Polizei beendet Ermittlungen im Würzburger Kinderporno-Fall

30.9.2019, 14:14 Uhr
"Praxis vorübergehend geschlossen" steht auf einem Zettel am Eingang zur einer Praxis für Logopädie. Der im Würzburger Kinderporno-Fall verhaftete Sprachtherapeut schweigt zu den Vorwürfen.

© Daniel Karmann, dpa "Praxis vorübergehend geschlossen" steht auf einem Zettel am Eingang zur einer Praxis für Logopädie. Der im Würzburger Kinderporno-Fall verhaftete Sprachtherapeut schweigt zu den Vorwürfen.

Im Würzburger Kinderporno-Fall hat die Polizei ihre Ermittlungen abgeschlossen. Die Hauptverhandlung vor dem Landgericht Würzburg könne Anfang 2020 beginnen, teilte die Zentralstelle Cybercrime der Staatsanwaltschaft in Bamberg am Montag zusammen mit Justizminister Georg Eisenreich (CSU) mit.

Ein 37-jähriger Logopäde soll in Kindergärten und Praxen innerhalb von sieben Jahren sieben Buben im Alter von unter sechs Jahren sexuell missbraucht haben, hieß es bei der Präsentation. Anschließend soll er Bilder und Videos im sogenannten Darknet, einem versteckten Teil des Internets, verbreitet haben. Der Therapeut war im März verhaftet worden.

Gezielt schwache Opfer ausgesucht

Viele der Kinder hatten laut Staatsanwaltschaft Behinderungen oder Entwicklungsstörungen. "Wir können davon ausgehen, dass der Täter sich gezielt Opfer rausgesucht hat, bei denen zu erwarten war, dass sie sich nicht an Eltern oder Erzieher wenden", sagte Staatsanwalt Thomas Janovsky. Zwei Kindertagesstätten und zwei Praxen des Sprachtherapeuten seien Tatorte gewesen.


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Der Therapeut verging sich nach Angaben der Ermittler am nächsten Opfer in der Regel erst, wenn das vorherige Kind die Einrichtung verlassen hatte. Der erste Missbrauch soll Anfang 2012 stattgefunden haben. Insgesamt gebe es Hinweise auf 78 Missbrauchstaten, davon 45-mal schwerer sexueller Missbrauch. Der anfänglich ebenfalls verdächtige Ehemann des Therapeuten wusste demnach nichts davon; auch keiner der Kita-Mitarbeiter.

Auch Ermittler in anderen Regionen und Ländern sind im Einsatz, etwa in den USA. Denn bei dem Therapeuten gefundene, nicht von ihm selbst gemachte Aufnahmen lieferten der Staatsanwalt zufolge Hinweise auf weitere Kinderporno-Fälle. Darunter sei eine in einem europäischen Ausland aufgenommene Serie von Buben in Windeln. Der Täter habe identifiziert und eine weitere geplante Tat verhindert werden können.

"Szene verunsichern"

"Wir wollen den Täter haben, aber auch die Szene verunsichern", sagte der Staatsanwalt. Sie solle merken, dass auch das Darknet nicht sicher sei. 23.000 Fotos und Videos waren bei dem Therapeuten gefunden worden. Eine Sonderkommission mit mehr als 60 Polizeibeamten, drei Staatsanwälten und mehreren IT-Forensikern sichtete sie.

Justizminister Eisenreich forderte anlässlich des Würzburger Falls bundesweit Veränderungen, um besser gegen Kinderpornos und allgemein Cyberkriminalität vorgehen zu können. Erstens sollten Straftaten in der digitalen Welt ebenso hart bestraft werden können, wie in der analogen Welt. Zweitens sollten auch Versuche strafbar sein. Drittens forderte der Minister mehr Überwachungsmöglichkeiten. Unter anderem solle Ermittlern erlaubt werden, computergenerierte kinderpornografische Bilder als sogenannte Keuschheitsproben im Netz abzugeben. Die Keuschheitsproben werden auf Plattformen von neuen Personen gefordert, bevor sie Mitglied werden dürfen.

In Würzburg hat der Fall Diskussionen darüber ausgelöst, inwiefern Therapeuten und andere Erwachsene in Kitas mit einzelnen Kindern alleine sein sollten. Staatsanwalt Janovsky lobte, dass die Polizei in diesem Fall die Eltern direkt über die mutmaßlichen Taten und den vermuteten Umfang informiert habe.