Nürnberger Start-Up sorgt für Trinkwasser in Afrika

26.11.2020, 05:35 Uhr
Wasser marsch: Das Nürnberger Grino-Team (vorne links: Farzaneh Ahmadloo und Alireza Derakshan; 3.v.r: Josef Schütz, 2.v.r: Julian Göbel) hat in Ghana die erste Trinkwasser-Anlage gestartet.

© e-arc-tmp-20201116_151845-3.jpg, NNZ Wasser marsch: Das Nürnberger Grino-Team (vorne links: Farzaneh Ahmadloo und Alireza Derakshan; 3.v.r: Josef Schütz, 2.v.r: Julian Göbel) hat in Ghana die erste Trinkwasser-Anlage gestartet.

Zwar hat Nürnberg einen Hafen, die Stadt liegt aber recht weit weg vom Meer. Dennoch gibt es ein Nürnberger Start-up, das auf Sonne und die See setzt: Grino Water Solutions baut Entsalzungsanlagen für Meerwasser, die mit Solarenergie betrieben werden. Gerade wurde die erste Anlage zur Trinkwassergewinnung in Ghana in Betrieb genommen.

Die Initialzündung kam bei einem Forschungs- und Entwicklungsprojekt an der Universität Erlangen-Nürnberg. Inzwischen hat sich daraus eine Firma mit fünf Mitarbeitern entwickelt, die zwar auch gemeinnützige Projekte umsetzt, aber grundsätzlich gewinnorientiert arbeitet. An der Uni ging es zunächst um Anlagentechnik, dann hatte der damalige Student und heutige Grino-Geschäftsführer Alireza Derakshan die Idee mit der Meerwasserentsalzung: Er stammt aus dem Iran, wo Wasser ein großes Thema ist.


Erfolgreich trotz Krise: Wie drei fränkische Startups Corona trotzen


Josef Schütz, der über das Gründerbüro der Uni zum Projekt kam und die Firma Grino mitgegründet hat, erklärt die Stärken der Geschäftsidee: "Mit Sonne und Meerwasser kombinieren wir zwei nahezu unbegrenzt verfügbare Ressourcen. Die Anlagen sind unabhängig vom Stromnetz, daher eignen sie sich auch für entlegene Orte oder Inseln wie zum Beispiel die Philippinen."

Überraschender Anruf aus Chile

Nach der Firmengründung mithilfe eines Stipendiums ist das Start-up vom Erlanger Campus 2019 in eigene Büroräume im Nürnberger Nürbanum gezogen. Von dort aus hat Grino Südeuropa, den Mittleren Osten und Afrika als Kernregionen im Blick. Es gibt aber auch schon Kontakte nach Indien – und gerade erst kam ein überraschender Anruf eines Interessenten aus Chile. "Wir sind weltweit im Gespräch", freut sich Schütz. Grino ist zwar nicht der erste Anbieter von Entsalzungsanlagen, aber die meisten Wettbewerber setzen noch auf Batterien oder Stromgeneratoren, was die Sache nicht nur teurer, sondern auch den Betrieb und die Wartung aufwändiger macht – ganz zu schweigen von den Umweltaspekten. "Unser Fokus liegt auf Solaranlagen. Aber wir werden auch Hybrid-Lösungen mit Photovoltaik und einem Stromaggregat anbieten. Auch eine Kombination mit Windkraft ist möglich."

Von anderen solarbetriebenen Anlagen kann sich Grino zudem mit einer technischen Innovation absetzen: eine vollautomatisierte Steuerungs-Software ist das Alleinstellungsmerkmal der Firma. Das minimiert die Kosten für Betrieb und Wartung. "Unser System ist dynamisch und passt sich der Stärke der Sonnenstrahlung an", erklärt Schütz. Das bedeutet: Auch bei wenig Sonnenschein arbeiten die Pumpen weiter, nur eben mit geringerer Produktion. "Ein An- und Abschalten der Anlage ist nicht mehr nötig, auch nicht bei Bewölkung." Sobald die Sonne aufgeht, startet das System ganz von allein. Überwachen lässt es sich auch von Nürnberg aus.

Nach zwei Jahren Entwicklung konnte nun die erste Entsalzungsanlage in Ghana eingeweiht werden. Der geeignete Standort für die Premiere von Grino wurde durch Kontakte zum Verein "Technik ohne Grenzen" gefunden: Die Philip Quaque School in Cape Coast ist die älteste Schule Ghanas. Die Entsalzungsanlage versorgt dort rund 600 Schüler und 400 Mitglieder der Gemeinde mit Wasser, das aus dem wenige Meter entfernten Meer gewonnen wird.

Der Auftakt ist vielversprechend

Das Salzwasser wird durch eine sogenannte Umkehr-Osmose in Trinkwasser umgewandelt, indem es mit hohem Druck durch eine halbdurchlässige Membran gepumpt wird. Mit diesem Verfahren lässt sich übrigens auch Grundwasser, Brack- und Abwasser filtern, daher können die Nürnberger auch diese Leistungen anbieten. Bei einer starken Verschmutzung des Wassers durch größere Partikel kann ein zusätzlicher Vorfilter nötig sein, ansonsten muss an der Anlage nichts geändert werden. "Wir haben jetzt mit der Umwandlung von Meerwasser in Trinkwasser begonnen, spezifische Angebote für die Landwirtschaft und Industrie werden folgen", sagt Schütz.


Experte klärt auf: Wie gesund ist Nürnbergs Leitungswasser?


Der Auftakt in Ghana ist schon mal vielversprechend: "Wir wurden bereits von regionalen Entscheidungsträgern um weitere Projekte gebeten, es gibt auch Interesse von weiteren Schulen", erzählt Schütz. Die erste Anlage wird von der "Innovation und Zukunft Stiftung" gefördert, ohne solche Unterstützung sind Hilfsprojekte nicht möglich. "Bei gemeinnützigen Projekten sind Stiftungen oder Förderer nötig für eine Subventionierung, oder die Anlage wird von einer Gemeinde gekauft", erklärt Schütz.

Grino will Mehrwert schaffen, ist aber keine gemeinnützige Firma. "Das Ganze soll profitabel sein – auch, um reinvestieren zu können", betont Schütz. "Die Anlagen können sich auch ohne Förderung selbstständig tragen, wenn sie eben nicht bei einem humanitären Projekt im Einsatz sind, sondern zum Beispiel in einem Hotel." Die Nutzungsmöglichkeiten der Wasseraufbereitungs-Anlagen sind zahlreich und das internationale Interesse ist jetzt schon hoch – daher sind die jungen Gründer aus Nürnberg zuversichtlich: Ghana ist erst der Anfang.

Keine Kommentare