Freisprechung der Schreinergesellen

"Ehrt das Handwerk und bleibt anständig"

Ute Scharrer

1.8.2022, 19:00 Uhr
Die dreizehn frisch gebackenen Schreinergesellen und eine Gesellin, eingerahmt von Geschäftsführerin Manuela Wohlert, Obermeister Christian Pickelmann und Bürgermeister Peter Uschalt auf der linken Seite und Lehrlingswart Martin Wölfel und Landrat Armin Kroder auf der rechten Seite.

© U. Scharrer, NN Die dreizehn frisch gebackenen Schreinergesellen und eine Gesellin, eingerahmt von Geschäftsführerin Manuela Wohlert, Obermeister Christian Pickelmann und Bürgermeister Peter Uschalt auf der linken Seite und Lehrlingswart Martin Wölfel und Landrat Armin Kroder auf der rechten Seite.

Der erste Eindruck beim Betreten der schön gestalteten Geru-Halle ist der einer großen Vielfalt und kreativer Kräfte, die sich in vierzehn Gesellenstücken Ausdruck gesucht haben. Vom mit lila Gewebestreifen bezogenenen Schaukelstuhl mit Organisationsfächern bis zum Sideboard im Schachbrettmuster, von einer türkis-golden gemusterten hölzernen Decke, die organisch eine Kommode überzieht oder einer auf Hochglanz gebrachten Edelholz-Werkbank hatte der erste Blick auf die Werkstücke einiges zu bieten.

Der zweite Blick gilt der Verarbeitung, den sauber gefrästen Verbindungen, den Intarsien mit perfektem Finish, der Ausgewogenheit der Form. Auf dieses Einzelheiten warfen nicht nur die Schreinermeister bei ihrer Bewertung ein scharfes Auge sondern auch die Jury der „Guten Form“. Carola Hoffmann, Vorsitzende des Wirtschaftsforums Hersbruck, Stadtbaumeister Thomas Beygang, Architekt Walter Reidinger und Fachlehrer Gerd Wagner hatten die Möbel auf Herz und Nieren geprüft, das handwerkliche Können sowie Harmonie und Spannung des Entwurfs gründlich in Augenschein genommen.

Ausgezeichnete Arbeit

Als besonders gelungen bewerteten sie Marcel Michael Weimanns Schreibtisch mit integriertem Sideboard im Schachbrett-Look. Der Jung-Geselle aus der Schreinerei Oppel erhielt dafür eine Belobigung. Den Dritten Preis durfte Claus Xaver Schmidt von der Möbelwerkstatt Pickelmann für seinen originellen und funktionalen Schaukelstuhl entgegennehmen. Über den zweiten Preis freute sich Oliver Mayer von den Möbelmachern, der ein lang gestrecktes Sideboard aus Ahorn und Nussbaum mit raffinierten Schieberollo-Türen gebaut hatte.

Ausgezeichnete Junghandwerker: die Preisträger der „Guten Form“ 2022 sind von links Claus Xaver Schmitt (3.Preis), David Johannes Forell (1. Preis und Innungssieger) und Oliver Mayer (2.Preis).

Ausgezeichnete Junghandwerker: die Preisträger der „Guten Form“ 2022 sind von links Claus Xaver Schmitt (3.Preis), David Johannes Forell (1. Preis und Innungssieger) und Oliver Mayer (2.Preis). © U. Scharrer, NN

Überrascht und gerührt nahm David Johannes Forell, ausgebildet in der Bau- und Möbelschreinerei Neunsinger, den Hauptpreis für die nur scheinbar schlichte Sitzbank entgegen, die mit ihren dezenten Verdrehungen und einer schwebenden Schublade das Ja aller Jurymitglieder gefunden hatte. David Johannes Forell hatte neben den zwei praktischen Noten auch in der Theorie überzeugen können und war mit dem besten Notenschnitt von 1,5 auch Innungssieger, gefolgt von Anton Behringer (Engelhardt Holztechnik) mit 2,0 und Alexander Ziel, ausgebildet von der Schreinerei Christian Alt mit 2,1 als Notenschnitt. Preisgelder und Werkzeug als Sachpreise begleiteten die Urkunden und Zeugnisse.

Vor der feierlichen Freisprechung aller Gesellen wurden den jungen Menschen von Wegbegleitern gute Wünsche und anerkennende Worte mit auf den Weg gegeben.

Obermeister der Schreiner-Innung Christian Pickelmann bedankte sich bei den Eltern der Auszubildenden, die ihre Sprösslinge „auf den Holzweg“ geschickt hätten. „Seid stolz auf eure Kinder!“, rief er den Eltern zu. Zweiter Bürgermeister Peter Uschalt freute sich sichtlich über die schönen Gesellenstücke, von denen er das eine oder andere sofort mit nach Hause nehmen würde. „Eure Initiative ist es, auf die es ankommt, nicht mehr wie in den mittelalterlichen Zünften „guter Leumund oder ehrbare Eltern,“ gab er den frisch gebackenen SchreinerInnen mit.

Blick zurück

Stephan Czwalina von der Beruflichen Schule 11 in Nürnberg gestand sich und den Prüflingen eine gewisse emotionale Berührtheit zu: darüber, dass die Freisprechung wieder in festlichem Rahmen stattfinden kann, dass die jungen Menschen Nachwuchs- und Materialmangel im Schreinerhandwerk ihre positive Einstellung entgegensetzen würden und nach einer durch die Corona-Pandemie erschwerten Ausbildungszeit in einen neuen Lebensabschnitt starten können. Gerd Wagner, Fachlehrer an der Staatlichen Berufsschule Lauf erinnerte an die strapaziösen ersten Tage im neuen Beruf. Die Frage: „Herr Wagner, wo sind denn in dieser Werkstatt die Stühle?“, habe er in den langen Tagen des anstrengenden Hobelns öfter gehört. „Denkt gerne an uns zurück!“ wünschte er sich von den ehemaligen Schülern.

Ähnliche Töne schlug auch Landrat und Bezirkstagspräsident Armin Kroder in seiner Festrede an: „Macht eure Weltreise unbedingt,“ ermutigte er zu Wanderjahren. „Und dann kommt ins Nürnberger Land zurück und engagiert euch: für das Handwerk und für die Demokratie!“. Mit einem Zitat aus der Comic-Verfilmung Spiderman erinnerte er daran, dass aus großer Kraft große Verantwortung folge. Andere klein zu machen, um selbst größer zu erscheinen sei nicht die richtige Methode, seine Kraft und Fähigkeiten achtsam einzusetzen, mahnte er soziales Verhalten an und nannte das Bild vom „ehrbaren Kaufmann“ als besseres Vorbild.

Guter Rat

Lehrlingswart Martin Wölfel zeigte anhand des von allen einheitlich in sieben Stunden zu fertigendem Praxisstücks, wie sich die Noten auf dem Abschlusszeugnis zusammensetzen. Und endlich war es Zeit, die feierlichen Worte der Freisprechung den scheidenden Auszubildenden zuzusprechen. Das übernahm Obermeister Christian Pickelmann. Traditionell folgt nach der Zeugnisübergabe die Ehrung verdienter Mitarbeiter. Die Geschäftsführerin der Schreinerinnung Nürnberger Land, Manuela Wohlert überreichte eine Urkunde an Sven Springer, der seit 10 Jahren in der Möbelwerkstatt Pickelmann tätig ist und erinnerte an das Engagement von Thomas Liebel, der sich von 1992 bis 2019 im Prüfungsausschuß engagiert hat.

„In diesen unberechenbaren Zeiten,“ so schloß Obermeister Pickelmann den offiziellen Teil des Abends, „ist es schwer, den perfekten Rat für euch zu finden. Haltet das Handwerk in Ehren und bleibt anständig!“.

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