Zeitreise in die Vergangenheit

14.8.2010, 00:00 Uhr
Zeitreise in die Vergangenheit

© Leberzammer

  "Wollen Sie mir trotzdem auf einen kleinen verkehrsgeschichtlichen Ausflug folgen?", fragte Stadtheimatpfleger Alexander Mayer unsicher in die knapp hundertköpfige Runde. Kein Widerspruch. Nur noch einen Regenschirm galt es für den Historiker zu organisieren. Doch daran bestand an diesem Abend wahrlich kein Mangel.

20 Schautafeln, die die Fürther Verkehrsgeschichte der vergangenen 1000 Jahre "Zu Wasser, zu Lande und in der Luft" beleuchten, hat Mayer entworfen. Angebracht sind sie an den beiden Seitenflügeln des Bahnhofnachbaus. Die waren schon zu Zeiten des Originals ohne Vordächer, weswegen die historisch Interessierten Mayers Ausführungen unter vielen Regenschirmen lauschten.

Doch irgendwie passte der anhaltende Niederschlag ganz gut zum Thema. Denn zumindest in ihren Anfängen waren Reisen und Transporte durch Fürth meist eine ziemlich feuchte Angelegenheit. Durch die Furt im Regnitzgrund, die der Kleeblattstadt ihren Namen gab, mussten schon im Hochmittelalter die Ochsengespanne, die bis aus Brüssel oder Prag kamen, gezogen werden.
 

"Baustil zu undeutsch"


Über Fossa Carolina ("nach heutigen Erkenntnissen wurde der Karlsgraben zumindest zeitweise genutzt"), Ludwigskanal und Rhein-Main-Donau-Kanal spannte der Stadtheimatpfleger einen Bogen bis in die Gegenwart. Besonders breiten Raum in der Freiluft-Ausstellung nimmt natürlich die Eisenbahn ein. Schließlich ist deren 175. Jubiläum der Anlass für die "einzigartige Zeitreise", wie Fürths Oberbürgermeister Thomas Jung den detailgetreuen, in zwei Dritteln seiner ursprünglichen Ausmaße am alten Standort wieder errichteten Bahnhof bezeichnete.

Der 14 Meter hohe und 57 Meter lange Nachbau ist für Jung "die spektakulärste Attraktion im Jubiläumsjahr". 1886 eröffnet, um der wachsenden Konkurrenz durch die Pferdebahn zwischen Nürnberg und Fürth zu begegnen, bekam der Ludwigsbahnhof auf der Freiheit nie die erhoffte Bedeutung. Bald befand sich Deutschlands erste Eisenbahn quasi auf dem Abstellgleis, ohne echte Verbindung zum Fernstreckennetz. 1922 stellte die Ludwigsbahn den Betrieb ein und 1938 ging es dem architektonischen Endpunkt in Fürth an den Kragen. 

Zeitreise in die Vergangenheit

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"Sein Baustil des Historismus galt den Nationalsozialisten als undeutsch", so Mayer. Außerdem fanden die Machthaber, dass auch Fürth einen Aufmarschplatz brauche, "den man nebenbei als Flugabwehrstellung und als Abraumhalde für die Trümmer des erwarteten Luftkriegs zu nutzen gedachte". Bis Sonntag, 29. August, ist der aus Aluminiumgerüsten und bedruckten Kunststoffbahnen bestehende Nachbau noch zu bewundern.

Daneben, in der Konrad-Adenauer-Anlage, gibt es zudem täglich ab 19.30 Uhr ein Rahmenprogramm mit Vorträgen, Lesungen und Musik. So geben etwa heute Abend Thilo Wolf und Ewald Arenz vom Stadttheater Fürth Kostproben ihres Musicals "Bahn frei", das im Oktober Premiere feiern wird. Alle, die an Museen besonders die dazugehörigen Shops schätzen, sollten dem Wartesaal der Bahnhofreplik unbedingt einen Besuch abstatten.

Neben Literatur und Modellbahnen finden sie dort Seifen, Bierkrüge oder bestickte Handtücher in Ludwigsbahnoptik. Selbst ein Adler-Duschgel gibt es, das aber zur Enttäuschung manch passionierter Pufferküsser nicht nach Schmieröl oder Kohle, sondern nur nach frischen Duftaromen riecht.