Demo: Reiseunternehmer der Region machen auf sich aufmerksam

30.4.2020, 05:41 Uhr
Die Mitarbeiter der Reisebranche zeigen mit Koffern, beschrifteten Masken, Shirts und Schildern Gesicht und bekennen sich mit einem roten Herz zum Reisebüro.

© Foto: Michael Matejka Die Mitarbeiter der Reisebranche zeigen mit Koffern, beschrifteten Masken, Shirts und Schildern Gesicht und bekennen sich mit einem roten Herz zum Reisebüro.

Der 11. September 2001. Das Erdbeben im Indischen Ozean 2004. Krisen in der Reisebranche hat das TUI Reisecenter in Roth in seinem nun fast 50-jährigen Bestehen schon viele miterlebt. Einen weltweiten Reisestillstand wie 2020 durch die Corona-Krise gab es in dieser Form aber noch nicht. Die Tourismus-Branche muss kämpfen. Erst gestern wurde die weltweite Reisewarnung auf Mitte Juni verlängert. Deshalb haben am Mittwoch Mitarbeiter von Reisebüros aus 30 Städten am Flughafen Nürnberg demonstriert.

Unter dem Motto "Leere Koffer, leere Kassen" zeigten die Mitarbeiter der Reisebranche bewaffnet mit Koffern und Schildern Gesicht. Sie fordern: Soforthilfe für touristische Unternehmen die nicht rückzahlbar sind. Das Geld könnte zum Beispiel in Form von Notfallfonds bereitgestellt werden. "Die Touristik besteht nicht nur aus Großkonzernen wie TUI oder der Lufthansa", sagt Jessica Schmid vom TUI Reisecenter, das zwar unter dem Namen TUI läuft, aber eigenständig ist.

Insbesondere die mittelständischen Unternehmen träfe die Krise hart. Jessica Schmid musste ihre drei Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken und kümmert sich momentan alleine und mit ihrer Umschülerin um die Rückabwicklungen

Rücklagen reichen niemals aus

"Ein Jahr ohne Einnahmen, das kann keiner aus Rücklagen stemmen", erzählt Jessica Schmid. Eigentlich beraten sie und ihre Kollegen ihre Kunden in Sachen Mietwagen, Kreuzfahrten oder Erlebnisreisen – doch der Sommerurlaub fällt dieses Jahr flach.

Außerdem wisse man durch die sich ständig veränderte Situation nicht, wie lange dieser Zustand so noch andauern wird. Die Reise- und Tourismusbranche wurde so hart von der Krise getroffen, wie fast keine andere. Dazu kommt, dass die Reisebüros ohnehin seit Jahren gegen den unsichtbaren Konkurrent – das Internet – antreten müssen.

Nun will die Branche Druck auf die Regierung machen. Und Jessica Schmid ist stolz auf ihre Kollegen und auf das, was man in drei Tagen Planung auf die Beine gestellt hätte. Die Demonstrierenden kamen mit beschrifteten Masken, Schildern und Shirts an den Airport und setzten damit ein Zeichen. An die gegebenen Regelungen wurde sich dabei natürlich gehalten. "Alles lief sehr gesittet ab und die Grundstimmung war gut", erzählt Jessica Schmid nach der Demo.

  Mut mache ihr vor allem auch, dass so viele positive Rückmeldungen der langjährigen Stammkunden käme. "Da gab es so unfassbar viel motivierende Nachrichten und Zuspruch. Die Kunden versichern uns, uns treu zu bleiben."

Es bleibt viel zu tun

"Ich hoffe, dass der Sommer doch noch irgendwie stattfinden kann", sagt indes Peggy Ritter, Inhaberin des Reisebüros am Rothsee in Hilpoltstein. Sie hält zusammen mit dem zweiten Geschäftsführer Paul-Gerhard Willner-Kittler die Stellung. Vier Mitarbeiter mussten sie in Kurzarbeit schicken. Seit Mitte März ist der Laden geschlossen. Zwei Kollegen sind am Mittwoch ebenfalls zur Demonstration nach Nürnberg gefahren. "Wir setzen uns nur für die Reisebüros ein", betont Peggy Ritter, "nicht für die großen Reiseveranstalter." Es gehe hier schlicht ums Überleben der Institution Reisebüro.

Es ist nicht so, dass Ritter und Willner-Kittler derzeit nichts zu tun hätten. Nein, ganz im Gegenteil. Es gibt jede Menge Nachfragen zu bearbeiten, ob die Kunden nun ihre gebuchten Urlaube antreten können oder nicht, ob sie kostenlos stornieren können, ob sie umbuchen können, ob sie Gutscheine bekommen und vieles mehr. Da sich die Meldungen ja fast täglich überschlagen, sei das alles gar nicht mehr pauschal zu beantworten, so die Reiseexpertin. Jeder Reiseveranstalter koche da sein eigenes Süppchen. Dabei den Überblick zu behalten sei nicht immer einfach. Und: "Es zehrt sehr an unseren Kräften."

Dazu kommt, dass "wir momentan eine Nullnummer fahren". Soll heißen, die Reisebüros haben kein Einkommen mehr. "Wenn eine Reise nicht stattfindet, gibt es keine Provision", so einfach ist das. Falls bereits Provisionen geflossen sind, müsse das Reisebüro diese bei Nichtantritt von Reisen zurückzahlen. Das hält kein Reisebüro lange durch. Da ist auch die Soforthilfe vom Staat und die Kurzarbeit nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.

"Ich fände es tragisch, wenn wir ein Reisebürosterben hätten", meint Peggy Ritter. Sicherlich gäbe es auch noch das Internet als Plattform für Reisewillige, "aber der Urlaub aus dem Netz ist nicht billiger und es fehlt dort auch die neutrale Beratung".

Kleine Lichtblicke

Ein paar Lichtblicke gibt es immerhin: Einige Urlauber hätten ihre Reisen auf Weihnachten oder aufs nächste Jahr verschoben. Für den Sommer traue sich aber noch niemand buchen.

"Ich hoffe, dass es in Deutschland spätestens Ende Juni vorsichtige Öffnungen gibt. Und dass sich dann Chancen für Bundesländer ergeben, die sonst nicht so bekannt sind." An den Küsten und in den Alpen könnten die Kapazitäten schnell erschöpft sein.

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