Nürnberger Jugendherberge: Mit neuen Konzepten durch die Krise

16.10.2020, 10:22 Uhr
Die Jugendherberge in Nürnberg hat längst ein ausgeklügeltes Hygienekonzept. Auch bei den Buchungen ist sie flexibel wie nie. 

© Roland Fengler Die Jugendherberge in Nürnberg hat längst ein ausgeklügeltes Hygienekonzept. Auch bei den Buchungen ist sie flexibel wie nie. 

Wie ein Drahtseilakt fühlt sich das laufende Jahr für die Mitarbeiter der Nürnberger Jugendherberge an. Das wird vorerst so bleiben, denn die Corona-Einschränkungen fordern die Einrichtung hoch oben auf der Burg enorm.
Flexibilität - das ist das Gebot der Stunde für Herbergschefin Sigrid Natterer und ihre Mitarbeiter.

Nachdem die Jugendherberge im Mai nach dem Lockdown wieder öffnen durfte, wurde ein strenges Hygienekonzept eingeführt, Wege gekennzeichnet, Desinfektionsspender aufgestellt, die Stornierungs- und Umbuchungsbedingungen erleichtert. Die 353 Zimmer dürfen nur noch etwa zur Hälfte belegt werden.


Die Nürnberger Jugendherberge in Bildern und Zahlen


Dennoch hat sich die Schlafstatt in den früheren Stallungen der Kaiserburg relativ gut über Wasser halten können. Während bayernweit neun der 40 Jugendherbergen nach dem Lockdown gar nicht öffneten und die anderen um jeden Besucher kämpfen, haben die Jugendherbergen in Nürnberg, Passau und Regensburg den Vorteil, mit einer attraktiven Lage in schönen Städten punkten zu können.

Im Mai ging es schleppend los

Betrachtet Chefin Sigrid Natterer die nüchternen Zahlen, ist sie vorsichtig hoffnungsvoll: Etwa 60 Prozent der Vor-Corona-Übernachtungszahlen erreicht die Nürnberger Jugendherberge im Vergleich zum Vorjahr bisher. „Im Mai ging es etwas schleppend los“, sagt sie. „Aber dann stieg die Nachfrage. Im August verzeichneten wir rund 5500 Übernachtungen. Zum Vergleich: In den Vorjahren, also vor der Pandemie, waren es im gleichen Monat etwa 9000 bis 10 000.“

Berufsschule hilft beim Überleben

Es ist sturer Optimismus, der Natterer und ihre Kollegen durch dieses schwierige Jahr trägt. Während vor Corona hauptsächlich Schüler- und Jugendgruppen kamen, waren es in diesem Sommer Familien. „Geholfen hat uns auch, dass die Berufsschule einen Teil ihrer Schüler bei uns einquartiert hat.“ Die Schüler kommen regelmäßig – meist wochenweise – nach Nürnberg zu Block-Seminaren und die Schule hat das gleiche Problem wie kommerzielle Unterkünfte. Sie darf ihre eigenen Zimmer nicht wie üblich mit zwei Schülern belegen, sondern nur mit einem. „Diese Buchungen, im Schnitt sind es 40 bis 60 Schüler, haben uns enorm geholfen, wir sind dafür sehr dankbar, weil es einen guten Grundstock sichert“, so Natterer.

Alle Hoffnung liegt auf Christkindlesmarkt

Jugendherbergen haben alle das gleiche Problem: Sie sind gemeinnützig, dürfen deswegen keine Rücklagen bilden. Ohne die finanzielle Unterstützung mit fünf Millionen Euro durch die bayerische Staatsregierung wären die Einrichtungen längst pleite.

Jetzt liegen alle Hoffnungen in der Nürnberger Jugendherberge auf dem Christkindlesmarkt, auch, um wieder mehr der 48 Mitarbeiter aus der Kurzarbeit holen zu können. Schon jetzt sicherten sich viele Touristen ein Zimmer für die Vorweihnachtswochenenden, so Natterer. Auch Silvester ist gut gebucht. Sie rechnet – bleibt die Herberge weiterhin offen – mit 35 000 Gästen im Jahr 2020. Vor Corona waren es jährlich bis zu 90 000.

Neue Angebote

Der Jahresbeginn dürfte noch einmal herausfordernd werden, denn es fehlen der Jugendherberge auch die Messegäste, die sonst während der (in den Sommer 2021 verschobenen) Spielwarenmesse dort übernachten.
Flexibel bleiben, heißt es weiterhin: „Bisher durften Gäste bei uns, ausgestattet mit Einmalhandschuhen, ans Buffet. Steigen die Zahlen, stellen wir wieder auf Tablett-Ausgabe um“, sagt die Herbergschefin. Außerdem wurden sämtliche pädagogischen Angebote angepasst. „Wir haben auch neue Varianten wie Übernachtung mit Halbpension geschaffen.“ Außerdem schlage man Schulen und Jugendeinrichtungen vor, doch mal eine Wanderung mit einer Übernachtung zu probieren.

Klassenfahrtverbot benachteiligt bayerische Schüler

Allerdings ist das etwas, das nur für außerbayerische oder Privatschüler gilt. Denn während bayerische Schüler gar nicht im Klassenverband reisen dürfen, begrüßte man in der Jugendherberge einige Schulklassen aus anderen Bundesländern, vor allem aus Ostdeutschland und Berlin. Hinzu kamen verschiedene Jugendgruppen. Natterer hofft darauf, dass die bayerische Staatsregierung bei ihren Entscheidungen zum Klassenfahrtsverbot einlenkt.
„Die Schülergruppen, die in diesem Sommer kamen, waren völlig unproblematisch“, so Natterer. „In unserem Saal, der für 200 Personen ausgelegt ist, sind jetzt eben nur 50. Da ist um jeden herum mindestens zwei Meter Abstand.“ Außerdem hielten sich die Jugendlichen ohne Probleme an sämtliche Vorgaben.

Entgegenkommend wie nie

„Wir merken auch, dass die jungen Menschen geradezu nach einer Abwechslung wie einer Klassenfahrt lechzen.“ Auch Lehrer bestätigten ihr immer wieder, wie wichtig solch außerschulische Aktivitäten für das soziale Gefüge einer Klasse seien. „Wir sind inzwischen total anpassungsfähig, man muss nur anfragen“, so Natterer.


Beweglich muss die Herberge auch in Sachen Corona-Hotspots sein. „Gäste aus Risikogebieten können – mit einem negativen Corona-Test, nicht älter als 48 Stunden – bei uns einchecken. Doch wir merken oft, dass es für die Gäste ganz schwierig ist, in ihren Städten überhaupt eine Testmöglichkeit zu finden.“ Aber, betont sie, auch hier sei man in Sachen Umbuchung und Stornierung so entgegenkommend wie nie.

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