfüllung vorübergehend den Eingang dicht machen müssen. Meist so gegen 11 Uhr", verrät eine Frau vom Sicherheitsdienst.

Wo Nürnberger am Sonntag günstig einkaufen können

© Foto: Stefan Hippel

Mattis Völker (19) und Tobias Gering (28) haben die Nacht in Nürnberg verbracht – in Kneipen und Bars. Nur wenige Stunden haben sie in einem Hotel geschlafen. Für die Heimfahrt nach Dinkelsbühl und Ansbach haben sie sich eingedeckt: Mit Red Bull, einer Flasche Mineralwasser, einer Flasche Apfelschorle und einer Packung Traubenzucker.

"Manche Sachen vergisst man"

"Dass der Discounter offen hat, ist gut für uns. Manche Sachen vergisst man halt, dann kann man es hier kaufen", sagt Mattis Völker. Dann stapfen die Freunde hoch zu den Gleisen.

Selvedin Frankenberg weiß, wie gut der Rewe To Go am Hauptbahnhof geht: Er hat bis vor kurzem dort gearbeitet. Seit Ende November ist er in der neuen Filiale am Albrecht Dürer Airport im Einsatz. Auch wird am Sonntagnachmittag fleißig eingekauft, nur "muss es noch ein bisschen bekannter werden". Dann zeigt Frankenberg, dass alles auf der Not-Einkaufsliste in den Regalen des ersten Gemischtwaren-Ladens am Flughafen vorhanden ist. Preislich ordnet sich das Geschäft zwischen dem normalen Supermarkt und der Tankstelle ein: Milch kostet 1,29 Euro, Zucker 1,59 Euro. Auch frisches Obst wird hier verkauft. Martin Au aus Erlangen nimmt sich auf seinen Flug nach Barcelona Clementinen und Gebäck mit. Der 27-Jährige ist viel auf Flughäfen unterwegs und freut sich, dort die Gelegenheit zu haben einzukaufen — bei Abflug oder Ankunft.


Kommentar: Ladenschluss ist nicht mehr zeitgemäß


Ein Vater schiebt sein Kind im Buggy mit kritischem Blick durch den Laden. Gut sei so ein Shop schon, für einen Einkauf fahre er wegen der Preise lieber zum Lidl am Hauptbahnhof. "Auch wenn ich dort lange Schlange stehe." Sarah und ihr Vater Recep Deniz sind dagegen begeistert, "geiles Geschäft", sagt Recep. "Und günstig für einen Flughafen."

Luis Roma findet die Getränke etwas teuer, freut sich aber über die Möglichkeit, "nach der Nachtschicht oder auch sonntags hier noch was zu bekommen". Der 27-Jährige enteist die Flieger am Airport. Auch für die 1000 Flughafen-Mitarbeiter ist der Rewe-To-Go-Markt gedacht, sagt Sprecher Christian Albrecht. Sie sollen "eine noch größere Auswahl in der Pause haben". Die nutzen sie, sagt Selvedin Frankenberg. Bald können sie sogar Blumen nach der Arbeit mit nach Hause bringen. "Die verkaufen wir ab dieser Woche auch."

17 Kommentare