Der Bau eines zweiten Gehwegs verärgert Anwohner in Eckersmühlen

5.8.2020, 05:28 Uhr
Der Bau eines zweiten Gehwegs verärgert Anwohner in Eckersmühlen

© Foto: Carola Scherbel

In der Südstraße in Eckersmühlen geht es eigentlich sehr beschaulich zu. Die u-förmige Straße mit weniger als einem Dutzend Grundstücken und Häusern liegt ruhig und abseits. Am südlichen und am westlichen U-Schenkel der Straße gibt es nur auf einer Seite einen Gehweg, ein zweiter ist auch nicht nötig, finden die Anwohner, längst wächst da ein Grünzug statt Asphalt.

Genau dieser nicht vorhandene Gehweg sorgt nun aber für Aufruhr, so dass sich mehrere Hauseigentümer in der vergangenen Woche in die Kulturfabrik gesetzt und der mehrstündigen Stadtratssitzung zugehört haben. Bis nach fast viereinhalb Stunden das Thema zur Debatte stand, das sie so verärgert: Der "Vollzug des Kommunalabgabengesetzes". Vollzug heißt: Der zweite Gehweg soll gebaut werden, und nach dem Kommunalabgabengesetz müssen die Anlieger dafür auch Erschließungsbeiträge bezahlen.

Völlig unverständlich

Für die Südstraßler völlig unverständlich: Der Bebauungsplan für die Siedlungsstraße sah zwar auf beiden Straßenseiten einen Gehweg vor, aber er stammt "aus dem Jahr 1978, vor fast zwei Generationen", empört sich eine Anwohnerin. Sie und die anderen Anlieger wollen nicht, dass Jahrzehnte nach dem Bau der Straße und ihrer Häuser plötzlich ein zweiter Weg angelegt wird, wo bisher Gras wächst. Und sie wollen nicht dafür bezahlen müssen mit Erschließungsbeiträgen.

Dass inzwischen "Gras über die Sache gewachsen ist", kann man aber keineswegs sagen. Denn, so erklärte Stadtbaumeister Wolfgang Baier auf Anfrage unserer Zeitung: "Der Bebauungsplan bildet die Rechtsgrundlage für die Schaffung von Straßen und Gehwegen." Und die Erschließung der Straßen – also das Ausrüsten mit Belag, mit allen Ver- wie Entsorgungsleitungen und Straßenlampen – muss die Stadt "zeitnah" erledigen und dann Erschließungskosten von den Grundstückseigentümern einfordern. "Die Kommune darf auf diese Erschließungskosten nicht verzichten", erklärt Baier, fügt aber auch hinzu, dass die Stadt Roth das Erschließen nicht immer "zeitnah" erledigt hat. Denn "früher galt die Frist für Erschließung und Abrechnung unbefristet". Inzwischen gilt die Regelung, dass die Kosten nach 25 Jahren abgerechnet werden müssen.

Diese Änderung des Kommunalabgabengesetzes wurde 2016 beschlossen, ab April 2021 tritt sie in Kraft, so dass die Kommune für "Altfälle", die bis dahin immer noch nicht abgerechnet sind, dann kein Geld mehr von den Eignern kriegen kann.

Zwei Jahre später gab es auch Veränderungen bei der "Strabs" (Straßenausbaubeitragssatzung): Die Kosten für den Ausbau von Straßen werden nicht mehr erhoben, hatte die Staatsregierung 2018 schnell beschlossen, bevor die Freien Wähler ein Volksbegehren in die Tat umsetzen konnten.

Bei der "Strebs" (der Straßenerschließungsbeitragssatzung) ging aber schon 2016 ein Schreiben der bayerischen Staatsregierung an die Kommunen, dass sie eine "Prioritätenliste" aufstellen sollen: Welche der Straßen kommen unter den wirtschaftlichen Gegebenheiten bis 2021 überhaupt noch in Frage, dass sie fertig erschlossen und abgerechnet werden können?

Mehr als 40 Altfälle

Bei der Stadt Roth stellte man fest: Mehr als 40 solcher Altfälle hatten sich angesammelt. Alle abzuarbeiten, sei nie und nimmer möglich. Aber die Prioritätenliste legte das Bauamt im November 2017 dann dem Stadtrat vor, und der stimmte zu – ohne Gegenstimme. Auf der Liste standen zum Beispiel die neue Werkstraße in Pfaffenhofen, die inzwischen fertig und abgerechnet ist, wie Baier sagt. Und auch der zweite Gehweg in der Südstraße in Eckersmühlen sowie der Gehweg am Streubergweg in Obersteinbach oder zwei Stichstraßen in Hofstetten.

Hätte der Stadtrat einfach keine Liste aufstellen können? Oder dieser Liste nicht zustimmen können, so dass die Frist bis April 2021 einfach vorbeigegangen wäre? Die Anwohner der Südstraße führen ein Schreiben des Innenministeriums an, in dem es heißt: "Die Gemeinden sind nicht verpflichtet, zwingend technische Maßnahmen an noch nicht endgültig erschlossenen Anlagen vorzunehmen, um eine Abrechnung zu ermöglichen." Doch Baier erklärt, die Liste musste erstellt werden, sonst hätte die Stadt einen Rechtsbruch begangen.

Deshalb, so Baier, konnte der Stadtrat bei der von den Anwohnern vielbeachteten Sitzung nicht mehr hinter den früher gefassten Beschluss zurückkehren. Der "Vollzug des Kommunalabgabengesetzes" ist also nur noch – eine Sache des Vollzugs.

Auch Bürgermeister Ralph Edelhäußer betont, dass die Stadt auf das Geld nicht verzichten darf. In der Sitzung hatte er das so formuliert: "Es besteht zwar kein Zwang, aber wir nehmen was wir kriegen können." Die Anwohner nennen diese Äußerung "an Sarkasmus kaum zu überbieten", doch der Bürgermeister bleibt dabei: "Wir sind dazu verpflichtet, das Geld einzunehmen. Und wenn wir es einnehmen können, dann nehmen wir es auch ein. Es ist schließlich nicht mein Geld, sondern das Geld aller Bürgerinnen und Bürger."

Welche Kosten sind es eigentlich, die die Anwohner bezahlen müssen, wenn der Gehweg ausgebaut wird? Exakt können die Summen noch nicht berechnet werden, sagt Stadtbaumeister Baier, aber es ist "ein niedriger vierstelliger Betrag".

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