Zehn Dinge zum Haushalt: So steht es um Nürnbergs Finanzen

19.11.2019, 05:54 Uhr
Zehn Dinge zum Haushalt: So steht es um Nürnbergs Finanzen

© Sör

 1. Wie steht die Stadt finanziell im Großen und Ganzen da?

Nürnberg ist nach wie vor knapp bei Kasse. Kämmerer Harald Riedel (SPD) mahnte den Stadtrat deshalb schon im Vorfeld der Haushaltsberatungen, "vernünftig" zu bleiben. "Der Haushalt ist auf Kante genäht", sagte der Referent, als er den Etat-Entwurf vorgestellt hat. Soll heißen: Die schwarze Null ist in Gefahr.

2. Wie sieht es konkret unterm Strich aus?

Als der Kämmerer im Sommer seinen Haushaltsplan für 2020 fertiggestellt hatte, stand unterm Strich noch ein schönes Plus von rund fünf Millionen Euro. Doch danach kamen unerwartete Ausgaben dazu; zum Beispiel für die Finanzierung der vom Stadtrat beschlossenen Nullrunde im nächsten Jahr bei den VAG-Tarifen oder ein höherer Verlustausgleich fürs Frankenstadion, weil dort wegen des Club-Abstiegs Einnahmen weggebrochen sind. Unterm Strich klaffte plötzlich eine Lücke im zweistelligen Millionenbereich.

Mittlerweile sieht die prognostizierte Bilanz wieder besser aus, weil sich die Einnahmen zum Beispiel durch den Anstieg des Gemeindeanteils an der Umsatzsteuer oder durch höhere Zuweisungen für den ÖPNV verbessern und andererseits manche Ausgaben sinken werden. Alles in allem rechnet der Kämmerer deshalb für 2020 mit einem bescheidenen Plus von einer knappen Million.

3. Wie entwickeln sich die wichtigsten Einnahmequellen der Stadt?

Laut Prognose der Stadtkämmerei nimmt die Kommune im kommenden Jahr rund 2,04 Milliarden Euro ein. Das ist etwas weniger als in diesem Jahr, weil die Einnahmen aus der wichtigsten Steuerquelle, der Gewerbesteuer, wohl zurückgehen werden. Riedel rechnet aktuell mit 467 Millionen Euro.

Etwa die Hälfte aller städtischen Erträge speist sich aus Steuereinnahmen. Die zweite wichtige Quelle sind Zuweisungen und Zuschüsse von Bund und Land, die um rund drei Prozent auf gut 514 Millionen Euro steigen. In etwa derselben Größenordnung steigen auch die Erlöse aus Gebühren, die die Stadt für Eintritte, Verwaltungsakte oder Bestattungen zum Beispiel verlangt. Hier nimmt die Stadt insgesamt rund 125 Millionen Euro ein.

4. Wofür muss die Stadt im laufenden Betrieb am meisten ausgeben?

Insgesamt rechnet der Kämmerer mit Ausgaben in Höhe von 2,01 Milliarden Euro – etwas weniger als in diesem Jahr. Der Grund? Weniger Sozialausgaben, zum Beispiel, weil die Ausgaben für die Unterbringung von Flüchtlingen gesunken sind.

Sozialausgaben bleiben allerdings weiter mit rund 730 Millionen Euro der größte Ausgabenblock. Auf Platz zwei stehen mit rund 690 Millionen Euro die Ausgaben fürs Personal, die um rund drei Prozent steigen werden. "Als Kämmerer denkt man jedes Jahr, wir machen schon so viel, da kommt nichts mehr dazu, und jedes Jahr wird man eines Besseren belehrt", so Riedel.

Die Gründe: Tarif- und Besoldungssteigerungen, aber auch deutlich mehr Stellen. Im vergangenen Jahr hat der Stadtrat in einem Doppelhaushalt satte 375 zusätzliche Stellen beschlossen.

5. Will der Stadtrat trotz dieses üppigen Stellenzuwachses noch weitere Stellen schaffen?

Ja, aber nur im "Notfall", wie es heißt. Darauf hat sich der Stadtrat im vergangenen Jahr verständigt. Insgesamt stehen auf der Wunschliste allerdings schon wieder 156 zusätzliche Vollzeit-Stellen; davon entfallen allein 55 auf die Kinderbetreuung. Auch das Einwohneramt oder das Wirtschaftsreferat sollen zusätzliche Mitarbeiter bekommen. Zum Beispiel, um das neue Zweckentfremdungsverbot für Wohnungen umsetzen zu können.

6. Was sind die größten Investitionen in den nächsten Jahren?

Insgesamt will Nürnberg bis 2023 rund 1,38 Milliarden Euro investieren, davon rund 800 Millionen Euro aus eigener Tasche. Das ist der höchste Investitionshaushalt seit Jahrzehnten. Das meiste Geld fließt in den Straßen- und Brückenbau, gefolgt von Investitionen in Schulen.

Im Mittelfristigen Investitionsplan (MIP) für die nächsten vier Jahre tauchen alte Bekannte auf: an erster Stelle der kreuzungsfreie Ausbau des Frankenschnellwegs (Gesamtkosten: rund 660 Millionen Euro), Brückensanierungen in der Hafenstraße und am Frankenschnellweg (insgesamt rund 178 Millionen Euro) oder der Neubau der Bertolt-Brecht-Schule (rund 197 Millionen).

Die Digitalisierung an den Schulen schlägt alles in allem mit rund 86 Millionen Euro zu Buche. Und im Kulturbereich verschlingt allein die Sanierung des Künstlerhauses 28 Millionen Euro.

Neu im MIP sind zum Beispiel die Generalsanierung des Jamnitzerplatzes in Gostenhof, Kita-Neubauten, der Neubau des Feuerwehrhauses in Katzwang oder die vor kurzem beschlossene Multifunktionshalle am Tillypark.

7. Kann die Stadt ihre Investitionen ohne neue Schulden stemmen?

Nein. Die Stadt will im nächsten Jahr 39,8 Millionen Euro neue Schulden machen, wenn die Stadträte mitmachen. Sie bliebe damit nur ganz knapp unter der 40-Millionen-Grenze, die sie nicht überschreiten will. Bislang vertrat die Mehrheit im Stadtrat die Auffassung, lieber neue Schulden zu machen, statt Investitionen in die Infrastruktur den nachfolgenden Generationen aufzubürden.

"Ich bin sehr froh, dass wir aktuell eine Öffnung der Diskussion über die Frage erleben, ob eine moderate Verschuldung für Zukunftsinvestitionen in Zeiten von Niedrigzinsen erlaubt ist", so Riedel. Die Folge ist aber natürlich, dass die Verschuldung seit vielen Jahren kontinuierlich steigt. Die Stadt rechnet 2020 insgesamt (ohne Eigenbetriebe) mit 1,47 Milliarden Euro Schulden, mit allen Eigenbetrieben klettern die Schulden auf 1,8 Milliarden Euro.

8. Wie viel investiert die Stadt eigentlich in ökologische Nachhaltigkeit?

Das lässt sich laut Riedel nicht beziffern, weil gemeinsame Kriterien dafür fehlen. Er nennt als Beispiel die Bertolt-Brecht-Schule, die nach neuesten Energiestandards gebaut werde. Fließe diese dann zu 100 Prozent in die Rechnung ein oder nur zu einem Teil, fragt Riedel. Mittlerweile wird die Kategorie Nachhaltigkeit auch vom Deutschen Städtetag diskutiert. In ein paar Jahren dürfte es einheitliche Kriterien geben, meint der Referent.

9. Die Konjunktur trübt sich leicht ein, auch wenn Deutschland wohl knapp an einer Rezession vorbeischrammt. Was bedeutet das für die Stadt und den Haushalt 2020?

Laut Steuerschätzung vom November stagnieren die Gewerbesteuer-Einnahmen 2020. Dies entspreche den Prognosen der Wirtschaftsinstitute, nach denen es erst ab Mitte des Jahres wieder deutlicher aufwärtsgehe in der Wirtschaft, sagt Riedel. "Insgesamt fiel die Steuerschätzung für die nächsten Jahre positiver aus als befürchtet. Dies würde bedeuten, dass die Stadt ihre Investitionen bis 2023 finanzieren kann und trotzdem weitgehend ausgeglichene Haushalte vorweist." Anders wäre dies im Fall einer echten Wirtschaftskrise, dann stünden viele Projekte auf der Kippe.

10. Und wie sieht die Prognose fürs nächste Jahrzehnt aus?

Riedel sieht "große Risiken für das nächste Jahrzehnt", zum Beispiel durch massiv steigende Baukosten bei Großprojekten. Gerade die Mitte des nächsten Jahrzehnts anstehenden Generalsanierungen der Meistersingerhalle und des Opernhauses, deren Kosten aktuell noch nicht beziffert werden können, könnten sehr teuer werden, befürchtet der Kämmerer. "Schaut man in andere Städte wie Stuttgart oder Köln, bewegen sich solche Bauprojekte inzwischen in einer Größenordnung von bis zu einer Milliarde Euro."

Die Prognose des Finanzreferates, wonach die Stadt bis 2030 insgesamt vier Milliarden Euro in Schulen und Kinderbetreuung, ÖPNV, Straßen, Brücken und Kulturbauten investieren muss, müsste dann deutlich nach oben korrigiert werden.

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