"Stunde der Wintervögel" in Bayern

Deutlicher Rückgang: Warum sich im Winter 2023 wenig Vögel im Garten zeigen

RHV/ST Redaktion

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15.1.2023, 13:05 Uhr
In der vorläufigen Vogel-Hitliste im Freistaat Bayern landet der Haussperling aktuell klar vor der Kohlmeise und dem Feldsperling.

© LBV In der vorläufigen Vogel-Hitliste im Freistaat Bayern landet der Haussperling aktuell klar vor der Kohlmeise und dem Feldsperling.

Die Auswirkungen der derzeit milderen Temperaturen haben sich am ersten Januar-Wochenende an den Vogel-Futterstellen in den Gärten und auf den Balkons im Freistaat bemerkbar gemacht: Die Teilnehmenden an der 18. "Stunde der Wintervögel" in Bayern meldeten dem Landesbund für Vogelschutz (LBV) weniger Vögel als in den Jahren zuvor, wie eine erste Zwischenbilanz zeigt. Mit nur knapp 31 Vögeln pro Garten unterschreitet der diesjährige Durchschnitt den bisherigen historischen Tiefstwert der bürgerwissenschaftlichen Mitmachaktion aus dem Jahr 2021 sogar noch um eine Sichtung.

Wegen der bereits länger anhaltenden milden Temperaturen finden derzeit viele Vögel genug Nahrung in der Natur, da Samen und Früchte nicht von Eis und Schnee bedeckt sind. Sie kommen auch weniger zur Nahrungssuche in die Gärten und an die Futterstellen, da sie aufgrund des warmen Wetters schon mit ihrem typischem Revierverhalten beginnen. "Einige Vögel haben bereits angefangen zu singen, um ihr Revier für die diesjährige Brut gegenüber anderen abzugrenzen und so Rivalen von der Futterstelle und aus dem Garten verjagen", so die LBV-Ornithologin.

Viel Nahrung in der Natur

Ein weiterer Grund, warum viele Menschen in Bayern derzeit weniger Vögel beobachten, sind die Auswirkungen des zurückliegenden Mastjahrs bei Eichen, Buchen und Fichten. "Das beschert den Vögeln bis jetzt viel Futter in ihrem natürlichen Lebensraum und sie fliegen auf Nahrungssuche seltener in die Siedlungen. Vor allem Waldvogelarten wie Buchfink, Buntspecht und Kleiber, aber auch Eichelhäher und Gimpel profitieren von einem Überangebot an Samen im Wald und wurden daher seltener beobachtet als im Vorjahr", erläutert Angelika Nelson.

Ein weiterer Trend, der sich abzuzeichnen scheint: Weniger nordische Wintergäste wie Bergfink, Erlenzeisig oder Wacholderdrossel machen dieses Jahr in Bayern Station. Grund ist vermutlich das milde Wetter, das auch in Nord- und Osteuropa herrscht. "Ein nordischer Zugvogel wie der Bergfink, der bei schneereicher und eisiger Witterung in seinem Brutgebiet – den Birkenwäldern Skandinaviens – gern auch mal in Massen nach Mitteleuropa ausweicht, ist in den Gärten des Freistaats derzeit nur sporadisch zu sehen", so die Analyse der LBV-Ornithologin.

Da die durchschnittliche Anzahl der beobachteten Vögel bei der "Stunde der Wintervögel" bereits seit Jahren langsam, aber stetig zurückgeht, spielt neben verschiedenen Faktoren in den einzelnen Jahren auch der langfristige Trend eine Rolle. "Das allgemeine Vogelsterben setzt sich bei einigen bisher häufigen Arten im Siedlungsraum fort. Es passiert langsam, aber mittlerweile merken wir die Abnahme einst häufiger Arten auch in den Gärten", sagt Angelika Nelson.

Der Spatz bleibt Spitzenreiter

In der vorläufigen Vogel-Hitliste im Freistaat Bayern landet der Haussperling aktuell klar vor der Kohlmeise und dem Feldsperling. Dahinter erobert die Blaumeise Rang vier vor der Amsel, die eines ihrer schwächsten Ergebnisse einfliegen könnte. Teilweise ist diese Abnahme dem LBV zufolge wohl auf das bereits begonnene Revierverhalten zurückzuführen.

Auf Position sechs liegt trotz seines geringeren Auftretens der Buchfink, dahinter rangiert der stetig abnehmende Grünfink. Platz acht belegt die Elster vor der Rabenkrähe. Das Rotkehlchen rundet die Top Ten der bisher am häufigsten beobachteten Wintervögel 2023 in Bayern ab.

Noch bis zum 16. Januar können die am Wochenende gemachten Beobachtungen nachgemeldet werden unter www.stunde-der-wintervoegel.de. Noch bis zum 13. Januar sind außerdem alle Kinder bei der "Schulstunde der Wintervögel" eingeladen, gemeinsam die heimischen Wintervögel spielerisch kennenzulernen, zu beobachten und eine Stunde lang auf dem Schulhof, im Park oder im Garten zu zählen. Welche Vögel verbringen den Winter in Deutschland und wie können sich schon Kinder für ihren Schutz einsetzen? Viele informative Materialien zu den häufigsten Wintervogelarten für Schulkinder gibt es unter www.lbv.de/schulstunde-der-wintervoegel.

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