Bayerische Waldkönigin lässt den Harvester tanzen

9.12.2019, 08:00 Uhr
Bayerische Waldkönigin lässt den Harvester tanzen

© Foto: Jürgen Leykamm

Hier war es schwer gewesen, sich nach der Kalamität erst einmal einen Überblick über den Schaden zu verschaffen. Kein Wunder, erstrecken sich doch die Betriebsflächen über 93 Kilometer Luftlinie von Hechlingen bis in den nordöstlichsten Zipfel des Nürnberger Lands.

Zunächst ging man von 20 000 Festmeter angefallenen Schadholzes durch Windwurf aus. Doch im Laufe der Wochen und Monate wurde das ganze Ausmaß deutlich, das sich nunmehr auf die Hälfte mehr beläuft. Deswegen dauern die Arbeiten auch immer noch an.

Die Schäden von Windwürfen "werden oft unterschätzt, vor allem wenn die Flächen sehr verstreut liegen", gibt Norbert Harrer bei einem Pressegespräch zu bedenken. Er ist Vorsitzender des Berufsverbands Forstunternehmer in Bayern, von denen es übrigens 2000 gibt. Dass die Bäume Straße und Wege blockierten, habe die Bestandsaufnahme zudem sehr erschwert. Im Landkreis seien vor allem die Forstreviere Roth und Brunnau betroffen gewesen.

Bayerische Waldkönigin lässt den Harvester tanzen

© Foto: Jürgen Leykamm

Seit Monaten laufen die Arbeiten nun auf Hochtouren. Kaum sind die Stämme an den Waldstraßen abgelegt, finden sie auch schon ihren Weg zu den kleinen Sägewerken. Große werden auch beliefert – bis nach Thüringen und nach Österreich wandern die Hölzer, die der Sturm im Sommer umgeknickt hat. Die Schäden aufzuarbeiten, erweist sich für Waldarbeiter oft als viel zu gefährlich. "Die verkeilten Bäume stehen nicht selten unter extremer Spannung", erläutert der kommissarische Forstbetriebschef Harald Schiller. Schlimmste Unfälle können die Folge sein.

Richtig spielerisch hingegen sieht es aus, wenn Maschinenführer Wolfgang Mayer seinen 24,5-Tonnen schweren finnischen Harvester namens "Ponsse Bär" durch die Wälder steuert, der Bäume mit bis zu 86 Zentimeter Durchmesser förmlich "pflückt", entastet und je nach gewünschter Länge gleich zurechtsägt. Vor den 360 PS der Maschine gehen fast alle Gehölze in die Knie. Der Rückezug, der sie aus dem Wald herausfährt, "ist aber wesentlich schwerer", gibt Harrer zu bedenken. Auch Waldromantik sei fehl am Platze. Denn auch Pferde würden die Bäume nur vom Wald bis zur Rückegasse bringen (von dort geht es in jedem Fall maschinell weiter) - "die gleiche Arbeit macht der Harvester, nur wesentlich schonender" — für Mensch und Tier.

Ein Gefährt, das auch Kerstin Seitz schon immer fasziniert hat. Nun ergab sich für sie endlich einmal die Gelegenheit, ein solches mal selbst zu steuern – unter Anleitung, wie sich versteht. "Das war echt cool!" So der erste Eindruck der 26-jährigen Studentin der Forstwissenschaft aus Roth-Hofstetten. Leider – und diese Erfahrung teilt sie mit Harrer und Schiller – gäbe es in unserer Zeit immer mehr Anfeindungen im Wald durch jene, die ihn zu Freizeitzwecken nutzen, was ja an sich auch in Ordnung sei.

"Hier will ich ein neues Verständnis wecken", erklärt Seitz. Und aufklären. Zum Beispiel darüber, dass die Wege der Waldwirtschaft von dieser selbst finanziert würden — "ohne Steuergelder". Der Wald im Forstbetrieb selber "wächst jährlich um 26 000 Festmeter innerhalb unseres Forstbetriebs", betont der Verbandschef; von Raubbau könne also ebenso keine Rede sein. Eher von einem Beitrag zum Naturschutz, denn "die Bäume werden immer älter und stärker". Falls sie eben vorher nicht von einem Sturm weggefegt werden.

Ein Schicksal, dass auch den Patenonkel der Königin ereilte: Drei Hektar seines Waldes hat der Gewittersturm umgeworfen. Doch die Aufarbeitenden haben aus der Not eine Tugend gemacht. Dort, wo lichte Flächen entstanden sind, werden im Falle des Forstbetriebs Allersberg etwa Eichen, Lärchen oder Kirschen angepflanzt, teils auch die Esskastanie. Alles Arten mit hohem Lichtbedarf, die dem Klimawandel Rechnung tragen und im Dienste des nötigen Waldumbaus stehen.

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