Ökobilanz der Windkraft-Türme fällt am besten aus

21.12.2018, 17:52 Uhr
Ökobilanz der Windkraft-Türme fällt am besten aus

© FA Wind/Bedurke

Herr Dr. Sudhaus, Windkraftanlagen sind inzwischen ein alltäglicher Anblick, die Meinungen darüber gehen in der Bevölkerung aber auseinander. Hat sich die Einstellung der Menschen mit der Zahl der Windräder verändert?

Dirk Sudhaus: Nein, deutschlandweit gesehen nicht. Wir führen seit 2015 jährlich eine Herbstumfrage durch, deren Ergebnisse sich kaum verändern: Etwa 80 Prozent finden Windkraft an Land wichtig oder sehr wichtig. Bei Betroffenen vor Ort ist die Akzeptanz höher als bei Menschen, die keine direkten Erfahrungen mit Windrädern haben.

Was sind die häufigsten Bedenken, die Sie gegen Windkraft hören?

Sudhaus: Worum es vielen im Kern geht, ist, dass das Landschaftsbild verändert wird. Zum Teil werden Sorgen vorgebracht, die mit Aufklärung ausgeräumt werden können, etwa die Angst vor Infraschall. Der von einem modernen Windrad ausgehende Infraschall ist allerdings nach 700 Metern mit den üblichen Messmethoden nicht mehr von dem ohnehin vorhandenen Infraschall zu unterscheiden. Und wir sind diesem Schall auch ansonsten sehr stark ausgesetzt. In Städten verursacht der Wind an Häuserkanten Infraschall, und der Straßenverkehr ist ein massiver Verursacher.

Welche Fläche könnte in Deutschland maximal besetzt werden?

Sudhaus: Es gibt eine Studie des Fraunhofer-Instituts für Windenergie und Energiesystemtechnik, wie viel Fläche wir bräuchten, um den für die Energiewende notwendigen Anteil an Windenergie bereitzustellen: zwei Prozent der Landesfläche. Aber: Die Wahrnehmung der Anlagen geht über diese Fläche hinaus, denn die Räder sind ja viel weiter zu sehen. Auf der anderen Seite ist die tatsächliche Bodennutzung viel geringer. Denn selbst unter der Fläche, die die Rotorblätter überstreifen, kann ja Landwirtschaft betrieben werden oder Wald weiterbestehen.

Windkraftanlagen im Wald sind häufiger geworden. Wie wirken sie sich auf das Ökosystem Wald aus?

Sudhaus: Seit die Anlagen höher geworden sind, ist der Standort Wald tatsächlich interessant geworden. Und Tatsache ist: Wir können die Klimaziele nicht erreichen, wenn wir nicht auch Windenergie im Wald erzeugen – der ja ohnehin schon wirtschaftlich genutzt wird. Beim Bau wird versucht, den Eingriff so gering wie möglich zu halten. Allerdings schafft man durch das Windrad eine Lichtung im Wald. Durch den größeren Lichteinfall nimmt die Zahl der Arten insgesamt eher zu, was nicht heißt, dass einzelne Tierarten nicht auch verdrängt werden könnten.

Wohin geht der Trend in Sachen Windrad-Technik?

Sudhaus: Ganz klar hin zu größeren Anlagen, die mehr Strom produzieren. Es gibt eine Faustregel, die besagt, dass pro einem Meter Höhenzuwachs ein Prozent mehr Strom erzeugt wird. Wenn die Größe der Anlagen also von 100 auf 200 Meter wächst, dann wird die doppelte Strommenge produziert. Zudem wird viel an den Flügeln geforscht, um die Lärmbelästigung zu mindern. Als positiver Nebeneffekt steigt die Effizienz, denn der Lärm entsteht ja durch Verwirbelungen an den Rotorblättern. In den nächsten Jahren wird sich auch die bedarfsgerechte Nachtkennzeichnung durchsetzen. Das bedeutet, dass in der Nacht nicht mehr dauerhaft beleuchtet werden, was viele Anwohner stört.

Wie ist die Öko-Bilanz eines Windrads insgesamt, von den Rohstoffen bis zum Rückbau?

Sudhaus: Nehmen wir die Treibhauswirkung; hier stehen Windräder mit den besten Werten da, auch im Vergleich mit anderen erneuerbaren Energien, im Vergleich mit den konventionellen sowieso. Im aktuellen deutschen Strommix, der ja auch schon 36 Prozent regenerative Energien enthält, werden durchschnittlich 537 Gramm CO2 pro Kilowattstunde Strom ausgestoßen. Wenn man beim Windrad die Menge an CO2, die bei Bau, Betrieb und Entsorgung anfällt, auf die produzierte Kilowattstunde Strom umrechnet, kommt man auf unter zehn Gramm. Interessant ist auch die Amortisationszeit der Energie, also wann das Windrad die Energie erzeugt hat, die bei seinem Bau eingesetzt wurde: Die liegt mittlerweile deutlich unter einem halben Jahr.

 

 

 

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