46 Jahre fürs Tier: Dr. Ulrich Pfeiffer erhält Ehrenzeichen

26.10.2019, 17:31 Uhr
46 Jahre fürs Tier: Dr. Ulrich Pfeiffer erhält Ehrenzeichen

© Foto: Lidia Piechulek

Käme er noch einmal auf die Welt, er würde wieder Tierarzt werden. Daran besteht kein Zweifel. Aber er würde sich nicht zweimal scheiden lassen. "Das war natürlich auch dem Beruf geschuldet", sagt er, in seinen Augen stehen Tränen. Nie im Urlaub, keine Zeit – die Arbeit als Tierarzt ging stets vor. Und nicht die Familie.

Auch seine Töchter haben schnell entschieden, dass sie ihm nicht in den Ärzteberuf folgen würden. Zumindest seien sie heute sehr tierliebe Frauen, haben selbst Hunde und Katzen. So wie Dr. Ulrich Pfeiffer, den die Tiere in seinem ganzen Leben treu begleitet haben – anders als manche Mitmenschen. "Die haben mich mehr enttäuscht als die Vierbeiner. Mit einem Tier gibt es keine Streitereien, es hintergeht einen nicht, es ist ... ein vierbeiniges Familienmitglied, das voll hinter einem steht."

Zeitweise lebten in seinem Haus 13 Perserkatzen, er hat auch Landseerhunde gezüchtet, schon seine Eltern hatten einen Hund. Für ihn ist es nicht vorstellbar und "nicht möglich, ohne Tiere zu leben", stellt er nachdenklich fest.

Ohne Menschen zu leben, ist er hingegen gewohnt. Seit der zweiten Scheidung lebt er allein, hat deshalb auch keinen Hund mehr. Zwar hatte er in seinem Leben Freunde und Bekannte, "aber das hat sich dann immer wieder zerstreut, weil man eben nie für sie Zeit hatte – oder wenn sie wegfuhren, zuhause geblieben ist."

Nach 30 Jahren ist Schluss

Als 16-Jähriger im Allgäu spielte er mit einem Tierarzt Tennis, den er oft zu seiner Großtierpraxis begleitete. Bald rückte er von der Idee ab, wie sein Vater Gymnasiallehrer zu werden und fand seine Berufung in der Versorgung von Tieren.

Er bestand 1973 das Staatsexamen in München, nur drei Jahre später übernahm er eine Großtierpraxis in Roth, die er nach und nach um eine Kleintierpraxis ergänzte. Im Jahr 1989 trat er dem Tierschutzverein Roth bei und wurde vier Jahre später Vorsitzender. Seither wurde er sechs Mal wiedergewählt. Die 30 Jahre möchte er nun noch voll machen. "Dann bin ich 77 Jahre alt, irgendwann muss mal Schluss sein."

In seinem Alltag jongliert er häufig mit Zahlen – für das finanzielle Überleben des Tierheims ist er allein verantwortlich. Früher wurde ein Anteil der Hundesteuer an das Rother Tierheim abgegeben, doch das Geld reichte bei Weitem nicht. Zunächst schlug die Tilgung des Baus zu Buche, jetzt stehen bereits Renovierungen an dem knapp 25 Jahre alten Gebäude an. "Ich bin der Einzige, der sich damit herumschlägt", erklärt er.

Aktuell seien sie durch eine Erbschaft – davon profitieren glücklicherweise viele Tierheime – gut abgesichert. "Doch ich möchte natürlich, wenn ich aufhöre, den Verein nicht hinterlassen und sagen: Nach mir die Sintflut", erklärt Pfeiffer.

Weg von der Hundesteuer

Er selbst setzte bei den Gemeinden des Landkreises eine andere Finanzierung durch; seither zahlen 15 Gemeinden 40 Cent pro Einwohner an den Tierschutzverein, Thalmässing ausgenommen.

Dr. Pfeiffers Nachfolge ist noch ungewiss. Zunächst gehe der Blick zur Stellvertreterin, Dr. Annette Donnini aus Kleinhöbing. Vor seinem Abtritt in vier Jahren hofft er, die Gemeinden bewegen zu können, den Fördersatz auf 50 Cent pro Einwohner anzuheben.

Gegen Überzüchtung

In 46 Jahren Tierarzt-Arbeit war die Liquidität als Einzelperson und Vorsitzender eines Vereins aber nicht das Einzige, das ihn umtrieb. Es gibt auch viele Verhaltensweisen im Menschen, die Dr. Ulrich Pfeiffer nicht gutheißen will: Zum Beispiel der Umstand, dass Tiere als Statussymbol gehalten werden. Immer wieder behandelt er überzüchtete Rassen. "Das Tier wird missbraucht – und Arten gezüchtet, die alles andere als tier- und artgerecht sind, leider", bedauert er. Da das Tier gesetzlich als "Sache" gilt, könne man mit ihm theoretisch alles machen.

Als Tierschützer geht ihm das schon nahe. Auch wüssten manche nicht um die Hintergründe einer Hunderasse, unterschätzten deshalb den Aufwand und wären überfordert.

Ein großes Streitthema ist für Dr. Pfeiffer immer wieder das Einschläfern von Tieren. Viele Praxen würden diesen Schritt nicht oder erst sehr spät gehen, um weiter Geld zu verdienen. Für ihn ist das Tierquälerei: "Was habe ich davon, wenn eine Katze vier, sechs Wochen am Tropf hängt und dann doch eingeschläfert wird?", fragt er. Da stünde nicht das Tierwohl sondern Geld im Vordergrund.

Konfliktthema Einschläfern

Logischerweise sei es für Halter schwer, sich von ihren Haustieren zu trennen. Er hätte es sich deshalb zur Aufgabe gemacht, umfassend aufzuklären, wie es um die Gesundheit eines Tieres bestellt ist: Wenn jemand erzählt, dass sich die Katze zuhause nicht mehr bewegen kann, sie nicht mehr trinkt und isst, gehe es auch darum, Leid zu verhindern. Sie "künstlich am Leben zu erhalten, wie es bei Zweibeinern manchmal gemacht wird", müsse man nicht.

In einer besseren Welt würden Tierheime lediglich als Pension fungieren, wenn Halter von Hunden und Katzen in den Urlaub fahren, erklärt Pfeiffer. Oder als Auffangstation, wenn der Halter verstirbt. Doch leider ist das nicht die Realität, weil es "Menschen gibt, die sich, ohne sich Gedanken zu machen, ein Tier zulegen". Die Verantwortung und die Kosten bedenken sie im Vorfeld nicht.

Pfeiffer sieht solche Fälle schon sein ganzes Leben – sieht fast jeden Tag die Tiere in ihren Käfigen, die jahrelang keinen Halter finden und manchmal im Tierheim sterben; etwas, das bei anderen Unwohlsein auslöst und bei ihm Trauer und Wut. Über allem schwebt da schon der Gedanke: "Das haben die Tiere nicht verdient."

 

Info

Historie des Ehrenzeichens seit 1994

Das Ehrenzeichen des Bayerischen Ministerpräsidenten für Verdienste von im Ehrenamt tätigen Frauen und Männern wurde 1994, im "Jahr des Ehrenamts", ausgerufen und seither rund 18 000 Mal verliehen.

Ausgezeichnet werden Personen im Freistaat, die sich über mindestens 15 Jahre in besonderem Maße engagiert haben, sei es im sportlichen, kirchlichen oder sozialen Bereich.

Es dient zur Anerkennung des Ehrenamts in Bereichen, die nicht – wie etwa bei der Feuerwehr – durch anderweitige Auszeichnungen abgegolten werden.

Im Landkreis Roth wurde das Ehrenzeichen bisher 316 Mal verliehen. Insgesamt 49 Einwohner der Stadt Roth sind Träger des Ehrenzeichens – nun wird Dr. Ulrich Pfeiffer zum 50. Ehrenamtlichen aus Roth mit dieser besonderen Auszeichnung.

Ein genauer Termin für die Aushändigung des Ehrenzeichens ist noch nicht bekannt.

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