Impftourismus sorgt für ungenaue Zahlen

Wo werden die Impfungen erfasst?

Antonia Kourtides

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2.12.2021, 12:58 Uhr

Viele Bürger des Nürnberger Landes wollten der Empfehlung der STIKO einer Auffrischungsimpfung folgen, doch sie mussten schnell feststellen: So einfach ist es nicht. Warteschlangen bildeten sich vor dem Impfzentrum in Röthenbach und bei verschiedenen Sonderimpfaktionen. Oft warteten die Impfwilligen vergeblich. Viele suchten dann nach einer eigenen Lösung: Neumarkt, Kulmbach oder Katzwang waren ihre Ziele, um doch zeitnah eine Booster-Impfung zu erhalten. Doch wie wirkt sich der Impftourismus auf die Erfassung der Impfungen im Landkreis aus?

Das Landratsamt veröffentlicht zweimal wöchentlich die Anzahl der geimpften Bürger aus dem Nürnberger Land. Derzeit sind demnach über 60 Prozent ein oder zwei Mal geimpft und etwa zehn Prozent haben eine dritte Impfung erhalten. Sind diese Zahlen aussagekräftig? Laut Landratsamt werden darin nur die Spritzen mit Biontech, Moderna und Co. von den Impfaktionen im Nürnberger Land erfasst. Jeder, der sich außerhalb des Landkreises immunisieren lässt, fällt demnach aus der Statistik. Das sei aber schon so, seit im Sommer die Wohnortbindung aufgehoben wurde, sagt Christian Stegmaier vom Landratsamt.

Neben Impfungen außerhalb des Landkreises werden auch solche, die von Betriebsärzten durchgeführt werden, nicht vom Landratsamt erfasst. Die veröffentlichte Impfquote ist also mit Vorsicht zu betrachten und liegt wahrscheinlich höher als vom Landratsamt berechnet.

Unkomplizierte Impfung

Dass es auch Menschen für eine Impfung ins Nürnberger Land verschlägt, zeigt der Fall einer Frau, die bei einer Impfaktion in Winkelhaid aus dem Nürnberger Osten angereist war. Wie viele andere musste sie an dem Tag aber nach Wartezeit ohne Immunisierung wieder nach Hause. An dem niedrigen Impfangebot gab es in den vergangenen Wochen immer wieder Kritik aus der Bevölkerung.

Schwarzenbrucks Altbürgermeister Bernd Ernstberger wendet sich deshalb an die Redaktion. Er möchte ein positives Beispiel erzählen. Auch er ist Impftourist. Ihn verschlug es nach Katzwang. Von der Anmeldung bis zur Impfung innerhalb von drei Tagen, schwärmt er. Impfstoff und Uhrzeit konnte er dabei frei wählen, und auch die Impfung selbst verlief schnell und unkompliziert, wie er erzählt: "Ich durfte gleich in die Praxis zum Empfang, obwohl ich 15 Minuten zu früh kam." Einige Leute sind vor ihm in der Schlange und Ernstberger stellt sich auf etwas Wartezeit ein. Die Wartenden werden aber schnell aufgerufen, der Ablauf ist gut organisiert. "Noch vor meinem eigentlichen Termin saß ich schon wieder im Auto, um nach Hause zu fahren", erinnert er sich.

Von seiner Impfung wird das Gesundheitsamt im Nürnberger Land aber nichts erfahren. Sein Piekser wird in der Statistik der Stadt Nürnberg auftauchen. Der Impftourismus ist übrigens erlaubt. In den ersten Monaten des Jahres gab es eine sogenannte Wohnortbindung. Das heißt, man konnte sich nur dort impfen lassen, wo man auch wohnt. Diese wurde im Sommer aber aufgehoben, um freie Kapazitäten, wie beim Fall von Bernd Ernstberger in Katzwang, besser nutzen zu können. Jetzt kann man in jedem Impfzentrum in Bayern über BayIMCO einen Termin buchen. Die Terminvergabe bestimmen die Impfzentren selbst.

Kapazitäten aufgebaut

Die Hoffnung bleibt, dass sich die Lage im Nürnberger Land schnell entspannt. Hinweise darauf gibt es zumindest. In den letzten beiden Novemberwochen hat das Impfzentrum in Röthenbach seine Kapazität ausgeweitet. Inzwischen ist es an fünf Tagen pro Woche geöffnet. Laut Landratsamt impfen die Malteser und das Bayerische Rote Kreuz von Dienstag bis Samstag 400 Menschen pro Tag. Zusätzlich eröffnet am Montag, 6. Dezember, wieder die Außenstelle in Altdorf.

Die Sonderimpfaktionen und mobilen Impfstationen hingegen waren nie darauf ausgelegt, die breite Bevölkerung zu impfen. Sie sollten ein niedrigschwelliges Angebot für all die unsicheren Bürger darstellen. Nachdem die Impfzentren im Herbst heruntergefahren wurden, fehlt es jetzt dort vor allem an Personal. Das verzögert den Impffortschritt. Denn die Malteser, die das Impfzentrum in Röthenbach betreiben, geben immer nur so viele Termine heraus, wie sie tatsächlich durchführen können. Deshalb sucht das Landratsamt weiter Menschen, die in Voll-, Teilzeit oder auf Minijob-Basis aushelfen können. Neben medizinischen Fachangestellten werden auch Verwaltungskräfte benötigt.

Info: Wer in den Impfzentren des Landkreises mithelfen möchte, kann seine Bewerbungen an folgende E-Mail-Adressen richten: marietherese.haberstumpf@malteser.org für das Impfzentrum in Röthenbach und impfteam@kvnl.brk.de für die Außenstelle des Impfzentrums in Altdorf.