Rebellion von Bayerns Grenzregionen: Landräte fordern Schul-Öffnungen

21.2.2021, 13:23 Uhr
An den Grenzen zu Tschechien und Tirol werden derzeit intensive Grenzkontrollen durchgeführt.

© NEWS5 / Fricke, NEWS5 An den Grenzen zu Tschechien und Tirol werden derzeit intensive Grenzkontrollen durchgeführt.

Bei 358,1 lag am 21. Februar der Inzidenzwert im Landkreis Tirschenreuth, der Landkreis Wunsiedel folgte mit 323,4 knapp dahinter - die beiden absoluten Spitzenwerte in Deutschland. Und doch will man an der Grenze zu Tschechien nicht weiter nur zusehen, wenn sich anderswo Öffnungsperspektiven ergeben.


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Die acht Landräte der Kreise Hof, Wunsiedel, Tirschenreuth, Neustadt a.d. Waldnaab, Schwandorf, Cham, Regen und Freyung-Grafenau haben deshalb in einem gemeinsamen Fünf-Punkte-Plan auch eine Perspektive für die Grenzregion gefordert - trotz der Nähe zum Virusmutationsgebiet Tschechien und den dementsprechend hohen Infektionszahlen. Das Schreiben wurde an Bundeskanzlerin Angela Merkel, Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, Bundesinnenminister Horst Seehofer, Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek, Innenminister Joachim Herrmann sowie die Fraktionsvorsitzenden der regierenden Parteien verschickt.

Grenzpendeln unabhängig von der Systemrelevanz

Insbesondere wird darin gefordert, tschechischen Grenzpendlern wieder unabhängig von ihrer Systemrelevanz die Arbeit und die Einreise zu erlauben. Bisher dürfen nur Pendler einreisen, die etwa im medizinischen Bereich, bei Wasser- und Elektrizitätswerken oder in der Lebensmittelproduktion arbeiten. Die ostbayerischen Landräte würden das gerne ändern. Voraussetzung soll auch für die zusätzlichen Grenzpendler ein negativer Coronatest sein, der nicht älter als 48 Stunden sein darf. Die Pendler sollen sich nach der Einreise auf direktem Weg zu ihrer Arbeitsstätte begeben.

"Ziel ist es, die Wirtschaftskraft und die Wettbewerbsfähigkeit der bayerischen Unternehmen entlang der tschechischen Grenze unter besonderer Berücksichtigung des Infektionsgeschehens in den tschechischen Nachbarregionen aufrecht zu erhalten", erklären die Landräte.

Für den Einzelhandel und die Gastronomie fordern sie eine inzidenzunabhängige Öffnungsstrategie. Dafür sollen die Hygienekonzepte vor Ort noch strenger werden. Insbesondere soll das Personal regelmäßig getestet werden. "Ziel ist es, dem Einzelhandel, ebenso wie der Bevölkerung, eine deutschlandweit einheitliche Perspektive zu bieten, unabhängig von geografischer Lage und daraus resultierenden Inzidenzwerten", betonen die Landräte. Dadurch werde auch verhindert, dass Einwohner der Grenzregion in benachbarte Landkreise zum Einkaufen fahren.

Gastronomie soll wieder öffnen

Auch die Gastronomie wollen die Landräte wieder öffnen dürfen. "Durch die Einbindung der Gastronomie werden Zusammenkünfte aus dem privaten in den öffentlichen Bereich verlagert und Zusammenhänge besser ermittelbar", meinen die Landräte.

Besonders wichtig ist es den Landräten, ein Öffnungskonzept für Schulen und Kindertageseinrichtungen zu erarbeiten. Um Präsenzunterricht und Kindertagesbetreuung auch bei höheren Inzidenzen zu erlauben, soll ein besonderes Hygiene- und Testkonzept umgesetzt werden, das dynamisch angepasst werden kann. Lehrkräfte und Erzieher sollen prioritär geimpft werden.

Zusätzlich soll ein Immunisierungskonzept erstellt werden. Dafür sollen die Impfkapazitäten vor Ort ausgebaut werden. Außerdem bieten sich die Landkreise an, Impfstoff zu verimpfen, der anderswo in Deutschland nicht in ausreichender Geschwindigkeit verimpft werden könnte und gelagert werden müsste. Dass andere Regionen angesichts des derzeitigen Impfstoffmangels dieses Angebot annehmen würden, ist freilich unwahrscheinlich.

Zusätzliche Schnellteststationen

Das alles soll vor allem dadurch möglich werden, dass die Testkapazitäten in den Grenzregionen deutlich ausgebaut werden. In jedem Landkreis sollen dafür zusätzliche Schnellteststationen betrieben werden. "Dabei unterstützen Bund und Land mit Personal und Material", wünschen sich die Landkreise. Allen Unternehmen sollen wöchentlich Schnelltests zur Verfügung gestellt werden.

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