Das Rother Inklusionsnetzwerk bleibt erhalten

23.10.2020, 11:33 Uhr
Das Rother Inklusionsnetzwerk bleibt erhalten

Das Rother Inklusionsnetzwerk (RHINK) wird bis Ende 2022 weiter Ansprechpartner für "Ergänzende unabhängige Teilhabeberatung" (EUTB) sein. Kürzlich haben RHINK-Vorsitzender Paul Rösch und EUTB-Koordinatorin Janet Meyer den Bewilligungsbescheid des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales erhalten, der das Geld für Personal- und Sachmittel bis 31. Dezember 2022 zusichert. RHINK ist seit 1. Juni 2018 eine der offiziellen Stellen im Landkreis Roth und der Stadt Schwabach, die Menschen mit Behinderung in Fragen der Rehabilitation und Teilhabe berät.

In der Fläche auf Augenhöhe beraten

RHINK bietet nicht die einzige Teilhabeberatung in der Region Roth-Schwabach. Dennoch hat es die Fachleute für Barrierefreiheit auf besondere Weise organisiert. "Wir können in der Fläche auf Augenhöhe beraten", beschreibt Paul Rösch den Ansatz, der sich "Peer Counseling" nennt, was soviel bedeutet wie "Gleichrangige Beratung". Heißt konkret, dass Menschen, die selbst mit einer Behinderung leben, ihre Schicksalsgenossen ehrenamtlich beraten.

Das Rother Inklusionsnetzwerk bleibt erhalten

14 solcher "Peer Counseler" bietet RHINK landkreisweit. Sie zeichnen sich durch einen weiteren Vorteil aus, als Bürger einer der Landkreis-Gemeinden sind sie auch jeweils zur Lage vor Ort orientiert. "Unsere Berater sind in ihrem Umfeld gut bekannt", so Rösch.

Allein in diesem Jahr 190 Beratungen

Das kommt bestens an. Seit Arbeitsaufnahme sind so 460 Beratungen zustande gekommen. Im laufenden Jahr waren es bisher 190. "Wir machen die Ehrenamtlichen arbeitsfähig", beschreibt Janet Meyer ihren eigenen Tätigkeitsbereich, der in der Hauptsache Schulungen, Vernetzung und Supervision umfasst. So existiert eine eigene Weiterbildung zum "Peer Counselor", die Teilnehmer dazu befähigen soll, Kenntnisse über die eigene Lebensgeschichte als Mensch mit Behinderung zu reflektieren, um so Selbsterfahrungen in die Beratung einzubringen. Dazu erwerben sie Beratungskompetenzen und üben Beratungsmethoden ein.


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Der Adressatenkreis der EUTB liegt im Landkreis bei 13 Prozent der Bevölkerung. Sie besitzen einen Schwerbehindertenausweis mit einem Grad der Behinderung ab 50 Prozent. Nach Zahlen des Statistischen Bundesamts aus dem Jahr 2016 sind das gut 16 000 Frauen und Männer sowie Kinder und Jugendliche. 20 Prozent davon leben in Einrichtungen.

Behinderte fordern aktive Teilhabe ein

"Bei uns fordern immer mehr junge Menschen mit Behinderung aktive Teilhabe ein", schildert Janet Meyer die Erfahrungen mit knapp zweieinhalb Jahren EUTB bei RHINK. Die häufigsten Anfragen beziehen sich auf Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB), Fragen zu den Themen "Mobilität" und "Wohnen" sowie Informationen zur Zuständigkeit der verschiedenen Kostenträger.

Damit realisiert RHINK eine bedeutende Vorgabe der Behindertenrechts-Konvention der Vereinten Nationen, die seit März 2009 auch in Deutschland Rechtskraft besitzt. In Artikel 26, Absatz 1, werden "wirksame und geeignete Maßnahmen zur Umsetzung des Teilhabegebots in die Praxis" vorgeschrieben, einschließlich "der Unterstützung durch andere Menschen mit Behinderung".

Die Beratung informiert über mögliche Leistungsansprüche nach dem Sozialgesetzbuch sowie zu Ansprechpartnern und den zuständigen Rehabilitationsträgern. Die EUTB soll im gesamten Reha- und Teilhabe-Prozess zur Verfügung stehen, vor allem auch bei der Planung. Sie verfolgt einen niedrigschwelligen Ansatz und soll daher im Sozialraum der Rat suchenden Menschen barrierefrei und wohnortnah zur Verfügung stehen. Exakt so bietet RHINK die EUTB nun weitere zwei Jahre im Landkreis Roth und in Schwabach an.

Mehr als eine reine Beratungstätigkeit

Insgesamt ist bundesweit erkennbar, dass der Ansatz des "Peer Counseling" im Kontext des Bundesteilhabegesetzes deutlich über eine reine Beratungstätigkeit hinausgeht. Neben die Zielsetzung, Rat suchende zu ermutigen und zu ermächtigen, ein selbstbestimmtes Leben zu führen, ihr Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl zu stärken und zu mehr Unabhängigkeit zu gelangen, ist eine politische Dimension der Interessenvertretung behinderter Menschen sowie des Kampfes um Gleichberechtigung und Anerkennung getreten. RHINK hat sich diesem Feld schon seit seiner Gründung besonders verpflichtet gefühlt und ist in Sachen "Inklusion" zum hochgeschätzten Ansprechpartner für sämtliche kommunalen Organe im Landkreis geworden.

Das Rother Inklusionsnetzwerk, vertreten durch Dr. Paul Rösch, hat den Inklusionspreis 2020 des Bezirks Mittelfranken erhalten. Dies hat der Bezirkstag von Mittelfranken in seiner Sitzung am 20. Oktober beschlossen.

Insgesamt 30 Vorschläge aus ganz Mittelfranken gingen für diesen begehrten Preis ein. Der Inklusionspreis ist mit 5000 Euro dotiert. Eine fachkundige Jury hat sich schließlich für das Rother Inklusionsnetzwerk entschieden. Ein besonderes Lob erhielt das Team um Paul Rüsch vom stellvertretenden Landrat und Bezirksrat Walter Schnell, dem Ex- Bürgermeister Kammersteins.

Die Arbeit des Inklusionsnetzwerkes habe in den vergangenen Jahren viel zum Verständnis für Menschen mit Beeinträchtigungen getan. Das Inklusionsnetzwerk setze sich erfolgreich für Barrierefreiheit im öffentlichen und privaten Raum ein. Damit werde vielen Menschen erst die Teilhabe am öffentlichen Leben ermöglicht, hieß es.

"Das Thema Inklusion ist im Landkreis Roth fest verankert", stellt Walter Schnell dankbar fest. "Immer mehr Kommunen, Kirchengemeinden, Vereine oder Privatpersonen nutzen das umfassende Beratungsangebot des Inklusionsnetzwerkes". So habe er beim Bau des neuen Bürgerhauses in Kammerstein die Unterstützung des Inklusionsnetzwerkes als sehr hilfreich erfahren.

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