Besuch in Kuhstall und Kirche

5.3.2009, 00:00 Uhr
Besuch in Kuhstall und Kirche

© Scherbel

Es ist nur ein «Hineinschnuppern in das Thema«, das weiß der Bischof selbst nur zu gut. Aber er hat sich für seine Amtszeit als Oberhirte der evangelischen Landeskirche vorgenommen, alle Dekanate in Bayern zu besuchen.

Also ist er zwei Tage lang auch im Dekanat Weißenburg unterwegs: Im eng gepressten Stundenplan geht es von der Thalmässinger Kirche St.Gotthard zum zentralen Pfarrbüro, wo regionale Zusammenarbeit Thema ist, dann weiter zum Wissinger-Hof, aber nach einer Stunde bricht man auch schon wieder auf zum Pfarrhaus in Oberhochstatt, wo der Bischof mit Kirchenvertretern vor Ort über leerstehende Pfarrhäuser diskutiert.

So können die Milchbauern Leonhard und Lydia Wissinger, der Thalmässinger Goldmilch-Vertreter Georg Hussendörfer und die Demeter-Bäuerin und Kirchenvorstandsvertreterin Sonja Wolf aus Alfershausen im Beisein von Pfarrern und Bürgermeister auch nur in groben Umrissen die Situation der Milchbauern schildern. Die kriegen für das «wertvolle« Produkt Milch jetzt noch weniger Geld als vor dem Milchstreik (im Schnitt 30 Cent pro Liter, die teurere Biomilch wird gesondert mit derzeit 50 Cent bezahlt).

Die Milch kostet den Bauern aber schon 25 Cent, berichtet Leonhard Wissinger, in dessen Stall 118 Kühe und Kälber, davon 58 Milchkühe stehen. Wissinger hat bereits 205000 Euro an Milchquote bezahlt. Wofür, so fragt er, wenn sie im Jahr 2013 endgültig abgeschafft werden soll? Am Milchstreik hat der Bauer und engagierte Christ teilgenommen und 5000 Liter Milch weggekippt.

Beim Streik mitgemacht hat auch Hussendörfer, nicht nur Vorstandsvorsitzender der Milchwerke Ingolstadt-Thalmässing, sondern selbst Bauer. An den letzten fünf der zehn Streiktage hat auch er die Milch nicht mehr abgeliefert. Aber er sagt auch: «Der Streik kam zur völlig falschen Zeit. Unsere Genossenschaft hat damals nämlich 40 Cent pro Liter bezahlt.« Das entsprach nahezu der Forderung der Milchbauern.

Für das Jahr 2008 insgesamt kann Hussendörfer auf 42 Cent verweisen, die die Milchwerke an die liefernden Bauern bezahlt haben und damit nach der Berchtesgadener Molkerei bundesweit an zweiter Stelle liegen (inzwischen zahlen die Milchwerke nur noch 30 Cent). Hussendörfer plädiert für einen Preis von 34 bis 35 Cent pro Liter Milch. Außerdem dürfe ein familiär geführter Hof eigentlich nicht mehr als 80 Milchkühe halten, «sonst sind die Investitionen nicht mehr zu stemmen«.

Auch für Biobäuerin Sonja Wolf aus Alfershausen wird das Wirtschaften immer schwieriger. Zwar bekommt der Demeter-Hof einen höheren Preis für die Milch, «aber dafür müssen wir zum Beispiel Grünfutter statt Silage füttern«. Die Auslaufgröße für die Kühe kriegt der Hof nicht mehr her, «also werden wir die Milchkuhhaltung wohl einstellen«. Auf dem Hof sind auch Schweine und Hühner, aber bei Schweinen lässt sich die erforderliche Größe des Auslaufs noch schwerer bewerkstelligen. Sonja Wolf: «Wir sind auf der Suche, wie wir weitermachen sollen.«

Die meiste Zeit bei diesen Besuchen verbringt Landesbischof Dr. Johannes Friedrich mit Zuhören. Bewerten oder beurteilen will er nicht, aber wenigstens im Schnelldurchgang erfahren, welche Sorgen die Bauern in der landwirtschaftlich geprägten Region haben. «Die Kirche soll Solidargemeinschaft sein«, wirbt der oberste bayerische Protestant später noch bei einem Empfang in Weißenburg, wo ihn Dekan Dr. Brandt nach weiteren Besuchsstationen hinführt. «Wir brauchen in der Kirche keine Schere zwischen Reichen und Armen, zwischen Starken und Schwachen.«

So ungefähr hatte es zuvor auch der Ruppmannsburger Bauer Leonhard Wissinger in Bezug formuliert: «Das Einkommen muss besser auf alle verteilt werden.« Der Landesbischof widersprach ihm nicht.