Zum Jahrestag der S-Bahn-Tragödie: Eltern gründen Stiftung

25.1.2020, 05:54 Uhr
Zum Jahrestag der S-Bahn-Tragödie: Eltern gründen Stiftung

Januar 2019 wurden Luca Ballmann und Frederik Wilke an der S-Bahnstation "Frankenstadion" Opfer eines Gewaltverbrechens. An diesem Sonntag ist ihr erster Todestag – und ihre Eltern werben für eine Kultur des Helfens. "Ihr Tod war vollkommen sinnlos, und diese Sinnlosigkeit darf so keinen Bestand haben", sagt Georg Ballmann, Lucas Vater.

Luca und Frederik wollten am U-Bahngleis in den letzten Minuten ihres Lebens einen Streit schlichten – nun werden die Eltern, um ihrer Söhne zu gedenken, künftig ein gewaltfreies Miteinander fördern. Sie haben zu Beginn dieses Jahres die "Frederik und Luca-Stiftung" gegründet.


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Das Ziel: Mit dem Geld der Stiftung – erhoben wird ein jährlicher Mitgliedsbeitrag von 50 Euro – sollen etwa Streitschlichter-Programme in Kindergärten und Schulen finanziert und unterstützt werden. "Wir treten für ein friedvolles, tolerantes und soziales Verhalten ein", schildert Georg Ballmann.

Bis zur Tat voller Lebensfreude

Luca und Frederik hatten sich in Heroldsberg als Ministranten engagiert, als Fußballer waren sie im Turn- und Sportverein aktiv. Ihre Angehörigen werden nun Informations- und Motivationskampagnen starten, sich an kulturellen und sportlichen Veranstaltungen beteiligen.

Als Partner hat Georg Ballmann bereits den 1. FC Nürnberg gewonnen, auch im Stadion soll für die Ziele der Stiftung geworben werden. Er sagt: "Wir haben die Stiftung gegründet, um dem Leben von Frederik und Luca, das bis zu dieser Tat von Lebensfreude und Engagement für die Gemeinschaft geprägt war, gerecht zu werden. Und um die Sinnlosigkeit dieser Nacht in etwas Sinnhaftes umzuwandeln."

Die Tragödie entsetzte Menschen im ganzen Land: Die Jungs hatten an jenem Abend mit Freunden im Club "Won" gefeiert. Als die Unter-18-Party endete, traten die Nachtschwärmer den Heimweg an, darunter auch die Clique aus Heroldsberg. Frederik Wilke stieg die Treppen zum Gleis hoch, als sich hinter ihm ein 17-Jähriger an seinem Rucksack zu schaffen machte. Später wurde über jenen Griff an den Rucksack im Gerichtssaal viel gestritten – er habe nur einen Reißverschluss schließen wollen, behauptete der 17-Jährige später.

Während einige der Jugendlichen noch die Treppe hinaufliefen, lehnten andere oben am Geländer, blickten hinab und waren sicher, gerade einen dreisten Diebstahlversuch zu beobachten. Die Szene markierte den Beginn des Dramas am Bahnsteig.

Urteil kurz vor Weihnachten

Es kam zum Streit und ausgerechnet im schmalen Bereich zwischen Treppengeländer und Bahnsteigrand entwickelte sich zwischen den Jugendlichen eine Schubserei, die Situation wurde brandgefährlich.

Luca Ballmann und Frederik Wilke, dies zeigt die Aufzeichnung einer Überwachungskamera eindeutig, versuchten, die Streithähne zu beschwichtigen, und auf die anderen Jugendlichen einzuwirken – ihren Einsatz bezahlten sie mit ihrem Leben. Um 0.13 Uhr wurde Frederik von zwei jungen Männern (beide damals 17 Jahre alt) geschubst.

Kurz vor Weihnachten 2019 sprach die Jugendkammer I des Landgerichts Nürnberg-Fürth in der Urteilsbegründung von einer fahrlässigen Tat – und nicht von einem Stoß mit Tötungsvorsatz. Die beiden Täter wurden wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu mehr als drei Jahren Jugendstrafe verurteilt.

Frederik stürzte in jener Nacht nach vorne in das Gleisbett, Luca und ein dritter junger Mann (er gehört nicht zu dem Heroldsberger Freundeskreis) wurden mitgerissen, der Dritte konnte sich retten. Frederik und Luca wurden von einem Zug erfasst. Sie waren gerade 16 Jahre alt. Der Personenzug fuhr außerplanmäßig durch den S-Bahnhof. Eine Lautsprecherdurchsage, die vor dem Zug hätte warnen können, gab es nicht.

Bei der Raiffeisen-Volksbank Aschaffenburg wurde ein Spendenkonto eingerichtet: IBAN DE33 7956 2514 0003 0210 17.