365-Euro-Ticket im Landkreis: "Ohne Zuschuss läuft das nicht!"

7.7.2020, 17:27 Uhr
365-Euro-Ticket im Landkreis:

© Archivfoto: Günter Distler

Gesprächsbedarf gab es weniger wegen der nun bald greifenden Version des Tickets "für Schüler und Auszubildende". Die wurde im Sitzungssaal des Landratsamts einhellig begrüßt. Die Gemüter erhitzten sich eher an der angedachten Variante "für jedermann". Hier ist die Stadt Nürnberg vorgeprescht und will das 365-Euro-Ticket im Jahr 2023 einführen.

Zugleich hofft Nürnberg, dass die Verbundpartner nachziehen. Was das für den Landkreis Roth bedeuten dürfte, hatte im Vorfeld des Treffens Bernd Krämer errechnet, Leiter des Sachgebiets Schul- und Bildungswesen sowie Nahverkehr. Die jährlichen Kosten für den Kreis variieren dabei in den verschiedenen Modellen doch beträchtlich. Werde das Projekt vom Freistaat bezuschusst und gehe man von einer Beteiligung der Städteachse Nürnberg-Fürth-Erlangen-Schwabach sowie des Landkreises aus, könnte dessen Eigenanteil nur 460 000 Euro betragen.

Einheitliche Lösung

Bei einer verbundweiten Lösung ohne Zuschuss indes stehen Kreiskosten von bis zu 1,9 Millionen Euro im Raum. Weswegen Landrat Herbert Eckstein sich auch ganz klar positionierte: "Ohne eine Bezuschussung läuft das nicht!" Sinnvoll sei ohnehin nur "eine einheitliche Lösung", so Ulla Dietzel (CSU): "Wir sollten keinen neuen Flickenteppich schaffen". Helmut Bauz (FW) warnte davor, dass "ein Unterverbund entsteht", was den gesamten VGN zu spalten drohe. Darüber hinaus müsse man aufpassen, dass "schon jetzt schlecht angebundene Orte nicht noch weiter abgehängt werden", betonte Johannes Mailinger (CSU). Um das zu verhindern, "dafür sind eineinhalb Millionen Euro ein relativ kleiner Betrag", konstatierte er.

Diese genannte Summe hatte Krämer als den Mindestbeitrag des Kreises errechnet, falls das Ticket verbundweit ohne Zuschuss eingeführt werde. Insgesamt sei das ganze Projekt "doch etwas unausgegoren", monierte Christine Rodarius (SPD). "Es wird eben oft gern etwas versprochen und dann erst nachgerechnet", sagte Eckstein darauf lakonisch mit Blick nach München. "Wir dürfen uns jetzt halt um die Rechenbeispiele kümmern." Das tat dann auch Bauz: Ein billiger ÖPNV sei zwar toll, doch sorge er dafür, dass Geld für Verbesserungen des Angebots fehle. Um sie zu erhalten, seien viele bereit, mehr zu bezahlen. Weswegen eine Kostenstaffelung innerhalb des VGN etwa in der Art eines Zwiebelringsystems zu überlegen sei.

Einmütig für gut befunden

"Ein solches haben wir mit den zehn Tarifzonen doch schon", meinte Eckstein darauf. Es könne ja auch nicht sein, dass in einem Verbund die einen nur Nach- und die anderen nur Vorteile hätten. Einmütig für gut befunden wurde im Ausschuss indes die Einführung des 365-Euro-Tickets für Schüler und Auszubildende, wenngleich auch dafür der Landkreis Geld in die Hand nehmen muss: Gut 257 600 Euro sind hier für das erste Jahr angesetzt. Der Eigenanteil des Kreises an den Fahrkartenkosten sinke zwar durch das gegenüber der Schülermonatskarte günstigere Angebot.


Nürnberg bekommt als erste Stadt Deutschlands ein 365-Euro-Ticket.


Im Gegenzug aber müsse man den Verkehrsunternehmen einen Ausgleich für deren Mindereinnahmen zahlen, was unterm Strich für die genannte Mehrbelastung sorgen werde. Die aber "ist eine gute Investition, mit der sich Kinder und Jugendliche an die Nutzung des ÖPNV heranführen lassen, was wir ja auch wollen", so Eckstein.

Je nach Wohnort bedeutet das Ticket für den Einzelnen eine enorme Ersparnis. Der Kraftsbucher, der in Hilpoltstein eine Schule besucht, spart im Jahr etwa stolze 1200 Euro. Insgesamt seien es 3600 Landkreisschüler, die in den Genuss dieses Jahrestickets kommen. Wer keinen Anspruch darauf hat, weil er etwa weniger als drei Kilometer von der Schule entfernt wohnt, kann das Ticket immer noch selbst kaufen.

Mangel an Qualität

Den Finger in die Wunde legte bei der Aussprache Ben Schwarz (SPD). Das Manko des ÖPNV stelle gar nicht die Preisgestaltung dar. Mit dem neuen Angebot sei er ja nun sogar "unverschämt günstig". Vielmehr mangle es an der Qualität, vor allem an der Anbindung.

Ob er denn damit meine, dass bis in jeden Ortsteil die Busse im 20-Minuten-Takt fahren sollten, wurde Schwarz gefragt. "Der Mensch ist eben nun mal so", erwiderte der Sozialdemokrat. Was Parteifreund Felix Fröhlich auf die Idee brachte, den Hebel nicht an der Verbesserung des Bus- und Bahn-, sondern an der Verschlechterung des Autoverkehrs anzusetzen. "Da ist die Schmerzgrenze noch nicht hoch genug", betonte er. "Es muss richtig nerven, mit dem Auto zur Schule zu fahren." Leider aber laufe die öffentliche Diskussion derzeit in die andere Richtung, und so werde in den Gremien oft beratschlagt, wie man mit dem Auto bequemer an seinen Zielort komme.

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