Ärger und Lärm um das neue Baugebiet Eckersmühlen

12.2.2021, 05:00 Uhr
Ärger und Lärm um das neue Baugebiet Eckersmühlen

© Foto: Robert Schmitt

Nun droht dem Hersteller von Getränkekisten mit 70 Beschäftigten bald eine ähnliche Konstellation.

Der Bebauungsplan "Wohnen an der Zwillach" wird Einfamilien- und Reihenhäuser 130 Meter südlich der Firma Rudolph ermöglichen. "Das bereitet uns erhebliche Sorgen", hat Dieter Rudolph den Stadtratsmitgliedern kürzlich per E-Mail mitgeteilt.

Tochter Nadine Rudolph wirft der Stadt sogar widersprüchliches Verhalten vor. "Solidarität leben - Gewerbe stärken", verkünde man seit kurzem auf zahlreichen Plakaten im Stadtgebiet. "Diese Aussage verträgt sich überhaupt nicht mit dem Vorgehen beim Bebauungsplan hier", sagt Nadine Rudolph.

Im Steinbacher Weg 3 fertigt die Firma Rudolph höchst erfolgreich Flaschenkisten aus recyceltem Kunststoff. Sieben Tage pro Woche im Dreischicht-Betrieb. Seit 1974 ist das Unternehmen beständig gewachsen. Erst kürzlich ist auf dem 23 000-Quadratmeter-Gelände die dritte Halle entstanden.

Die Genehmigung dafür hat das Landratsamt genützt, um die behördlich anerkannten Lärmpegel mit Blick auf das Wohngebiet herabzusetzen. Nach Darstellung der Familie Rudolph sind "massive Auflagen erteilt worden, die unsere Mitarbeiter treffen". Rudolph befürchtet vor allem, dass es im Sommer nicht mehr möglich sein wird, Türen und Fenster der Produktionshalle zu öffnen. "Das ist bei Temperaturen über 40 Grad aber erforderlich", sagt der Firmenchef. Ferner werden die produzierten Kisten auch nachts per Gabelstapler ins Freie gefahren.

Unter den genannten Bedingungen sind es nun nach offizieller Messung zwei Häuser, auf die vor allem nachts geringe Lärmüberschreitungen wirken würden. Für Dieter Rudolph keine Beruhigung. Nach Angaben seines Rechtsanwalts hat er ein Recht auf exakte Einhaltung der Immissonswerte nach der "Technischen Anleitung Lärm", einem gesetzlichen Regelwerk, das die Grenzen für Lärmeinwirkungen festlegt.

Ferner seien die Spitzenpegel gar nicht erfasst worden. "Die TA Lärm ist nicht eingehalten, und dieser Mangel ist auch nicht durch eine erneute Abwägung zu beseitigen", so Rudolph in seiner E-Mail, welche die Stadtratsmitglieder zwei Stunden vor der entscheidenden Sitzung erreichte.

Stadtbaumeister Wolfgang Baier hat dabei dann eine exaktere Formulierung der Argumente gegen eine Lärmschutzwand vorgeschlagen, die vom Stadtratsplenum auch beschlossen wurden.

Schließlich wäre eine Wand Baiers Aussagen zufolge gemäß einer schalltechnischen Berechnung 120 Meter lang und sechs Meter hoch geworden. "Davon haben wir relativ schnell nach Beginn der Vorplanung Abstand genommen und sind mit der Bebauung weiter von der Grundstücksgrenze abgerückt", erklärte der Stadtbaumeister auf Nachfrage das Vorgehen der Stadt. Ein Wall wäre ein Eingriff in die Flussaue der Zwillach gewesen, so Baier.

Dieter Rudolph kann das nicht ganz verstehen. "Die Zwillach führt seit Jahren kein Wasser mehr", trat er dem Bauamt entgegen. "Außerdem sind auf eben dieser Fläche die notwendigen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen vorgesehen", lautet das zweite Argument der Stadt Roth gegen einen Erdwall.

Zu den konkreten Kosten einer Mauer oder eines Walls, die der Investor zu tragen gehabt hätte, äußerte sich die Stadt nicht. Entlang der Zwillach ist jetzt eine Fläche für ein Regenrückhaltebecken geplant, woran in südlicher Richtung eine Riegelbebauung mit 100 Metern Länge für Garagen mit Satteldach und einer Firsthöhe von sechs Metern anschließen soll. "Aus diesen Gründen konnte im weiteren Bauleitplanverfahren auf die Errichtung einer Lärmschutzwand verzichtet werden und somit auch auf weitere Gespräche darüber, da die Problematik mit einer Umplanung ja gelöst werden konnte", wollte Baier den Einwand der Familie Rudolph entkräften, im Prozess der Planerstellung zu wenig beteiligt worden zu sein.

Bei der ersten Auslegung des Bebauungsplans zur Beteiligung der Öffentlichkeit hat sich die Firma Rudolph zu Wort gemeldet. Sie forderte die Errichtung der Wand oder eines Walls. Unterstützt haben das Unternehmen dabei sowohl die Handwerkskammer als auch die Industrie- und Handelskammer (IHK). Beide wiesen auf die Messungen hin, erläuterten die Rechtslage aus ihrer Sicht und forderten aktiven Lärmschutz. Die Stadt Roth wies all diese Einwendungen per Stadtratsbeschlüssen zurück. Nun ist eine erneute Auslegung des Plans erforderlich. Benachbarte Unternehmen aus dem Eckersmühlener Gewerbegebiet erklärten sich jüngst mit den Rudolphs solidarisch. "Es könnte auch uns betreffen", erklärten sie.

"Wir wollen nichts verhindern, aber wir wollen eine gute Lösung für alle finden", sagt Martina Stengel, bei der IHK in Nürnberg zuständig für Bauleitplanung und Standortberatung. Sie kennt die Schwierigkeiten, die Betrieben in ähnlichen Fällen entstanden sind. "Gabelstapler dürfen nur noch eingeschränkt eingesetzt werden, Änderungen im Betriebsablauf oder sogar neue Einbauten sind verlangt worden", schildert Stengel drohende Belastungen. Insbesondere zeigt ihre Erfahrung, dass die neuen Nachbarn häufig keine große Toleranz zeigen. "Schließlich kommt der Lärm von der Schießanlage und dem Flugplatz in der Kaserne noch hinzu", sagt Stengel. Dennoch hält sie die Problematik für lösbar. Der größere Abstand sei ein erster Schritt. Auf aktiven Lärmschutz sollte Dieter Rudolph dennoch beharren. "Hier muss man sich eben kreativ zeigen und tüfteln." Ein Wall oder eine angeschrägte Wand könnten beispielsweise mit Photovoltaik bestückt werden.

Die Stadt Roth vertritt einen anderen Standpunkt. Stadtbaumeister Wolfgang Baier erklärte auf Anfrage, die jüngsten Auflagen des Landratsamts "sind unabhängig von einer Wohnbebauung grundsätzlich einzuhalten, so dass nicht mit Konflikten zu rechnen ist". Zugleich versicherte Baier, die Stadt sei an beidem interessiert: "Dass sowohl alteingesessene Gewerbebetriebe weiter produzieren können, als auch, dass der neue Investor die dringend benötigte Wohnbebauung umsetzen kann."

Dieter Rudolph will sich allerdings nicht mit dem Vorgehen und dem Standpunkt der Stadtverwaltung abfinden. Über seinen Anwalt hat er bereits eine Klage gegen den Bebauungsplan angekündigt, wenn dort kein Lärmschutz vorgesehen wird. Damit es seiner Firma nicht nochmal so ergeht wie 1974.

 

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