Nürnbergs Pegnitzwelle macht Bayern zum "Kalifornien Deutschlands"

3.8.2020, 16:30 Uhr
Nürnberg ist nicht der erste Ort in Deutschland, der eine stehende Welle bekommt.

© Friso Gentsch/dpa Nürnberg ist nicht der erste Ort in Deutschland, der eine stehende Welle bekommt.

Leo Kölzer hat sie alle gesurft, die lokalen Wellen in Deutschland. Der Redakteur und Blogger (local-surf.com) ist seit Jahrzehnten passionierter Wellenreiter und hat Hobby und Beruf miteinander verknüpft. So schreibt er im Netz über angesagte Surfspots weltweit, aber auch über die bestehenden Trainingsmöglichkeiten in Deutschland.


Fix: Stadt unterstützt Surfer-Welle auf der Nürnberger Pegnitz


Sein klarer Favorit ist die Outdoor-Welle in Langenfeld, eine dreißigminütige Autofahrt von Köln entfernt. Dort, in einem Baggersee, an dem eine der größten Wasserskianlagen Deutschlands mit vier Liften betrieben wird, kam die Welle als weiteres "Highlight" dazu. So formuliert es Andreas Voss, Pressesprecher von Langenfeld. Die Genehmigung der Anlage habe nur knapp drei Monate gedauert, erklärt er: "Die Welle wurde 2018 einfach in die bestehende Anlage integriert und wir sehen den Wassersportpark und damit auch diese Attraktion als touristischen Magneten für unsere Region."

72 Badewannen und zwölf Pumpen

Betreiber Benjamin Süß betont, es habe nie Probleme mit der Genehmigung der Surfer-Welle gegeben. Die Konstruktion der Welle schwimme auf dem Baggersee, das sei weltweit einmalig und sorge für ein besonderes Flair beim Surfen. Das Becken, in dem sich die Welle befindet, ist 13 Meter breit und 25 Meter lang und in einer Sekunde fließen etwa 15 Kubikmeter Wasser durch die Anlage. Das ist ungefähr so viel wie 72 Badewannen. Mithilfe von zwölf Pumpen wird das Wasser aus dem See erst angehoben und dann über ein Gefälle geleitet.

Das so beschleunigte Wasser trifft dann wieder auf das stehende Wasser im See und erzeugt so, sehr vereinfacht dargestellt, die Welle. Sie kann je nach Bedarf in Form und Höhe verändert werden, so dass Surfer jeden Niveaus auf ihre Kosten kommen. In der höchsten Stufe verbraucht die Welle satte 340 Kilowatt Ökostrom. Eine ganze Menge, die sich in den Kosten für die Nutzung widerspiegelt. "37 Euro für eine Stunde surfen mit zehn bis zwölf anderen, das ist schon eine ganze Menge", findet Surf-Blogger Leo Kölzer. Er hat Sorge, dass Surfen zu einer elitären Sportart wird.

"Ist wirklich vom Feinsten"

Doch Wellenreiten in Langenfeld ist noch günstig verglichen mit der künstlichen Indoor-Welle in München, die das Jochen Schweitzer Team in seiner Arena in Taufkirchen betreibt. Seit März 2017 kann man dort in schickem Ambiente surfen. "Duschen, Material, einfach alles dort einschließlich der Welle, ist wirklich vom Feinsten", sagt Leo Kölzer. Gesurft werden kann dort von Dienstag bis Sonntag, sechs Tage die Woche. Eine Einheit von 45 Minuten kostet dort für Erwachsene zwischen 35 und 40 Euro, je nach Wochentag. Die Welle ist auch hier variabel und kann bis zu 1,40 Metern hochgeschraubt werden, so dass sie auch echte Könner fordert. Auch hier gab es keine Probleme bei der Genehmigung der Anlage.


Startschuss für Nürnbergs Surfwelle im Pegnitzgrund


Die kraftvollste Indoor-Welle findet man im Wellenwerk in Berlin im Stadtteil Lichtenberg in einem ehemaligen Wasserkraftwerk. Seit November 2019 kann man hier bei tropischen Wassertemperaturen von 25 Grad surfen. Die Anlage wird mit Ökostrom aus einem Wasserwerk nahe der Donau betrieben. Ein Wärmerückgewinnungssystem sorgt dafür, dass im täglichen Betrieb kaum Energie verloren geht. Die überschüssige Abwärme der Pumpen, die für die Welle sorgen, wird für die Beheizung des gesamten Gebäudes sowie des Brauchwassers genutzt. Auch in Berlin war die Genehmigung der Indoor-Welle eine Sache von wenigen Monaten und das obwohl es auch hier ein Parkplatzproblem gibt.

Auch in Osnabrück kann man normalerweise im Inneren eines Einkaufscenters auf einer lokalen Welle surfen. Doch derzeit sind das Kaufhaus und damit auch die Hasewelle coronabedingt geschlossen worden.

Adidas als Sponsor

In Hannover auf der Leine ist ein ähnliches Projekt geplant wie in Nürnberg auf der Pegnitz. Selbst die eingesetzte Technik soll in Hannover dieselbe wie auf der Flusswelle in Nürnberg sein. Der Verein Leinewelle, der für das Projekt verantwortlich zeichnet hat eine lange Odyssee hinter sich. Querelen mit dem hiesigen Fischerreiverein, der mit einer Klage gedroht hat, und derzeit wiederholt auf eine Verlängerung der Frist pocht, verzögern das Surfvergnügen. Dabei liegt die Genehmigung für den Bau schon lange vor, untermauert von den notwendigen Gutachten. Sobald wie möglich soll es mit dem Bau der Anlage losgehen und so blickt man ein wenig neidisch nach Nürnberg.

Dort wird die Pegnitzwelle mit rund 1,1 Millionen Euro vom Freistaat unterstützt. Auch die Stadt Nürnberg schießt zu und mit Adidas hat der Verein Dauerwelle einen zuverlässigen Sponsor aufgetan. Und so sorgt die Pegnitzwelle zusammen mit der Eisbachwelle in München und den zahlreichen Wind- und Kitesurf-Spots an den bayerischen Seen dafür, dass der Freistaat zum "Kalifornien Deutschlands wird. So formuliert es zumindest Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ganz euphorisch auf seinem Facebook-Profil nach dem Spatenstich an der neuen Anlage mit Nürnbergs Oberbürgermeister Marcus König (CSU).

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