Lichtblick für Schulen und Kitas?

PCR-Gurgeltests als Revolution? Studie offenbart, wie gut sie wirklich sind

4.8.2021, 15:20 Uhr
Eine Mitarbeiterin des Datev-Testlabors scannt die gelieferten Gurgelpools einer Kindertagesstätte. Alle Proben kommen anonym und mit Zahlencodes versehen an. 

© Isabella Fischer Eine Mitarbeiterin des Datev-Testlabors scannt die gelieferten Gurgelpools einer Kindertagesstätte. Alle Proben kommen anonym und mit Zahlencodes versehen an. 

Es ist ein grauer Hochseecontainer in einer Lagerhalle der Datev, in dem Corona der Kampf angesagt wird. Der rechteckige Bau ist das firmeneigene Corona-Testlabor des IT-Unternehmens. Ein Mitarbeiter von David Schöner, Leiter des Facility Managements, bringt die erste Lieferung des Tages in einer roten Plastikkiste. Darin: kleine Becher mit wenigen Millilitern Flüssigkeit, sogenannte PCR-Gurgeltests einer Kindertagesstätte aus Nürnberg.

Testlabor im Hochseecontainer: Hier werden bei der Datev in Nürnberg die Gurgeltests analysiert. 

Testlabor im Hochseecontainer: Hier werden bei der Datev in Nürnberg die Gurgeltests analysiert. 

Eine Mitarbeiterin scannt die aufgeklebten Codes ab und registriert die neuen Proben im System. Die Proben werden alle anonym geliefert, lediglich durch Chiffre lässt sich zuordnen, zu welchem Pool einer Einrichtung die Test-Flüssigkeit gehört.

Dann geht die Kiste auch schon weiter in das Testlabor. Dort werden die Proben bei 95 Grad in einem Heizblock erhitzt, damit das Virus deaktiviert wird und nicht mehr infektiös ist. Anschließend wird die Flüssigkeit untersucht, nach rund eineinhalb Stunden gibt es bereits das Ergebnis: positiv oder negativ auf Corona getestet.

Bis zu 30 Proben in einem Gurgelpool

Jetzt in den Ferien ist es relativ ruhig, neben den eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Datev analysiert das Team die Proben von knapp 90 Einrichtungen wie Schulen, Kindertagesstätten oder anderen Firmen in Nürnberg. Der Vorteil an PCR-Gurgeltests: sie sind schnell und kostengünstig durchführbar, der Gang in die Apotheke oder in ein Test-Center ist nicht nötig. Mit Hilfe dieser Methode sollen Corona-Infizierte möglichst früh erkannt und Infektionsketten rascher unterbrochen werden.


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Auch die Durchführung der Tests ist simpel: Nach dem Aufstehen muss für mindestens 30 Sekunden und mit fünf bis sechs Milliliter Leitungswasser gegurgelt werden. Die Flüssigkeit wird anschließend in zwei Röhrchen gespuckt und in die Schule, Kita oder das Unternehmen gebracht. Der Inhalt eines Röhrchen wird dann in einen Pool gegeben und die Flüssigkeit im Labor untersucht. Bis zu 30 Personenproben können in einem Pool gesammelt werden. Erst wenn die Untersuchung des Pools positiv ausfällt, wird das zweite Röhrchen und damit jede einzelne Person auf das Corona-Virus untersucht.

Einzigartige Initiative in der Metropolregion

Die Datev beteiligte sich gemeinsam mit dem Institut für Mikrobiologie der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), der Industrie- und Handelskammer Nürnberg Mittelfranken und verschiedenen Unternehmen aus Erlangen und dem Landkreis Nürnberger Land an der Wicovir-Studie, eine Abkürzung der Frage "Wo ist das Corona Virus".

Mehr als eine halbe Million Gurgeltests, allein 190.000 davon in Erlangen, wurden dafür in den vergangenen Monaten in der Metropolregion und dem Raum Regensburg durchgeführt.

Andreas Burkovski, Professor für Mikrobiologie an der FAU und Leiter der Testlabors an der Uni in Erlangen und bei der Datev, ist mit dem Ergebnis der Studie zufrieden: "Die Akzeptanz in der Region war enorm. Wir konnten mehrfach Infizierte erkennen, obwohl sie einen negativen Antigen-Schnelltest und keine Symptome hatten. Das zeigt, dass die Gurgeltests effizient sind."

Auch Johannes Bisping, Unternehmer und Geschäftsführer des Testlabors im Nürnberger Land, zieht ein positives Fazit. Über 5000 Kinder konnten schon in der Einführungsphase der Studie im Frühjahr getestet werden, stetig kamen neue Kindertagesstätten oder Schulen im Landkreis Nürnberger Land dazu. Die Kapazitäten sind dabei noch nicht ausgeschöpft: "Unser Plan ist, im neuen Schuljahr ab September über 35.000 Kinder bis 13 Jahre testen zu können. Wir müssen alles dafür tun, dass schulisches Leben wieder ermöglicht wird."


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Auch die Datev will ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern trotz Pandemie einen sicheren Arbeitsplatz bieten, 800-1000 Personen verteilen sich derzeit täglich auf die verschiedenen Standorte in Nürnberg. "Als die Testpflicht für Unternehmen lauter wurde, haben wir uns überlegt, wie wir das anstellen können. Die herkömmlichen Antigen-Schnelltests waren dabei nicht das richtige Werkzeug - schon wegen dem ganzen Plastik, das anfällt. Also haben wir ein Container-Testlabor beschafft, das innerhalb von vier Tagen geliefert wurde", erzählt Schöner, der das Testlabor im Unternehmen leitet. Kurzerhand stellten sie biologisch- und medizinisch-technisches Personal an, das seitdem die Proben analysiert. "Wir sind ein offenes Testlabor. Andere Einrichtungen können sich gerne an uns wenden, wir haben noch Platz", so Schöner.

Die Gurgeltests stießen auch bei den Testenden auf eine hohe Akzeptanz. Während die Gurgeltests mit der Note 1 bewertet wurde, erhielt der Nasenabstrich die Note 4. Ein weiterer Pluspunkt: Die Auswertung eines Gurgelpools ist mit 1,50 Euro weitaus günstiger als ein Antigen-Schnelltest. "Der Freistaat kann mit den Gurgeltests Millionensummen von Steuergeldern sparen", sagt Bisping. Er und seine Kollegen hoffen nun, dass die Gurgelpools künftig fester Bestandteil der Corona-Strategie im Freistaat werden.

"Die Studie hat gezeigt, wie verlässlich, schnell und effizient die Gurgeltests in der Praxis sind. Deshalb sollten sie auch in Schulen fest eingesetzt werden. Da ist jetzt der Freistaat gefragt", so Bisping. Doch dafür braucht es Geld - das von den Ministerium nicht mehr kommt, die Studie gilt offiziell als abgeschlossen, eine weitere Förderung ist nicht vorgesehen.


Weitere Informationen zu den PCR-Gurgeltests finden Sie hier.

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