Buntes Hörgemälde mit Wimmelbild-Qualitäten

1.4.2019, 16:04 Uhr
Buntes Hörgemälde mit Wimmelbild-Qualitäten

© Foto: Hans von Draminski

Ein paar Puristen rümpften die Nase. Das war zu erwarten. Denn der Blues ist bei Nina Attal und ihrer vielköpfigen Band nurmehr ein hell funkelnder Farbsplitter in einem vielfarbigen Hörgemälde mit Wimmelbild-Qualitäten.

Attal und Co. springen manchmal sogar innerhalb eines Songs von einem Stil zum nächsten, legen sich nicht fest, verzichten auf Rote Fäden und setzen darauf, dass eingängige Melodien, tanzbare Rhythmen und fette Beats für sich sprechen.

Über allem schwebt der wunderbar exaltierte Sopran einer Sängerin, die Mädchen ist und Zicke, Superweib und Balladenqueen, die sich mit ihrer Background-Crew lustvoll in Choreografien stürzt, von denen ältere Konzertgäste an die Disco-Hochzeiten der 1970er Jahre erinnert werden und die spürbar kein Interesse daran hat, Klischeevorstellungen zu bedienen.

Da klampft Nina Attal ein typisches Country-Solo auf einer E-Gitarre, die natürlich ihren Namensschriftzug trägt – und katapultiert sich mit zwei, drei harten Riffs mitten in eine Fusionjazz-Nummer, wie sie auch Miles Davis in seiner Spätphase hätte mögen können.

Ihr gitarristischer Sidekick Philippe Devin ist bei manchem Gitarrenduell kongenialer Partner, manchmal auch Motor, Antreiber, zweites Ich der 27-jährigen Frontfrau. Dass Attal in Frankreich als fester Bestandteil der "Blues Nouveau"-Szene gilt, spricht für die undogmatische Denkweise der französischen Nachbarn – eine Blues-Auffassung, mit der man sich hierzulande erst langsam anfreundet.

Auch den Glamour, die Opulenz der Arrangements sucht man bei teutonischen Bluesern oft vergebens. Attal serviert eben keinen bodenständigen Schaumwein, sondern prickelnden Champagner, eher lieblich als "brut", gefolgt von ein paar bunten Cocktails, in die sie gern etwas Blues hinein mixt. Aber nie so viel, dass er vorschmeckt, dominant wird, das Regent übernimmt.

Fröhliche Feier

Nina Attal ist bestimmt kein naives Girlie, aber ihre Grundnettigkeit bekommt auch die Kufa-Crew zu spüren, wenn sie für Kulturfabrik-Urgestein Gabi Ullmann ein Geburtstagsständchen anstimmt und das Publikum zum Mitsingen animiert. So wie man es eben macht, wenn man zur fröhlichen Feier in einen angesagten Club einlädt. Dort gibt es allerdings in der Regel nicht so viel gute Musik am Stück. Dass auch dieser magische Abend irgendwann ein Ende haben muss, zählt zu den eher traurigen Momenten des Festivals. Ganz gut trösten kann sich der Musikfan aber mit Nina Attals aktuellem Album "Jump" – eine feine Scheibe nicht nur für lange Autofahrten.

 

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