Der "Reichsbürger" von Georgensgmünd hatte 30 Waffen

19.10.2016, 14:06 Uhr
Sein Grundstück in Georgensgmünd hat er mit gelbem Klebeband markiert und zu "seinem Reich" erklärt.

© NEWS5 / Grundmann Sein Grundstück in Georgensgmünd hat er mit gelbem Klebeband markiert und zu "seinem Reich" erklärt.

Als sogenannter "Reichsbürger" erkannte der 49-Jährige die Bundesrepublik nicht mehr an und widersetzte sich deshalb mehreren Kontrollen des Landratsamtes Roth, die die ordnungsgemäße Verwahrung seiner rund 30 Schusswaffen überprüfen wollte.

Am Mittwochmorgen eskalierte die Situation: Bei einer Razzia von Spezialkräften der Polizei eröffnete der Mann sofort das Feuer und verletzte zwei Beamte des Spezialeinsatzkommandos (SEK), einen davon lebensgefährlich. Zwei weitere Polizisten wurden durch Splitter leicht verletzt.

Um 6 Uhr war das SEK-Kommando in das Haus des 49-Jährigen in einem Wohngebiet in Georgensgmünd (Landkreis Roth) eingedrungen und ins erste Stockwerk gestürmt.

Der Täter feuerte zunächst durch die geschlossene Wohnungstür und traf bei dem darauffolgenden Schusswechsel zwei der Beamten. Ein 31-jähriger Polizist wurde in den Oberarm getroffen, sein 32-jähriger Kollege wurde von insgesamt drei Projektilen getroffen. Ein Geschoss prallte von seinem Schutzhelm ab, ein weiteres verletzte ihn am Ellenbogen, das dritte Projektil drang neben der Schutzweste ein und fügte dem Opfer schwere innere Verletzungen zu. Der Polizist wurde operiert, sein Zustand sei stabil, doch weiterhin kritisch, erklärte Mittelfrankens Polizeipräsident Johann Rast am Mittwochmittag auf einer Pressekonferenz mit Innenminster Joachim Herrmann und dem Rother Landrat Herbert Eckstein.

Der 49-jährige Täter, der einen Jagdschein besitzt, hortete rund 30 Schusswaffen, darunter mehrere Jagdgewehre und historische amerikanische Gewehre, die aber alle auf seiner Waffenbesitzkarte eingetragen waren. Da allerdings beim Landratsamt Roth Zweifel an seiner charakterlichen Eignung aufgekommen waren, hatten die Beamten entsprechende zivilrechtliche Maßnahmen eingeleitet. Weil den Kontrolleuren aber zweimal der Zugang zum Grundstück des "Reichsbürgers" verweigert worden war, hatten die Behörden Amtshilfe bei der Polizei beantragt.

Der 49-jährige gebürtige Rother war in der Vergangenheit unter anderem durch skurrile Zeitungsanzeigen und Schreiben an die Behörden aufgefallen. Unter anderem hatte er dem Rother Landratsamt am 3. August mitgeteilt, dass er sich nicht mehr an staatliche Weisungen halte. "Ich bin Reichsbürger", hatte er geschrieben und sich unter anderem von seinem Wohnsitz in Georgensgmünd abgemeldet, obwohl er weiterhin dort wohnte. Der festgenommene Täter selbst wurde bei dem Einsatz des SEK nicht verletzt. Die Staatsanwaltschaft hat mittlerweile Haftbefehl beantragt.

Bayerns Innenminister Herrmann entsetzt 

"Ein derart brutales Vorgehen gegen den Staat durch die Reichsbürger hat es in Bayern bislang nicht gegeben", so Herrmann bei der Pressekonferenz. "Wir werden die sogenannte 'Reichsbürgerbewegung' jetzt noch intensiver überwachen und konsequent unter die Lupe nehmen. Unser Ziel ist, allen Reichsbürgern, die legal eine Waffe besitzen, ihre Waffenerlaubnisse zu entziehen. Wer die deutsche Rechtsordnung ablehnt, der bietet keine Gewähr, ordnungsgemäß mit Waffen umzugehen."

Die 'Reichsbürgerbewegung' ist laut Herrmann äußerst heterogen. "Es gibt eine ganze Reihe von Personen und Gruppierungen, die mit unterschiedlichen Begründungen die Existenz der Bundesrepublik Deutschland leugnen sowie der Verfassung und ihren demokratisch gewählten Repräsentanten jegliche Legitimation absprechen", erläuterte Herrmann. "Ein Teil davon verfolgt rechtsextremistische Ziele." Die Anhänger der 'Exilregierung des deutschen Reiches' weisen - wenn auch in unterschiedlich starker Ausprägung - eine große ideologische Nähe zum Rechtsextremismus auf. Zwischen 30 bis 40 Personen aus der Reichsbürgerszene sind derzeit der rechtsextremistischen Szene in Bayern zuzurechnen.