Zahlreiche Schüler in Quarantäne: Kommt der Distanzunterricht?

19.11.2020, 18:46 Uhr
Noch lernen die Schüler zusammen in den Klassen - wie lange das so bleibt, ist allerdings unklar.

© Hans-Joachim Winckler, NN Noch lernen die Schüler zusammen in den Klassen - wie lange das so bleibt, ist allerdings unklar.

"Das Herz der Schule schlägt im Klassenzimmer", sagte Staatssekretärin Anna Stolz noch am 11. November. "Die Schulen sollen offen bleiben." Jetzt, obwohl die Wellenbrecher-Maßnahmen zu greifen scheinen und der starke Anstieg an Corona-Neuinfektionen ausgebremst wurde, mehren sich die Gerüchte, dass der Distanzunterricht doch wieder umgesetzt werden soll.

Über "alternative Formen nachdenken"

Erst am Montag sagte Ministerpräsident Markus Söder im ZDF-Morgenmagazin: Die Schulen sollen so lange wie möglich offen bleiben, "aber wir müssen auch über alternative Formen nachdenken. Insbesondere bei den höheren Klassen gibt es jetzt zunehmend Diskussion, ob es nicht doch ein Infektionsrisiko gibt." Es müssten Vorbereitungen etwa für den Wechselunterricht getroffen werden, damit Schulen und Kitas eben trotz Corona-Krise so lange wie möglich geöffnet bleiben können.


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Eine konkrete Vorgabe des Ministeriums, von Präsenz- auf Distanzunterricht umzuschalten, gab es allerdings bislang noch nicht, sagt Schulamtsdirektorin Monika Ettl. Auch die Pressestelle des Kultusministeriums weicht aus: "Unser Ziel ist es, im Schuljahr 2020/2021 so viel wie möglich Präsenzunterricht unter entsprechenden Hygieneauflagen durchzuführen – sofern das Infektionsgeschehen dies zulässt", heißt es auf Anfrage. Zumindest einen Rahmenplan für Distanzunterricht hat das Kultusministerium erstellt.

Ein Blick auf die nüchternen Zahlen zeigt: Von den 1200 Klassen der Nürnberger Grund- und Mittelschulen sind momentan 43 in Quarantäne, also im Distanzunterricht. Vergangene Woche (Stand: 12. November) waren es 31. Positiv auf Covid getestet waren zehn Lehrkräfte (12. November: 6) sowie 103 Schüler und Schülerinnen (67).


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Insgesamt hat sich die Zahl der Schülerinnen und Schüler, die in Quarantäne sind, innerhalb einer Woche von 859 auf 1680 fast verdoppelt. Damit sind 6,9 Prozent der Grund- und Mittelschüler Nürnbergs derzeit daheim. Die beiden Nürnberger Berufsschulen B3 und B13 sind seit dieser Woche vorerst bis Ende November beziehungsweise Anfang Dezember komplett geschlossen.

"Sind vorbereitet"

Und was, wenn der Distanzunterricht für alle doch käme? "Dann sind wir vorbereitet", sagt die Nürnberger Schulamtsdirektorin Monika Ettl. Das bestätigt auch Sandra Schäfer, Vorsitzende des Nürnberger Lehrer- und Lehrerinnenvereins NLLV. Was die Ausstattung mit Hard- und Software sowie die Fortbildungen der Lehrkräfte anbelangt, "wurde viel in den vergangenen Monaten auf den Weg gebracht". Allerdings hänge die Qualität des Distanzunterrichts auch von den Details ab. Bedeutet: "Wie lange soll diese Art der Beschulung anhalten? Eine Woche oder drei Monate - das ist ein Unterschied", sagt Schäfer.

Momentan nehme in Schulen die Verzweiflung im Umgang mit Coronafällen zu. Denn darüber herrscht Unklarheit. "Wenn es unterschiedliche Auskünfte für gleich geartete Vorkommnisse gibt, dann führt das zu Verunsicherungen." Auch sei es wenig hilfreich, dass die Politik das Abstandhalten predige, Lehrkräfte, Kinder und Jugendliche aber in vollen Klassenzimmern beieinander seien. "Der Präsenzunterricht wird gerade mit gewaltigen Bauchschmerzen umgesetzt", sagt Sandra Schäfer. Sie sei der Meinung, wenn Abstand nach derzeitigem Wissensstand den größtmöglichen Schutz biete, dann "müssen wir den eben herstellen. Hätten wir mehr Lehrkräfte, wäre das auch einfacher."

Vorgaben unterschiedlich ausgelegt

Henrike Paede sieht das anders. Dass gerade über die Möglichkeit "Distanzunterricht" diskutiert wird, versteht die Vize-Vorsitzende des bayerischen Elternverbands (BEV) nicht. "Die Infektionszahlen gehen doch runter." Was auch sie fordert, ist eine klare und eindeutige Kommunikation von oben nach unten. "Ja, es gibt viele Vorgaben. Aber wenn die unterschiedlich ausgelegt werden, dann passt was nicht. Wenn Lehrkräfte vor Ort nicht Bescheid wissen, ist das dem Kultusministerium zuzurechnen." Sie bezweifelt, dass alle Voraussetzungen für ein einheitlich funktionierendes Homeschooling erfüllt sind.

Gesundheitsschutz und Abstandhalten auf der einen, Kinderbetreuung und geregelte Tagesabläufe für berufstätige Eltern auf der anderen Seite - das ist der Knackpunkt, über den Eltern, Lehrkräfte und Politik diskutieren, und das auch in den eigenen Reihen kontrovers. Maßstab ist die Verhältnismäßigkeit. So könnten Söders eingangs zitierte Worte über den Infektionsverlauf bei höheren Klassen in die Richtung gedeutet werden, dass darüber nachgedacht werde, den Distanzunterricht vorerst nur für weiterführende Schulen anzuordnen. Jedoch: Nichts Genaues weiß man - noch - nicht.

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