Bluestage: "Naturally 7" brachten die Kulturfabrik zum Kochen

26.3.2018, 15:29 Uhr
Bluestage:

© Foto: Hans von Draminski

Das Phänomen der A-cappella-Boybands ist nicht neu. Hierzulande ist die Formation "Viva Voce" sehr erfolgreich mit vokaler Virtuosität und Choreografie-Versatzstücken von "Westlife" bis "Take That". Bei "Naturally 7" wird die Show allerdings ganz gezielt auf die Spitze getrieben. Was nicht wundert, weil die sieben farbigen Charmebolzen aus der US-Metropole New York kommen und den Glamour darob gleichsam schon im Gepäck haben.

Auf Instrumente wird konsequent verzichtet, der Herrensiebener macht alles mit dem Mund. Bestenfalls ein wenig Hall wird dazu gemischt, auch eine Loopmaschine muss sein, weil das stimmgewaltige Vokalseptett oft und gerne mit Hip Hop und House flirtet und mancher clever arrangierte Popsong ganz schnell zur Rap-Nummer mutiert.

Mit ihrer Einstiegsnummer würde manche andere Band den Abend beschließen: "In The Air Tonight", im Original von Phil Collins, ist auch Jahrzehnte nach seiner Entstehung noch ein Zugstück und wirkt dank exzessivem Beatboxing und Instrumentensimulation via Stimmbandeinsatz extrem effektvoll. Ehe der Verdacht aufkommt, dass bei den täuschend echt imitierten E-Gitarren und Schlagzeugsoli vielleicht doch Playback zum Einsatz kommt, legen die sieben Sänger ihre Mikrofone weg und geben unverstärkt ein dicht arrangiertes Simon-and-Garfunkel-Medley zum Besten, das auch im hintersten Winkel der rappelvollen Kulturfabrik noch ausgezeichnet hörbar ist.

Zwischendurch wird locker mit dem Publikum geplaudert und es werden auch jene ins Boot geholt, denen "Naturally 7" auf Anhieb zu synthetisch und plastikhaft erscheint. So fragt Leadsänger Roger herum, wie viele verheiratete Paare im Saal sind und schafft es, Klaus und Ruth ausfindig zu machen, deren Ehe seit 47 Jahren hält. Roger empfiehlt, sich an den beiden ein Beispiel zu nehmen und singt "nur für sie", in Wirklichkeit natürlich für alle romantisch veranlagten Konzertbesucher, den Klassiker "The First Time Ever I Saw Your Face" – schmusig, vollfett und direkt auf den Bauch zielend.

Wer sich auf das uramerikanische, weil ohne Berührungsängste vor Kitsch-Klischees funktionierende Konzept einlässt, wird sogar die Gospel-gefärbte Version der "Rivers of Babylon" mögen, obwohl der Song durch "Boney M" schon vor Jahrzehnten in die Unerträglichkeits-Schublade verfrachtet wurde. "Naturally 7" scheren sich halt wenig um europäische Geschmacksvorstellungen und liefern lieber die volle Dröhnung. Beim "Englishman In New York" singen alle mit. Weil er mit sanfter Ironie über die Rampe kommt. Und weil man den sieben Jungs einfach nichts krumm nimmt.

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